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Linkes Blog aus Ostfriesland

„Wahlen“ in Honduras – Unterdrückung, Boykott und Widerstand

„Wahlen“ in Honduras – Unterdrückung, Boykott und Widerstand

von Jorge Martin

30.11.2009

Bei den vom Putschisten-Regime in Honduras einberufenen Wahlen am 29. November kam es, trotz der Unterdrückungsmaßnahmen durch Militär und Polizei, zu einer hohen Wahlenthaltung. Es gelang dem Regime nicht, die Bewegung der ArbeiterInnen, Bauern und Jugend zu zerschlagen. Im Gegenteil, diese ist jetzt politisch bewusster, besser organisiert und bereit, den Kampf gegen die Oligarchie zu führen.

Der rechtmäßige Präsident Mel Zelaya verkündete aus seiner Zufluchtsstätte in der brasilianischen Botschaft, dass die Wahlenthaltung bei 65% gelegen habe, in einigen Gebieten im Norden des Landes sogar bei 75% . In einer offiziellen Stellungnahme der Nationalen Widerstandsfront gegen den Putsch wird die Zahl der Nichtwähler mit zwischen 65% und 75% der registrierten WählerInnen angegeben.

Die offiziellen Zahlen der Obersten Wahlkommissionen können nicht ernst genommen werden, da diese von einer Wahlbeteiligung von 61% spricht, was bedeuten würde, dass mehr WählerInnen ihre Stimmen abgegeben hätten als 2005, wo die Wahlbeteiligung bei 56% lag. Um auch das gewünschte Ergebnis zu erreichen, wurde die offizielle Auszählung aufgrund einer „technischen Störung“ nach dem Schließen der Wahllokale für mehr als drei Stunden unterbrochen.

Brutale Repressionsmaßnahmen

Die hohe Wahlenthaltung fand statt trotz der brutalen Repressionsmaßnahmen, die im gesamten Land vor dem 29. November und am „Wahl“tag selbst durchgeführt wurden. Einige Kommentatoren bemerkten, dass es wegen der hohen Anzahl von Polizisten und Soldaten in den Straßen „mehr Stiefel als Wählerstimmen“ gab. Das Micheletti-Regime hatte die Notstandsverordnung wiedereingesetzt, welche die Verfassungsrechte erheblich beschneidet.

Viele Armen- und Arbeiterviertel in der Hauptstadt Tegucigalpa und in anderen Städten, in denen die Widerstandsbewegung stärker ist, waren praktisch den ganzen Tag über von der Armee besetzt. Das trifft besonders auf die Stadtviertel Kennedy, La Paz, El Sitio, 3 de Mayo, 15 de Septiembre, El Pedregal, Río Grande usw.

In einem Telefongespräch berichtete der linke Parlamentsabgeordnete und führende Widerstandskämpfer Tomas Andino, dass Dutzende, wenn nicht gar Hunderte Mitglieder der Widerstandsbewegung während der Woche verhaftet worden seien. Die Polizei war in die Häuser normaler BürgerInnen gegangen, um nach Materialien zu suchen, die zum Wahlboykott aufriefen, sie nahm Farbe und Sprühdosen in Beschlag. Viele der Verhafteten wurden beschuldigt, Mitglied einer „illegalen Organisation“ zu sein.

Andino erklärte, dass die Armee bei der Suche nach Anti-Wahlmaterialien die Büros verschiedener Gewerkschaften und Nachbarschaftsorganisationen stürmte, so z.B. auch die der kirchlichen Organisation INESCO in San Juan Opoa, Coban. Die Büros des kooperativen Netzwerks Red Comal in Siguatepeque wurde ebenfalls am Samstag überfallen und die Armee erbeutete Computer und Geld. Am Wahltag selbst explodierte eine Bombe vor dem Büro des Frauenrechtszentrums in San Pedro Sula. Das Hauptquartier der STIBYS, der Gewerkschaft der ArbeiterInnen in der Getränkeindustrie, welche das Rückgrat der Widerstand bildet, wurde mit einem Maschinengewehr aus einem fahrenden Auto beschossen.

Außerdem berichtete Andino, dass die oppositionelle Radiostation Canal 36 „80% der Zeit nicht senden kann, weil die Armee starke Signale auf derselben Wellenlänge sendet, besonders wenn  Canal 36 Nachrichten oder Stellungnahmen gegen die Putschisten-Regierung ausstrahlt.“

Andino erklärte uns, dass der Widerstand eine „Volks-Ausgangssperre“ ausgerufen habe, so dass die Leute zu Hause blieben und nicht wählen gingen. Selbst unter diesen schwierigen Bedingungen fand in San Pedro Sula eine Demonstration statt, die von der Polizei brutal niedergeknüppelt wurde. Zwei Menschen wurden schwer verletzt und 49 verhaftet. Auch ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters, der von der Demonstration berichten wollte, wurde bei dem Polizeieinsatz verletzt.

Nach Informationen der Widerstandsfront kam es zu mehr als 74 Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl seitens der Polizei und der Armee und allein am Wahltag wurden mehr als 100 Menschen verletzt. Dies ist kaum das Klima, in dem demokratische Wahlen stattfinden können.

Es ist noch erwähnenswert, dass der rechte Flügel der Demokatischen Vereinigungspartei (UD), der von Cesar Ham angeführt wird, sich für die Teilnahme an den Wahlen entschied, Dieser Parteiflügel besiegelte damit seinen Verrat an der Widerstandsbewegung und sein eigenes Schicksal als legitime linke politische Kraft. Die UD hatte sich wegen der Wahlbeteiligung gespalten, der linke Flügel um Tomas Andino u. a. hat die Wahlen konsequent abgelehnt.

Die Volksbewegung ist nicht zerschlagen worden

Ein Genosse, der Honduras einige Tage vor den manipulierten Wahlen besuchte, berichtete über die Stimmung in den Arbeitervierteln der Hauptstadt:

„Die Kämpfe sind offensichtlich etwas abgeflaut, aber der revolutionäre Prozess ist nicht zerschlagen worden. Überall kann man sehen, dass Wahlplakate abgerissen worden sind. Der Widerstand organisiert den Wahlboykott in allen Vierteln, in den meisten findet man überhaupt keine Wahlpropaganda. Die herrschende Klasse hat den ArbeiterInnen gedroht, am Montag mit einem Tintenfleck an den Arbeitsplätzen zu erscheinen, um zu beweisen, dass sie an den Wahlen teilgenommen hätten, ansonsten würden sie entlassen. Einige große Supermärkte geben jedem, der Tinte an den Fingern vorweisen kann, Sonderangebote oder Rabatte. Am Vorabend meiner Rückreise veröffentlichte die Hierarchie der katholischen Kirche eine Stellungnahme, in der es hieß, eine Nichtteilnahme an den Wahlen sei eine Todsünde.“

„Andrerseits kam es immer wieder zu Provokationen. Am Tag meiner Ankunft explodierten kleinere Bomben in der Nähe des Autohandels Grupo Ama oder nicht weit entfernt von der Lagerhalle, in der die Wahlurnen aufbewahrt wurden. Sie versuchen eine Stimmung zu erzeugen, die eine noch größere Militärpräsenz rechtfertigen soll.“

Es ist klar, dass die Bewegung der honduranischen Massen nicht zerschlagen worden ist. Es ist ihr zwar nicht gelungen, die Diktatur zu stürzen, dem Regime ist es aber genau so wenig gelungen, die Bewegung der ArbeiterInnen, der Bauern und der Jugend zu zerstören. Im Gegenteil, die letzten fünf Monate waren eine intensive politische Bildung voller fruchtbarer Lektionen für das honduranische Volk. Die Menschen sind jetzt politisch bewusster, besser organisiert und bereit gegen die Oligarchie zu kämpfen.

Das Micheletti-Regime wollte die Wahlen nutzen, um sich selbst zu legitimieren und sich ein „demokratisches“ Ansehen zu verschaffen. Es war ihm gelungen, Zelaya in einen Verhandlungsprozess mit einzubeziehen, der ein Farce war und letztendlich den USA die Ausrede verschafften, die sie brauchten, um die Wahlen vom 29. November anzuerkennen. Dies ist ihnen teilweise gelungen, da eine Reihe von Staaten (Peru, Kolumbien, die USA u.a.) die Rechtmäßigkeit der Wahlen und den neuen Präsidenten, den Kandidaten der Nationalen Partei Pepe Lobo, anerkennt. Dies gibt dem Regime eine gewisse Atempause und die Wiederaufnahme von Hilfsmaßnahmen aus den USA, von welchen das Land sehr abhängt. Jedoch werden Brasilien, die ALBA-Staaten u.a. standhaft bleiben und diese Wahlen nicht anerkennen.

Eine der wichtigsten Aufgaben für die AktivistInnen der Widerstandsfront ist es jetzt, eine Diskussion zu beginnen, um die wichtigsten Lehren aus dem fünfmonatigen Kampf zu ziehen. Die hohe Zahl der NichtwählerInnen zeigt die wahre Stärke der Massenbewegung und schafft die Grundlage für die Weiterführung des Kampfes gegen Oligarchie und Kapitalismus. Die honduranischen Massen haben ein Beispiel für Mut, Flexibilität und Kampfbereitschaft gegeben. Mit den richtigen Ideen und der richtigen Strategie bewaffnet können sie die herrschende Klasse Honduras, als ersten Schritt zur Verbreitung der Revolution in ganz Mittelamerika, besiegen

Die Ereignisse seit dem 28. Juni haben deutlich gemacht, dass die herrschende Klasse Honduras nicht einmal die kleinsten Reformen im Interesse der normalen arbeitenden Menschen zugestehen kann. Angesichts einer in Bewegung geratenen und bewussten Bevölkerung kann sie ihr kapitalistisches System nur mit Gewalt und brutaler Unterdrückung verteidigen. Das bedeutet auch, dass der Kampf für ein Gesundheitssystem, Bildung, Arbeitsplätze und eine Agrarreform nur erfolgreich sein kann, wenn er als Kampf zur Enteignung des Eigentums der 12 Familien, welche die honduranische Oligarchie bilden und auch die Interessen der imperialistischen Konzerne vertreten, geführt wird. Das kann nicht erfolgreich sein, wenn man Illusionen in Obama setzt, sondern nur durch den Kampf der ArbeiterInnen und der Bauern selbst. Nur sie können die Gesellschaft durch ihren Kampf transformieren.

 

30. November 2009 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, News, Politik, Revolution, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Afghanistan-Massaker: Freiherr opfert Bauern

Freiherr opfert Bauern

Von Frank Brendle

Die Bundeswehrführung hat die Aufklärung des Massakers vom 4. September bei Kundus monatelang hintertrieben und kritische Berichte von Feldjägern zurückgehalten. Nachdem die Vertuschungsaffäre am Mittwoch aufgeflogen war, mußten Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert (CDU) auf Druck von Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) zurücktreten.

In der Nacht zum 4.September hatten zwei US-Kampfbomber auf Anforderung des Bundeswehroberst ­Georg Klein zwei von Taliban entführte Tanklaster in der Nähe von Kundus in Nordafghanistan bombardiert. Die Fahrzeuge waren in einem Flußbett steckengeblieben. Dabei starben bis zu 142 Menschen.

Exverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte stets geäußert, es seien »ausschließlich terroristische Taliban« getötet worden. Dabei war deutschen Kräften vor Ort schon am Abend nach dem Bombardement das Gegenteil klar. Das geht aus Berichten deutscher Feldjäger und von ­NATO-Verbündeten hervor, über die Bild gestern berichtete. Guttenberg bestätigte die Richtigkeit der Dokumente, die er erst von dem Springer-Blatt erhalten haben will.

So hatte das deutsche Regionalkommando am 4.September gemeldet, die Taliban hätten unbewaffnete Dorfbewohner gezwungen, »bei der Bergung des Benzins zu helfen. 14 von ihnen sind seitdem verschwunden«. Die Behauptung des verantwortlichen Bundeswehrobersten, er habe sich über Videoaufnahmen aus einem der Kampfbomber und über einen Informanten vergewissert, daß nur Taliban vor Ort seien, wird regelrecht zerpflückt: Es sei unmöglich gewesen, »anhand der Bilder die Aussagen des Informanten zu bekräftigen«, heißt es in einem Bericht von NATO-Verbündeten. Zumal dieser Spitzel überhaupt nicht am Ort des Geschehens war, sondern lediglich in Telefonkontakt mit den Rebellen stand.

Am 6. September traf beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam ein Bericht deutscher Feldjäger ein, der ebenfalls keinen Zweifel daran ließ, daß es zivile Tote gegeben hatte. Im Krankenhaus Kundus lägen nach dem Bombardement »sechs Patienten im Alter von zehn bis 20 Jahren«, außerdem »zwei Leichen im Teenager-Alter«. Ein Militärarzt berichtete von zwei 14jährigen Jungen mit »offenem Bruch« und »Schrapnell-Verletzungen«, so Bild.

Die Feldjäger stellen fest, der Angriff habe zu »zahlreichen Toten und Verletzten« geführt, »ohne daß unmittelbar vor und nach dem Vorfall adäquat gehandelt wurde«. Schneiderhan soll für die Zurückhaltung dieser Dokumente verantwortlich sein. Mitte September war er selbst nach Kundus geeilt und hatte Korpsgeist eingefordert: Bis zum Ergebnis der juristischen Untersuchung, dem er offenbar nachhelfen wollte, müsse »man nun standhaft bleiben«. Gelogen wurde bei dem Massaker von Anfang an: Oberst Klein hatte die Bomber mit der Falschaussage angefordert, er habe »direkten Feindkontakt«.

Die Oppositionsparteien wollen nun auch Guttenbergs Vorgänger Jung, der mittlerweile das Arbeitsministerium leitet, zur Rechenschaft ziehen. Schneiderhan und Wichert seien nur »Bauernopfer aus der zweiten Reihe«, sagte der Vizechef der Linksfraktion, Jan van Aken. Jung sei unfähig oder habe gelogen – in jedem Fall sei er als Minister untragbar. Linke, Grüne und SPD kündigten an, einen Untersuchungsausschuß einzurichten. Auch die FDP forderte »rückhaltlose Aufklärung«. Jung selbst wollte gestern abend nach Redaktionsschluß vor den Bundestag treten. Die hessische Linksfraktion zeigte den Hobbywinzer wegen versuchter Strafvereitelung im Amt an.

Quelle: http://www.jungewelt.de 27.11.09

27. November 2009 Posted by | Afghanistan, AFPAK, Bundeswehr, CDU/FDP, Deutschland, International, Krieg, NATO, News | , , , , | 1 Kommentar

Honduras: »Gepanzerte Wahl«

Fünf Monate nach dem Putsch befiehlt das Regime in Honduras die Bürger an die Urnen

Von André Scheer
Zehntausende Soldaten und Polizisten sollen am Sonntag jede Störung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Honduras verhindern. Fast auf den Tag genau fünf Monate nach dem Putsch und dem Sturz von Präsident Manuel Zelaya sollen die Menschen in dem zentralamerikanischen Land über dessen Amtsnachfolger abstimmen, als ob nichts passiert wäre.

 

Die in der zweitgrößten Stadt des Landes, San Pedro Sula, erscheinende Tageszeitung Tiempo spricht dagegen von »Wahlterrorismus«. Der Staatsapparat lege am Vorabend der Wahlen ein Ausmaß von »Gewalt und Hysterie« an den Tag, wie man es noch nie vor einer Abstimmung erlebt habe. 16000 Soldaten, 14000 Polizisten und 5500 Reservisten des Militärs sollen Proteste der Widerstandsbewegung im Keim ersticken. Zugleich wurde der Ausnahmezustand »für alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dem Wahlprozeß stehen«, erklärt. Dadurch darf das Militär jede Art von Ausrüstung kaufen, die es für seine Operationen »zur Sicherung der freien Stimmabgabe« zu benötigen meint. Prompt haben die Streitkräfte in den USA unter anderem einen Panzerwagen für zwölf Millionen Dollar, 10 000 Handgranaten und 5000 Tränengasprojektile erworben, informierte die Menschenrechtsorganisation COFADEH. Sie zeigt sich angesichts der »sich Tag für Tag verschlechternden Menschenrechtslage« alarmiert und spricht von einer »neuen Welle der Morddrohungen, politischer Verfolgung, illegaler Verhaftungen und Folterungen«. Außerdem seien Fahrzeuge ohne Kennzeichen mit schwer bewaffneten und vermummten Personen in den Hochburgen der Widerstandsbewegung unterwegs.

Erst am Montag morgen wurde ein pensionierter Lehrer, der als Führungspersönlichkeit der Widerstandsbewegung im Süden des Landes galt, verschleppt. Sein Sohn berichtete gegenüber einem örtlichen Rundfunksender, die Entführer seien Polizisten und Armeeangehörige gewesen. Stunden später wurde die Leiche des Opfers in der Ortschaft Las Casitas, westlich der Hauptstadt Tegucigalpa, aus einem »schwarzen oder dunkelblauen« Auto in den Straßengraben geworfen, wie Zeugen aussagten.

Die angespannte Atmosphäre wurde am Donnerstag weiter durch Berichte angeheizt, wonach das Wahlgeheimnis bei der Abstimmung nicht gewährleistet sei. Wie die Agentur Prensa Latina unter Berufung auf Sprecher der Widerstandsbewegung mitteilte, habe das Oberste Wahlgericht (TSE), die für die ordnungsgemäße Durchführung der Abstimmung zuständige Instanz, beschlossen, die den Wähler ausgehändigten Stimmzettel zu numerieren. Die Nummer der Stimmzettel solle in den Wählerverzeichnissen festgehalten werden, so daß bei der Auszählung der Stimmen nachvollziehbar wird, wer für welche Partei gestimmt hat, aber auch, ob jemand mit einer Parole gegen den Putsch seinen Stimmzettel ungültig gemacht hat.

Während das TSE auf die Vorwürfe bislang nicht reagiert hat, bestätigte die den Putschisten verbundene Tageszeitung El Heraldo die Vorwürfe indirekt bereits am 6.November. »Ein neues System der Übertragung der Auszählungs- und Wahlergebnisse, Veränderungen in der Mechanik des Wahlmaterials mit vollkommen sicheren Urnen, numerierte und mit Strichcodes markierte Stimmzettel sind einige der Neuheiten, die eine nationale und internationale Überprüfung dieser Wahlen ermöglichen werden«, schrieb das Blatt unter der Überschrift »Vollkommen gepanzerte Wahlen«.

Trotzdem haben fast alle Aspiranten auf die Präsidentschaft ihre Kandidatur aufrechterhalten, nur der Unabhängige Carlos H. Reyes verzichtete auf seinen Antritt. Auch Zelaya selbst hält die Abstimmung für illegal, wie er vor wenigen Tagen in einem Schreiben an seine Amtskollegen in den anderen Ländern des amerikanischen Kontinents betonte (siehe unten). Die Linkspartei Demokratische Vereinigung (UD) hält hingegen an ihrer Kandidatur fest, wie eine Mehrheit der Delegierten am vergangenen Wochenende bei einem Sonderparteitag entschied. Hintergrund war die Furcht, durch eine Wahlenthaltung den Status als politische Partei zu verlieren. Trotzdem haben zahlreiche Mitglieder der UD entschieden, ihre Kandidatur zurückzuziehen, darunter die bisherige Parlamentsabgeordnete Silvia Ayala. Der chilenischen Tageszeitung Clarín sagte sie, die Beteiligung an der Wahl sei ein »schwerer Fehler«. Trotzdem werde sie die UD nicht verlassen, denn auch diejenigen, die für die weitere Beteiligung an der Wahl gestimmt haben, wollten den Kampf für die Interessen des Volkes und gegen die Putschisten fortsetzen.

Weder die Vereinten Nationen noch die Europäische Union oder die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) haben Wahlbeobachter nach Honduras entsandt, sehr wohl jedoch die Liberale Internationale, deren Chef Hans van Baalen erst vor wenigen Tagen mit Putschistenchef Micheletti Händchen gehalten hat, sowie die Parteistiftungen der Demokraten und der Republikaner in den USA. Auch in der Frage einer Anerkennung der aus dieser Abstimmung hervorgehenden Regierung haben die USA ebenso wie Kolumbien und Panama – entgegen der großen Mehrheit der Länder des Kontinents – mittlerweile ihre Absicht erkennen lassen, diesem »legitimierten« Putschistenregime ihren Segen zu geben.

27.11.09
Quelle: http://www.jungewelt.de

26. November 2009 Posted by | Honduras, International, Konterrevolution, Lateinamerika, News, Politik, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras: Berta Cáceres über Militarisierung, Wahlfarce und Widerstand

„Ja, Compañera, wir sind wirklich enorm besorgt, denn wir wissen, dass eine Repressions- und Gewaltwelle gegen das honduranische Volk kommt. Es ist unglaublich, wie sich die Armeepräsenz in Tegucigalpa intensiviert und dezentralisiert und bis in unsere Departemente kommt.“

Berta Cáceres leitet den Zusammenschluss von indigenen und Campesinacomunidades COPINH, Mitglied der Widerstandsfront. Das Interview ist vorgestern von Liliana Daunes und Claudia Korol für das argentinische Internetradio La Rosa Blindada aufgenommen worden. Auszüge daraus:

Berta: Der Widerstand hat das honduranische Volk dazu aufgerufen, die Wahlen zu missachten und sie von den Basisorganisationen aus zu boykottieren. Dies wird in verschiedenen Teilen des Landes ausgeführt, mit je eigener Prägung. An jedem Ort entscheidet das Volk aufgrund seiner Fähigkeit und seiner Realität darüber, welche Aktion es mit welcher Strategie machen will. Aber ich will euch sagen, Compañeros und Compañeras, es gibt eine starke Repression. Es beunruhigt uns, dass man im Ausland kaum etwas davon hört. Wir haben eine völlige Militarisierung der Gesellschaft. Die tritt heute unverhüllt auf, zum Beispiel auch in meiner Region, wo ich bin, hier im Südwesten von Honduras, einer indigenen Lenca-Region. Hier ist es zu Besorgnis erregenden putschistischen Aktivitäten gekommen. Zum Beispiel die Versammlung von 800 rechtsextremen Reservisten, die praktisch ein Söldnerheer sein werden. Das war am Samstag.

Wir betonen, dass uns die Situation wirklich sehr besorgt. Sie haben Flugblätter verteilt, um zur Denunziation aufzurufen, um das Spitzeltum anzukurbeln, den Teil der Bevölkerung, der vielleicht mit ihnen sympathisiert, zum Denunzieren zu bringen.
(…)

Claudia: In dieser Situation zeigt sich auch, was für eine Farce die Verhandlungen waren. Wie es darum ging, mit Verhandlungen eine politische Lösung aufzuschieben. Und jetzt haben wir diesen Entschluss des honduranischen Parlaments, über die Wiedereinsetzung von Zelaya am 2. Dezember zu reden, nach den Wahlen. Der gesunde Menschenverstand und die Intelligenz werden hier aufs Korn genommen.
Berta: Natürlich, das war von Beginn weg mit den Gringos abgesprochen. Wir haben das als Organisation von Anfang gesagt, als dieses Abkommen von San Jose, Tegucigalpa oder Guaymura aufkam, wie es je nachdem genannt wird. Es ist klar, die Gringos haben darauf gesetzt und sie wollen die Putschphase mit Wahlen abschliessen, um das dabei herauskommende Regime zu legitimieren, das nur die Fortsetzung des Putschismus ist. Sie setzen alles darauf. Wir prangern an, dass diese Verhandlungen eine Falle waren. Deshalb haben wir in unserem Kampf dieses Manöver der USA standhaft kritisiert, das uns sehr gefährlich scheint. Es ist Teil einer kontinentalen Strategie, vom ersten Tag des Putsches an eine Putschtendenz im ganzen Kontinent einzuführen.

Wir haben auch gesehen, wie sie neben dem Staatsstreich die Militarisierung vorantreiben. Es ist kein Zufall, dass man während dieses Putsches um sieben Militärbasen in Kolumbien und zwei in Panama vorangetrieben hat. Es handelt sich um eine umfassende Destabilisierungsstrategie in Süd-, aber auch hier in Zentralamerika.
(…)

Ja, Compañera, wir sind wirklich enorm besorgt, denn wir wissen, dass eine Repressions- und Gewaltwelle gegen das honduranische Volk kommt. Es ist unglaublich, wie sich die Armeepräsenz in Tegucigalpa intensiviert und dezentralisiert und bis in unsere Departemente kommt. Wir wollen der Welt unsere Besorgnis mitteilen. Es ist nicht möglich, dass es hier zu Morden, zu Verbrechen kommt, und sie bleiben unbestraft. Das honduranische Volk richtet sich an die internationale Gemeinschaft, an die internationale Solidarität, damit ihr uns im Kampf begleitet. Wir brauchen, Compañeras, Compañeros, dass man uns hört. Die Strategie der Streitkräfte ist, das Volk zu töten, vor und während der Wahlen. Sie wollen das honduranische Volk terrorisieren. Uns mit dem Gewehr zur Beteiligung an dieser Wahlfarce zwingen.

Das honduranische Volk wird weiterkämpfen. Wir werden hier nach 143 Tagen harten Widerstands, aber überwältigender Würde weitermachen. Trotz aller Drohungen, denen alle Führungskader und die AktivistInnen ausgesetzt sind. Wir kämpfen weiter und machen uns diese Parole zueigen: „Nos tienen miedo porque no tenemos miedo“ – Sie haben Angst vor uns, weil wir keine Angst haben.

Quelle: http://zas-correos.blogspot.com/

25. November 2009 Posted by | Honduras, International, Konterrevolution, Lateinamerika, News, Politik, US-Imperialismus, Venezuela | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras: Widerstand – Wir werden ein Steinchen im Schuh der Putschisten sein

17. November 2009, 06:53

Am 29. November wird der Nachfolger des Ende Juni gestürzten honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya gewählt. Obwohl die Weltgemeinschaft die Putschisten um Roberto Micheletti darauf hingewiesen hat, dass sie das Ergebnis nicht anerkennen wird, wollen diese den Urnengang durchziehen. Yadira Rodríguez und Iris Oneyda Henríquez erklären im Gespräch mit Berthold Eder, was die Widerstandsbewegung für die Zeit nach den Wahlen plant.

derStandard.at: Am 29. November soll ein neuer Präsident gewählt werden. Haben Sie vor, an der Wahl teilzunehmen?
Yadira Rodríguez: Obwohl in Honduras Wahlpflicht besteht, gehen wir beide nicht hin. Es ergibt keinen Sinn, an einer Abstimmung teilzunehmen, bei der das Ergebnis von vornherein feststeht. Ob jetzt Porfirio Lobo von der Nationalen Partei oder Elvin Santos von den Liberalen gewinnt, macht keinen Unterschied, weil beide Parteien gleich korrupt sind. Egal wie die Wahl ausgeht: unsere Situation wird sich dadurch nicht verändern.

derStandard.at: Wie soll es nach dem 29. weitergehen? Zahlreiche Länder haben angekündigt, dass sie die Wahl nicht anerkennen werden, aber eine Rückkehr Zelayas ins Amt ist dann auch ausgeschlossen. Gibt es Bestrebungen, weiter auf eine Verfassungsreform hinzuarbeiten?

Iris Oneyda Henríquez: Die Nationale Widerstandsfront will eine Verfassungsänderung erreichen, wie sie Präsident Zelaya vor dem Putsch anstrebte. Wir werden auch nach der Wahl auf die Straße gehen, unabhängig davon, wer gewinnt, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Yadira Rodríguez: Mittlerweile hat die Bevölkerung diese Forderung Zelayas übernommen. Unseren Informationen zufolge unterstützen über 70 Prozent der Honduraner eine Reform der Verfassung, die von den bisherigen Regierungen schon oft gebrochen wurde. Wir werden diese vier Jahre unter einer De-Facto-Regierung überstehen.

derStandard.at: Und dann?

Iris Oneyda Henríquez: Vor dem Putsch war der honduranische Widerstand zerstritten. Der gemeinsame Gegner hat die Bewegung gefestigt. Diese Wahl kann man abschreiben, aber wir werden wie ein Steinchen im Schuh der Putschisten sein.

derStandard.at: Gibt es Politiker, die die Forderungen dieser 70 Prozent unterstützen?

Yadira Rodríguez: An der Widerstandsbewegung sind Abgeordnete aller Parteien und zahlreiche Führungspersonen beteiligt. Beispiele sind der Liberale Javier Hall, der aus unserem Distrikt El Progreso stammt, und der Sozialist César Ham, der sich sogar für die Präsidentschaft beworben hat und jetzt gerade mit der Basis Rücksprache hält, ob er diese Kandidatur zurückziehen soll, wie es der Gewerkschafter Carlos H. Reyes getan hat.

derStandard.at: Präsident Zelaya ist selbst Großgrundbesitzer. Nehmen Sie ihm seine Reformabsichten ab?

Yadira Rodríguez: Zelaya stammt aus einer reichen Familie, und am Anfang war seine Regierung nicht besonders beliebt. Aber durch Maßnahmen wie die Anhebung des Mindestlohnes um 60 Prozent, seinen Einsatz für Frauenrechte und die finanzielle Unterstützung für Kleinbauern, damit diese Saatgut und Dünger kaufen können, ist es ihm gelungen, die Sympathie der Bevölkerung zu erringen. Er hat dann auch angefangen, Steuerschulden und jahrelang nicht bezahlte Stromrechnungen von Unternehmen eintreiben zu lassen. Mit seiner Politik hat er natürlich die Reichen in Honduras verärgert. Wir haben da ein Sprichwort: „Die Interessen der Wirtschaftstreibenden zu beeinträchtigen ist wie den Tiger am Bart zu zupfen“, und genau das hat er getan.

derStandard.at: Der populäre Priester Fausto Milla nimmt an Demonstrationen teil, während Kardinal Rodríguez Maradiaga die Putschisten unterstützt. Wie steht die Kirchenbasis zum Staatsstreich?

Yadira Rodríguez: Die katholische Kirche hat einen großen Einfluß. Während die Kirchenführung immer schon zu den Eliten hielt, geht die Basis auf die Straße, weil sie einem Kardinal, der den Putsch offen unterstützt, den Gehorsam verweigert. Viele Kirchenleute tragen diesen Akt des Ungehorsams mit.

derStandard.at: Wie sieht es mit internationaler Unterstützung aus?

Yadira Rodríguez: Vertreter mehrerer internationaler Organisationen und zahlreicher Staaten sind nach Honduras gereist, um uns zu helfen, die Krise zu beenden. Aber die Putschisten haben sich über diese Forderungen einfach hinweggesetzt. Es ist enttäuschend, dass eine Gruppe von Unternehmern, die einen Staatsstreich unterstützt, mehr Einfluss hat als die UNO oder die Organisation Amerikanischer Staaten.

derStandard.at: Einen Tag nach dem Staatsstreich präsentierten die Internetausgaben honduranischer Zeitungen eine „Rücktrittserklärung“ Präsident Zelayas, die drei Tage vor dem Putsch datiert war …

Iris Oneyda Henríquez: Schau mal, der hat sie!

Yadira Rodríguez: Das Original dieses Schreibens, dessen Verlesung alle Fernseh- und Radiostationen bringen mussten, ist offiziell verloren gegangen. Wir haben es aber schon damals nicht geglaubt – wie soll eine Person, die im Pyjama und mit einer Pistole an der Schläfe außer Landes gebracht wird, so eine Rücktrittserklärung abfassen? Die Putschisten haben wohl geglaubt, das Volk wie in den 70er oder 80er Jahren mit gefälschten Dokumenten überzeugen zu können. Aber die Honduraner haben dazugelernt und nehmen so etwas nicht mehr schweigend hin.

Iris Oneyda Henríquez: Dass die Putschisten 15 Tage nach Veröffentlichung dieses Dokuments Präsident Zelaya zum Rücktritt aufgefordert haben, spricht auch nicht gerade dafür, dass diese Leute logisch denken.

derStandard.at: Wird in den Medien über solche Widersprüche berichtet?

Iris Oneyda Henríquez: Praktisch alle honduranischen Zeitungen unterstützen den Staatsstreich, weil ihre Eigentümer den Putschisten nahestehen. Sie manipulieren in ihren Berichten auch immer wieder Teilnehmerzahlen. So haben sie bei dieser Kundgebung gegen den Putsch in San Pedro Sula behauptet, dass lediglich fünf Personen teilgenommen hätten (zeigt ein Foto).

derStandard.at: Haben die von den Militärs geschlossenen Radio- und Fernsehsender mittlerweile wieder den Sendebetrieb aufgenommen? Zumindest im Internet ist Radio Globo weiterhin zu empfangen.

Yadira Rodríguez: Sowohl Radio Globo als auch der Jesuitensender Radio Progreso senden weiterhin, aber am Wahltag werden sie wohl wieder daran gehindert werden, über aktuelle Ereignisse zu berichten.

derStandard.at: Als Präsident Zalaya auf dem Hauptstadtflughafen Toncontín landen wollte, blockierten die Militärs die Landebahn. Warum ist er nicht auf den nahegelegenen Flugplatz Palmerola (die Soto Cano Airbase, auf der US-Joint Task Force-Bravo stationiert ist) ausgewichen?

Yadira Rodríguez: Natürlich hätten ihm die Gringos ermöglichen können, auf ihrem Stützpunkt zu landen. Für mich ist das, was gerade in Honduras geschieht, unter anderem ein Experiment für die zukünftige Lateinamerikapolitik der USA, sie proben hier, wie sie mit Kuba und Venezuela umgehen wollen. Wir sagen hier „Die USA schlagen dich und verstecken dann die Hand hinter dem Rücken“ (gestikuliert). Offiziell schicken sie hohe Vertreter, um eine Verhandlungslösung zu bewirken – aber angesichts der militärischen Überlegenheit der USA und unserer Wirtschaftsabhängigkeit von ihnen (praktisch alle honduranischen Exporte gehen in die USA) hätten sie diesen Putsch binnen Tagen beenden können.

Quelle: derStandard.at/17.11.2009

Zur Person

Die Juristin Yadira Rodríguez und die ehemalige Näherin Iris Oneyda Henríquez sind für das Unabhängige Monitoring-Team Honduras (Equipo de Monitoreo Independiente de Honduras/EMIH) tätig. Die NGO hat es sich zum Ziel gesetzt , die Arbeitsbedingungen in der Exportindustrie Mittelamerikas zu verbessern, wobei sie besonderes Augenmerk auf die Situation von Frauen legt.

25. November 2009 Posted by | Honduras, International, Konterrevolution, Lateinamerika, News, Politik, US-Imperialismus, Venezuela | , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Abfuhr für Garrelt Duin – nicht in das Präsidium der SPD gewählt

Abfuhr für Garrelt Duin – nicht in das Präsidium der SPD gewählt

Bei der gestrigen Wahl des SPD-Präsidiums erhielt der niedersächsische SPD-Vorsitzende Garrelt Duin nur 14 von 45 Stimmen und gehört dem Präsidium nicht an. In der Ostfriesen-Zeitung vom 24.11.09 heißt es dazu: „Neben der persönlichen Enttäuschung räumte Niedersachsens SPD-Chef ein, dass die Landespartei organisatorisch nun über weniger Einfluss verfüge. Zwar komme mit Sigmar Gabriel der neue SPD-Chef aus Niedersachsen, doch werde dieser im Parteipräsidium ’sicher nicht originär niedersächsische Interessen vertreten‘. (…) Duin und die Landespartei nannten als mögliche Gründe für die Nichtwahl die zuletzt gestiegene Bedeutung der niedersächsischen SPD.“

So einfach ist das also, der Schröderianer Duin wird für seine bisherige Arbeit im Vorstand der Partei abgestraft und begründet dies mit der gestiegenen Bedeutung der niedersächsischen SPD durch die Wahl Gabriels zum Vorsitzenden. Basta. Leider war Duin noch nie ein Politiker, der sein eigenes Verhalten selbstkritisch reflektieren konnte. Schuld für Niederlagen bei den letzten Landtagswahlen in Niedersachsen oder den Bundestagswahlen suchte Duin in einfach gestrickter Manier bei den LINKEN, die der armen SPD die Stimmen (grundlos?) weggenommen haben. Wenn Duin nicht in der Lage ist Selbstkritik zu üben, muss dies von außen geschehen, jedoch nicht in der Hoffnung den SPD-Landesvorsitzenden zu einer Änderung seines Denkverhaltens zu bringen, sondern, um den noch in der SPD verbliebenen SozialdemokratInnen zu verdeutlichen, dass es sehr wohl eine Alternative zur SPD 1998-2009 gibt, die jedoch einer Abkehr von der Agenda-Politik bedarf.

Die SPD ist in den letzten Jahren wiederholt für ihre Umverteilungspolitik von unten nach oben abgestraft worden. Ihr Versuch die deutschen Transnationalen Konzerne die besten Bedingungen auf dem Weltmarkt zu verschaffen, konnte nur auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, der Arbeitslosen und der sozial Schwachen geschehen. Die Änderung der Steuergesetze 2001, die Agenda 2010, Hartz IV, die Rente mit 67, die Liberalisierung der Strommärkte u.v.m. waren Maßnahmen gegen die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung und führten dazu, dass die Sozialdemokraten in den letzten Jahren immer mehr Wähler, aber auch Mitglieder verloren haben. Für diese Politik steht nicht allein Ex-Kanzler Schröder, sondern stehen auch diejenigen, die seine neoliberale Politik in den Jahren 2005-09 konsequent weiterbetrieben, sei es Müntefering, Steinmeier, Steinbrück, Gabriel oder eben auch Garrelt Duin als Mitglied des SPD-Vorstands und Vorsitzender der niedersächsischen SPD. Es gibt von Duin bis heute keine Äußerungen, die z.B. auf die Abkehr von der Agenda 2010 hinweisen. Duin hat im Februar 2008 als einziges SPD-Vorstandsmitglied gegen die Öffnung gegenüber den LINKEN gestimmt und auch noch vor den Landtagswahlen in Brandenburg und im Saarland vor Koalitionen mit der Linkspartei gewarnt. Andere SPD-Mitglieder haben nach den Wahlniederlagen begonnen umzudenken, denn sie wissen, dass nur eine Koalition mit den LINKEN die SPD 2013 wieder an die Regierung bringen kann, nicht so Betonkopf Duin, der sich mit neuen politischen Gegebenheiten nur schwerlich anfreunden kann.

Es scheint, dass zumindest zwei Drittel der SPD-Vorstandsmitglieder erkannt haben, dass Duin mit seinen gescheiterten überholten Politikvorstellungen nicht mehr in das SPD-Präsidium gehört. Diese haben die Zeichen der Zeit erkannt und lassen darauf hoffen, dass man in Zukunft evtl. wieder mehr sozialdemokratische Inhalte von der Partei erwarten kann.

Tony Kofoet

24.11.2009

24. November 2009 Posted by | Deutschland, News, Ostfriesland, Politik, Seeheimer, SPD | , , , , | 3 Kommentare

Albrecht Müller: Mieses Spiel bei der Linken – wie am Anfang des Niedergangs der SPD.

NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Mieses Spiel bei der Linken – wie am Anfang des Niedergangs der SPD.

Datum: 21. November 2009 um 13:57 Uhr

Verantwortlich: Albrecht Müller

Ob die Partei Die Linke Teil und Träger der so notwendigen politischen Alternative zu Schwarz-Gelb werden wird, das hängt auch von ihrer inneren Entwicklung ab. Dort gibt es offensichtlich jedoch ähnlich fremdbestimmte Kräfte wie beginnend vor 37 Jahren bei der SPD. Vorgestern waren es genau 37 Jahre nach dem größten Wahlsieg der SPD mit 45,8 % im Jahr 1972. Willy Brandt musste nach gewonnener Wahl wegen geschädigter Stimmbänder ins Krankenhaus. Seine Stellvertreter Herbert Wehner und Helmut Schmidt begannen trotzdem mit den Koalitionsverhandlungen. Albrecht Müller. Mehr.

Sie führten die Verhandlungen zu einem Ergebnis, das über weite Strecken dem Koalitionspartner FDP inhaltlich und mit einer äußerst großzügigen Zuteilung von Ministern entgegenkam. Sie zerbrachen damit die im Wahlkampf entstandene Aufbruchstimmung und die Hoffnung vieler Sympathisanten Willy Brandts und der damaligen SPD. Herbert Wehner, dem Willy Brandt für die Koalitionsverhandlungen detaillierte handschriftliche Leitlinien übergeben hatte, „vergaß“ übrigens diese Notizen in seiner Aktentasche. Willy Brandt stand, nachdem er das Krankenhaus im Dezember 1972 verlassen hatte, vor vollendeten Tatsachen. Damit war das Ende seiner Kanzlerschaft eingeläutet.

Vorgestern musste Lafontaine ins Krankenhaus. Einer seiner Nachfolger-Aspiranten, der thüringische Oppositionsführer Ramelow befeuert gleichzeitig ungerührt die Diskussion um die Nachfolge Oskar Lafontaines als Parteivorsitzendem der Linken.

Ich will die Parallelen nicht überstrapazieren. Aber sie sind nicht übersehbar. Der Wahlsieg von 1972 war wesentlich den Millionen von SPD-Anhängern und Sympathisanten Willy Brandts zu verdanken, die sich mit ihrem Bekenntnis zur Politik Willy Brandts in vielfältiger Weise in den Wahlkampf eingemischt hatten. Die konservative Meinungsforscherin Noelle-Neumann vom Allensbach-Institut hatte damals in besonders angelegten Forschungsversuchen herausgefunden, dass dieses Engagement der SPD-Sympathisanten den Wahlkampf beherrschte und wahlentscheidend war. Siehe dazu – und zu vielen anderen durchaus aktuellen Erkenntnissen – meine Dokumentation und Analyse „Willy wählen ’72“. Das Schlusskapitel dieses wichtigen Dokuments wird in den nächsten Tagen in den NachDenkSeiten eingestellt.
Darin skizziere ich den Umgang der SPD-Spitze mit dem Hauptwahlsieger jener Wahl und den – wie ich finde – schamlosen Missbrauch der Krankheit Willy Brandts. In den Geschichtsbüchern kommt dies kaum vor, weil es nicht in das Schema der meist von konservativen Historikern geschriebenen Geschichte passt.
Am Ende der Koalitionsverhandlungsprozedur und der davon geprägten Regierungserklärung im Januar 1973 waren jedenfalls die im Wahlkampf aufgebauten Engagements ernüchtert und zertrümmert. Darunter, unter der damit begonnenen programmatischen Entleerung und unter dem weiteren Druck auf Willy Brandt leidet die SPD bis heute.

Oskar Lafontaine hat zwar keine direkt vergleichbare Mobilisierung von Menschen erreicht. Die Dimension ist eine andere. Aber auch von ihm kann man sagen, dass das gute Ergebnis der Linkspartei allgemein und insbesondere im Westen und noch mehr im Saarland ohne ihn nicht möglich geworden wäre.
Wie bei Willy Brandt wurden auch bei Oskar Lafontaine angebliche Frauengeschichten in die politische Debatte eingespielt. Auch hier wie bei Willy Brandt gab es scheinheilige Erklärungen der Medien und der instrumentalisierten oder sich instrumentalisieren lassenden Parteifreunde. Der thüringische Fraktionschef Ramelow rief seine Partei auf, berichtete stern.de am 18. November, sich im kommenden Jahr gezielt auf die Zeit nach einem Ausscheiden Lafontaines vorzubereiten. Wörtlich: „Es muss ohne Lafontaine gehen“, so Ramelow in der „Leipziger Volkszeitung“.
Und dann scheinheilig laut Focus vom 18. November: ‚Ramelow betonte: „Ich gehe davon aus, dass sich Oskar Lafontaine nach seiner Operation so gut erholt, dass er in den kommenden zwei Jahren weiterhin den Vorsitz führt.“ Lafontaine habe mit dem Vorschlag, dass die Partei eine Doppelspitze brauche, selbst die Programm- und Personaldebatte eröffnet. „Das ist angesichts seines Alters von 66 Jahren auch vernünftig, damit er nicht wie Franz Müntefering auf dem Parteitag nicht mehr weiß, wie er aus der Sache rauskommt.“

Diese Einlassungen inklusive des Hinweises auf das (vergleichsweise jugendliche) Alter und den Vergleich mit Franz Müntefering, der seine Partei ruiniert hat, haben in etwa die „Qualität“ dessen, was ich beginnend vor 37 Jahren im Umgang mit Willy Brandt erlebt habe.

Der thüringisches Oppositionsführer Ramelow macht seinen Vorschlag, über die Nachfolge Lafontaines nachzudenken, ausdrücklich nicht an der Krankheit, sondern am Alter von Oskar Lafontaine fest. Nun gut, wenn man genügend junge Leute hat, die fähig sind, dann kann man es sich leisten, Personen vom Schlage Oskar Lafontaines beiseite zu schieben. Ob der sich selbst ins Spiel gebrachte potentielle Nachfolger Ramelow die notwendigen Qualitäten aufweist, kann man sich durchaus fragen. Ramelow ist, wenn er sich wie zitiert äußert, geistig vermutlich sehr viel älter als Lafontaine mit seinen 66 Jahren.

Das Netzwerk der Unterstützer Ramelows in den Medien funktioniert schon – ähnlich konstruiert und verlogen wie bei der Niedermache von Willy Brandt. Die für die Vorsitzendenwahl entscheidenden Funktionäre und Mitglieder der Linken bekommen zum Beispiel Nachhilfeunterricht von einer der „großen“ Publizistinnen der Hauptstadt. Brigitte Fehrle schrieb einen einschlägigen Kommentar in der Berliner Zeitung vom 20. November.
Unter der Überschrift „Lafontaine, Macht und Pietät“ schreibt sie so tolle Sätze wie: „Bodo Ramelow ist kein brutaler Mensch. Als einer der wenigen in der Linkspartei praktiziert er aktiv den evangelischen Glauben und setzt sich für die Verständigung seiner Partei mit den Kirchen ein. Als der frühere thüringische Ministerpräsident Althaus nach einem Skiunfall, infolgedessen eine junge Frau starb, in den Wahlkampf zurückkam, war es Bodo Ramelow, der dies niemals gegen ihn verwendete. Wenn er also jetzt die Pietätlosigkeit besitzt und die Krankheit seines eigenen Parteichefs Oskar Lafontaine für eine Nachfolgedebatte nutzt, so liegt das nicht an seiner Bösartigkeit. Zu vermuten ist eher, dass es in der Partei einen immensen Druck gibt, die Führungsfrage zu diskutieren. Und dass Ramelow, mehr unbewusst als bewusst, diesem Druck nachgegeben hat.“ Der arme Ramelow.
Das ist eine geradezu tolle Beschönigung, obendrein wunderbar verpackt von christlich verbrämter Nächstenliebe.
Dann geht es bei Brigitte Fehrle weiter mit einem schon im Wahlkampf immer wieder hoch stilisierten angeblichen Konflikt in der Linkspartei. Fehrle wörtlich:
„Seit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi die Linkspartei zusammengeschmiedet haben, quält sich die Partei mit ihrer Führung. Lafontaine hat die Linke im Westen zu Höhenflügen geführt. Mit ihm an der Spitze konnte bei Landtagswahlen im Westen die Fünf-Prozent-Marke übersprungen werden. Mit Verweis darauf wurde in der Partei eine Debatte über Lafontaines Führungsstil, seine politischen Positionen und die Nachfolge unterbunden. Eine Debatte, die sich aufzwängt, bedenkt man, dass Lafontaine inzwischen 66 Jahre alt ist, Lothar Bisky 68 und auch Gysi nicht mehr der Jüngste. Will die Linke aber ihre Macht langfristig festigen, ist die Debatte über neue Köpfe nicht pietätlos, sie ist überlebenswichtig.“

In diesem Kommentar finden sie einen Teil der Botschaften, die sich die Gegner der Linken ausgedacht haben.

Es gibt auch andere Kommentare, hier im Stern vom 17.11. z.B.: „Lafontaine hat Krebs: Viel Glück, Oskar!
Was ist nicht alles spekuliert worden über Oskar Lafontaine nach der Landtagswahl im Saarland. Alles nur haltlose Verdächtigungen und Gerüchte. Das Ausmaß dieses medialen Skandals ist erschreckend. Ein Kommentar von Hans Peter Schütz“

Man kann nur hoffen, dass die Funktionsträger der Linken aus der Geschichte lernen. Andernfalls, wenn sie ihre Partei ähnlich fremdbestimmen lassen, wie das mit der SPD zwischen 1972 und 2009 geschehen ist, dann haben sie ihre historische Mission, die Alternative zu Schwarz-Gelb wesentlich zu tragen und mit zu organisieren, verspielt. Ramelow arbeitet schon an der Dauerherrschaft von Schwarz-Gelb.



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24. November 2009 Posted by | CDU/FDP, Deutschland, Die LINKE, News, Politik, SPD | , , , , | 2 Kommentare

Venezuela: PSUV-Kongress – Chávez fordert Fünfte Internationale

Erster außerordentliche Kongress der PSUV – Chavez fordert die Fünfte Internationale

 

von Alan Woods vom Kongress der PSUV

23.11.09

 

Bei der Eröffnungssitzung des PSUV-Kongresses hielt der venezolanische Präsident Chavez eine radikale, linke Rede und forderte die Gründung einer neuen Internationale. Er erklärte, es sei notwendig, den bürgerlichen Staat zu zerschlagen und ihn durch einen revolutionären zu ersetzen, er bezog sich dabei auch auf die Bürokratie innerhalb der bolivarischen Bewegung selbst. In dieser Rede spiegelte sich der enorme Druck der Massen wider, die das Gerede vom Sozialismus allmählich satt haben, während ihnen der wirkliche Fortschritt in Richtung echter Veränderungen frustrierend langsam vorkommt.

Am Samstag, den 21. November, begann der erste außerordentliche Parteitag der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) seine Sitzungen, an denen über 772 Delegierte teilnehmen, in der  Mehrheit ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen sowie StudentInnen, die von 2,5 Millionen PSUV-Mitgliedern gewählt wurden. Es herrschte eine Atmosphäre der Begeisterung und der Hoffnung.

Die Eröffnungssitzung begann mit revolutionären Liedern und einer Reihe von Eröffnungsansprachen von Ehrengästen aus Nicaragua und El Salvador. Danach eröffnete Hugo Chavez die offizielle Tagung mit einer fünfstündigen Rede, die kurz nach Mitternacht endete.

Im ersten Teil seiner Rede lag der Schwerpunkt auf der Notwendigkeit der Schaffung einer neuen revolutionären Internationale, die er als die Fünfte Internationale bezeichnete. Chavez führte aus, dass Marx die Erste Internationale gegründet habe, Engels sei an der Gründung der Zweiten Internationale beteiligt gewesen, Lenin habe die Dritte und Trotzki die Vierte Internationale gegründet, aber aus den verschiedensten Gründen existiere keiner dieser Internationalen heute mehr.

Chavez erklärte, dass sämtliche Internationalen ihren Ursprung in Europa gehabt und die damaligen Klassenkämpfe in Europa widerspiegelt hätten, dass aber heute das Epizentrum der Weltrevolution in Lateinamerika und besonders in Venezuela liege. Er wies darauf hin, dass an diesem Kongress 55 linke Parteien aus 39 Ländern teilnähmen, die ein Dokument namens Caracas-Abkommen( El Compromiso de Caracas) unterzeichnet hätten, das auf den Ideen eines weltweiten Kampfes gegen den Imperialismus und den Kapitalismus und für den Sozialismus basiere.

Er betonte diese Idee mehrere Male im Verlauf seiner Rede, die auch viele radikale Vorstellungen und Attacken gegen den Kapitalismus enthielt, der, wie er sagte, eine Bedrohung für die Zukunft der menschlichen Rasse sei. Er spielte auf die gegenwärtige weltweite Krise des Kapitalismus an und verurteilte die Versuche der westlichen Regierungen das System mit verschwenderischen staatlichen Maßnahmen zu retten. Unsere Aufgabe sei es nicht, so Chavez, den Kapitalismus zu retten, sondern ihn zu zerstören.

In Bezug auf die Situation in Venezuela sagte er, dass es noch nicht gelungen sei den Kapitalismus zu beseitigen, aber man sich in diese Richtung bewege. Seine Ankündigung, sieben Banken zu verstaatlichen, wurde mit begeisterten Beifallsbekundungen begrüßt. Er verurteilte die venezolanische Oligarchie als fünfte Kolonne, die sich an den Imperialismus verkauft habe.

Chavez erklärte, dass der Staat in Venezuela ein kapitalistischer Staat geblieben sei und dies ein zentrales Problem für die Revolution darstelle. Er hielt ein Exemplar von Lenins Staat und Revolution, das er den Delegierten empfahl, in die Höhe und sagte, er akzeptiere Lenins Ansicht, dass es notwendig sei, den bürgerlichen Staat zu zerschlagen und diesen durch einen revolutionären zu ersetzen, diese Aufgabe müsse noch ausgeführt werden.

Chavez widmete sich auch dem Problem mit der Bürokratie, er warnte, dass ihm bewusst sei, dass einige der anwesenden Delegierten mit irregulären Mitteln gewählt worden seien und einige Leute nur daran interessiert seien ins Parlament oder als Gouverneure oder Bürgermeister gewählt zu werden, was er als nichtannehmbar bezeichnete.

Zum derzeitigen Konflikt mit Kolumbien wiederholte er seine Forderung nach der Schaffung einer Volksmiliz, jeder Arbeiter, jeder Bauer, jeder Student, jeder Mann und jede Frau sollten eine militärische Ausbildung erhalten und das solle nicht nur auf dem Papier festgehalten, sondern auch in die Praxis umgesetzt werden.

„Ich schreibe diesem Kongress große Bedeutung zu“, erklärte Chavez, „und ich beabsichtige in seinem Verlauf eine aktive Rolle zu spielen.“ Er bestand darauf, dass dieser Kongress nicht am folgenden Tag enden solle, sondern in den nächsten Monaten regelmäßig weiter tagen solle, um all diese Fragen gründlich zu diskutieren. Er verlangte, dass die Debatten demokratisch sein, verschiedene Meinungen berücksichtigt werden und die Delegierten der Basis Bericht erstatten und mit ihr die verschiedenen Vorschläge und Dokumente diskutieren sollten.

Der Präsident betonte, dass das kommende Jahr ein sehr schwieriges werden würde. Die Opposition würde alles Mögliche anstellen, um im September 2010 die Wahlen zur Nationalversammlung zu gewinnen. „Danach werden sie auf mich losgehen“, sagte er. An diesem Punkt rief ein Delegierter: „Sie werden auf uns alle losgehen.“

Das alles beleuchtet ein zentrales Problem. Nach elf Jahren gibt es Anzeichen, dass die Massen über das langsame Tempo der Revolution ungeduldig und frustriert werden. Die Krise des Kapitalismus zeigt seine Auswirkungen und viele sind empört über die Bürokratie und die Korruption, die sie überall, auch in der Bolivarischen Bewegung selbst, wahrnehmen.

Diese Bitterkeit wird manchmal in Streiks zum Ausdruck gebracht. Der Präsident zeigte sich über manche Streiks enttäuscht, obwohl er sich für einen Dialog mit den ArbeiterInnen einsetzte. Dahinter steht aber ein allgemeines Befinden, dass die RevolutionsführerInnen den Kontakt zur Basis verloren haben und nicht auf die Massen hören und deren Probleme verstehen.

Während seiner Rede betonte Chavez auch die Notwendigkeit die Traditionen revolutionärer Gewerkschaften neu zu beleben, da die Arbeiterklasse die führende Rolle in der Revolution habe. „Das Bewusstsein der Arbeiterklasse ist der Schlüssel zum Aufbau des Sozialismus“; sagte er und fügte hinzu, dass zwischen der Partei und den ArbeiterInnen ein enges Bündnis bestehen müsse.

Es ist klar, dass Chavez versucht, den Kongress zu nutzen, um der Revolution neues Leben einzuhauchen. Es bleibt zu hoffen, dass dies ein Neubeginn für das Voranschreiten der Bolivarischen Revolution sein wird, die nur erfolgreich sein kann, wenn sie in die Offensive geht, radikal mit dem Kapitalismus bricht, der Oligarchie entscheidende Schläge versetzt und einen echten ArbeiterInnen-Staat errichtet als notwendige Bedingung für das Vorwärtskommen des Sozialismus und dem Beginn einer revolutionären Welle in ganz Amerika und auf der ganzen Welt.

24. November 2009 Posted by | International, Lateinamerika, Politik, Revolution, Sozialismus, US-Imperialismus, Venezuela | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Uri Avnery:Israels Regierung ist an keinem Frieden interessiert

Für Washington wäre es ein leichtes, Jerusalem zu einem Siedlungsstopp zu bringen. Ein Gespräch mit Uri Avnery

Interview: Johannes Schulten
Uri Avnery (75) ist Mitbegründer des ­israelischen Friedensblocks Gush Shalom und Publizist. Am Samstag wurde er in Berlin mit dem »Blue Planet Award 2009« der Stiftung ethecon geehrt. Internet: www.gush-shalom.org, www.uri-avnery.de

Die israelische Regierung hat in der vergangenen Woche bekanntgegeben, 900 neue Wohneinheiten im besetzten Ostteil von Jerusalem zu bauen. Was bedeutet das für den Friedensprozeß?

Wenn Israel sich weigert, den Siedlungsbau in Ost-Jerusalem einzustellen, kann das Land nicht an einem Frieden interessiert sein. Jeder weiß, daß eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich ist, wenn Israel Ost-Jerusalem nicht als Hauptstadt eines zukünftigen freien und souveränen Staates Palästina akzeptiert. Wer versucht, diese Lösung zu verhindern, will keinen Frieden.

Sie schreiben, daß die US-Regierung um Präsident Barack Obama mit ihrer Nahost-Politik bisher völlig versagt hat. Welche Möglichkeiten hätte sie überhaupt gehabt, Einfluß auf Israel zu nehmen?

Israel ist vollkommen von den USA abhängig, in jeder Beziehung. Wir bekommen einen Großteil unserer Waffen von Washington und werden jährlich mit etwa zwei bis drei Milliarden Dollar unterstützt. Wir brauchen die politische Unterstützung jeden Tag. Zum Beispiel ist die israelische Regierung darauf angewiesen, daß die USA im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen eine Annahme des Goldstone-Berichts zum Gaza-Krieg einlegen. Gleiches gilt für die Ankündigung der palästinensischen Autonomiebehörde, dem Sicherheitsrat einen Antrag auf die Anerkennung des Staates Palästina vorzulegen. Die Regierung in Jerusalem veläßt sich darauf, daß Washington dies per Veto verhindert. Sie sehen, die Abhängigkeit ist so groß, daß es von der US-Regierung gar keiner dramatischen Schritte bedürfte, um die israelische Seite zum Einlenken zu bewegen. Es genügte, deutlich zu machen, daß man den Stopp von jeglichem Siedlungsbau will.

Gleichwohl geschieht das Gegenteil. US-Außenministerin Hillary Clinton hat bei ihrem letzten Israel-Besuch sogar gesagt, ein Baustopp sei »niemals Voraussetzung für Verhandlungen« gewesen. Warum ist Obama nicht bereit, diesen kleinen Schritt zu gehen?

Die Beziehungen zwischen unseren Ländern sind einzigartig in der Weltgeschichte. Die Macht der israelischen Lobby in den USA ist so enorm, daß ein amerikanischer Präsident schon sehr kühn sein muß, um sich mit ihr anzulegen. Das gilt noch mehr für den amerikanischen Kongreß. Beide Kammern stehen unter gewaltigem Einfluß der israelischen Lobby. Es ist nicht leicht für Obama, ihr die Stirn zu bieten.

In den Medien wird häufig argumentiert, Obama seien die Hände gebunden, weil es auf der palästinensischen Seite keinen Ansprechpartner gibt, der verbindliche Absprachen treffen und auch durchsetzen kann.

Das ist pure Propaganda, die man zwar sehr oft hört, die aber völlig oberflächlich ist. Erstens: Wir haben mit Mahmud Abbas eine palästinensische Führung, die schon jahrelang darauf wartet, daß sie endlich politische Zugeständnisse bekommt. Jedoch wurde ihr bisher jedes noch so kleine Entgegenkommen verwehrt. Das heißt, wenn die USA und Israel wirklich an einer palästinensischen Führung interessiert wären, mit der ein Frieden möglich ist, dann hätte man die politische Position von Abbas schon lange durch Zugeständnisse gestärkt.Zweitens: Abbas ist ganz klar für eine Friedenspolitik, das kann und wird niemand bestreiten. Der Grund für seine Schwäche liegt einzig und allein darin, daß er mit seinem Verhandlungskurs bisher nichts von der israelischen Regierung bekommen hat, weder von der aktuellen noch von den vorherigen. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Israel hat 11000 palästinensische Gefangene. Es wäre ein leichtes gewesen, sagen wir, 1000 davon freizulassen. Dieses kleine Zugeständnis hätte die Position von Abbas innerhalb der Palästinenser enorm gestärkt. Die richtige Antwort an Israel kann nur sein: Versucht es mal, ihr werdet sehen, ob ihr einen verläßlichen Partner habt oder nicht.

Quelle: http://www.jungewelt.de

23. November 2009 Posted by | International, Israel, Krieg, Naher und Mittlerer Osten, News, Palästina, Politik, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras:Liberale Internationale kürt Micheletti

Honduras
Montag, den 16. November 2009 um 15:16 Uhr
Putschist Micheletti und Putschistenfreund van BaalenEnde Oktober hat die »Liberale Internationale« (LI), der Zusammenschluss von mehr als 60 liberalen Parteien aus 44 Ländern, in Ägypten ihren alle 18 Monate stattfindenden Weltkongress durchgeführt. Obwohl liberale Politiker sonst kaum einer Kamera aus dem Weg gehen können, blieb dieser Kongress wenig beachtet, selbst die eigenen Medien der deutschen FDP schenkten dem Treffen keine größere Bedeutung. Vielleicht ja auch deshalb, weil die LI sich momentan in der Rolle eines eifrigen Helfers der Putschisten in  Zentralamerika gefällt.
Das erste Signal sendete die LI bereits aus Kairo, als sie den Chef des Putschistenregimes in Honduras, Roberto Micheletti, zu einem Vizepräsidenten der Organisation wählte. Darauf wies jetzt der neue Präsident der Internationale, der niederländische Europaabgeordnete Hans van Baalen, bei einem Besuch in Tegucigalpa hin. Er hoffe, dass Micheletti „nach seiner Zeit als Präsident von Honduras“ eine aktivere Rolle in der LI übernehmen werde: »Wir glauben, daß er den Liberalismus Zentralamerikas der Welt nahebringen und die Demokratie in der Region stärken kann«. Am vergangenen Donnerstag war van Baalen von Micheletti im Präsidentenpalast der honduranischen Hauptstadt empfangen worden. Mit dabei auch zwei Leute, die ihren Job in Honduras deutschen Steuergeldern verdanken: der Zentralamerika-Direktor des FDP-Ablegers Friedrich-Naumann-Stiftung, Christian Luth, und die Honduras-Direktorin dieser Stiftung, Rosalinda Sabillón.

Bereits kurz nach dem Staatsstreich vom 28. Juni hatte die »Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit« begonnen, das Regime international zu verteidigen, indem sie den gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya als den eigentlich Verantwortlichen für die Situation ausmachte. Er sei »mehr Täter als Opfer«, hatte die FNF damals geschrieben. Wie der Besuch beim Diktator verdeutlicht, hält die Stiftung dem Regime noch immer die Treue. In einem »Bericht aus aktuellem Anlass« behandelte Stiftungsvertreter und Micheletti-Gast Christian Luth am 6. November das Regime erneut als eine ebenso legitimierte Verhandlungspartei wie die rechtmäßige Regierung, um dann Zelaya mindestens eine Mitverantwortung für das Scheitern des von beiden Seiten unterzeichneten 12-Punkte-Vertrags zuzuweisen: »Micheletti (…) hat seinen Teil des ‚Tegucigalpa-San José-Abkommens‘ erfüllt und den Weg für eine neue Übergangsregierung frei gemacht. Zelaya hingegen steht nun als der Spielverderber des so einmütig gefundenen Kompromisses dar.«

LI-Präsident van Baalen war aus Managua nach Tegucigalpa gekommen. Während er mit Micheletti Eintracht demonstrierte, hatte er im benachbarten Nicaragua die Anhänger der dortigen liberalen Oppositionsparteien zu Straßenprotesten gegen die sandinistische Regierung aufgerufen. Seine Vorwürfe an den nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega waren die selben, die bereits den Putschisten in Honduras als Rechtfertigung dienten. Ortega in Nicaragua und Zelaya in Honduras hätten sich an der Macht festklammern wollen. Im Fall von Zelaya hatte dafür die geplante Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung gedient, während Ortega ein Urteil des nicaraguanischen Obersten Gerichtshofes zur Last gelegt wird. Die Richter hatten im Oktober eine Gesetzesbestimmung für ungültig erklärt, nach der der amtierende Präsident nicht für eine Wiederwahl kandidieren durfte. So kann sich Ortega bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2011 um eine Wiederwahl bewerben.

Für van Baalen bedeutet das: »Es ist im Augenblick sehr eindeutig, dass Daniel Ortega beabsichtigt, das Amt des Präsidenten auf unbegrenzte Zeit zu besetzen. Es wird versucht, dieses mittels der Verfassung zu erreichen oder sie finden andere Wege; ich bin überzeugt, dass die Sandinisten Gewalt anwenden werden, um sich an der Macht zu halten«. Deshalb solle die nicaraguanische Opposition gegen die sandinistische Regierung demonstrieren und dürfe kein Abkommen mit Ortega schließen.

Ortega reagierte auf diese Einmischung des »schamlosen holländischen Piraten« in die inneren Angelegenheiten Nicaraguas mit der Anklage, van Baalen habe versucht, die nicaraguanischen Streitkräfte zu einem Putsch aufzuhetzen. Van Baalen habe unter dem Vorwand um eine Unterredung mit hohen Offizieren der Armee gebeten, diesen zum 30. Jahrestag ihrer Gründung beglückwünschen zu wollen. »Er wollte herausfinden, wie weit unsere Armee die gleiche Haltung hat, wie die Armee von Honduras, aber er sah sich einer patriotischen, die Einmischung zurückweisenden Haltung gegenüber. Unsere Armee verfolgt die selbe Politik wie der nicaraguanische Staat, die auch von der internationalen Gemeinschaft geteilt wird«, betonte Ortega. Mit Blick auf die Ernennung Michelettis zum LI-Vizepräsidenten erklärte der nicaraguanische Präsident: »Das muss man aufmerksam beobachten, denn von dort kommen die Putsche. Man sieht, wie sich die Liberale Internationale bemüht, die Putschisten zu ermutigen, zu stärken und zu belohnen, aber hier wollte uns dieser Pirat etwas von Demokratie erzählen.«

Quelle: http://www.redglobe.de

19. November 2009 Posted by | CDU/FDP, Honduras, International, Konterrevolution, Lateinamerika, News, US-Imperialismus | , , | Hinterlasse einen Kommentar