Blinkfuer

Linkes Blog aus Ostfriesland

Venezuela antwortet Spanien

Venezuela
Mittwoch, den 30. Dezember 2009 um 15:10 Uhr
VenezuelaIn einem Interview für die spanische Tageszeitung Público machte Spaniens Umweltministerin Elena Espinosa Venezuela, Bolivien und Kuba als Hauptverantwortliche für das Scheitern des Klimagipfels aus. Die venezolanische Regierung reagierte auf diese Vorwürfe mit einer offiziellen Erklärung, die wir nachstehend dokumentieren.

Die Regierung der Bolivarischen Republik Venezuela erklärt ihre vollkommene Ablehnung der unklugen, phantastischen und unglücklichen Erklärungen der spanischen Umweltministerin Elena Espinosa über die von Venezuela beim gescheiterten Gipfeltreffen von Kopenhagen eingenommene Haltung.

Die in der spanischen Tageszeitung »Público« veröffentlichten Erklärungen der Ministerin Espinosa überraschen durch ihre völlige Unkenntnis der klaren und eindeutigen Haltung, die Präsident Hugo Chávez angesichts der Farce eingenommen hat, die eine Gruppe von Ländern, die als die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel bekannt sind, in Dänemark durchsetzen wollte.

Die Bolivarische Republik Venezuela hat im Gegensatz zu den Ländern Europas eine transparente und unzweideutige Haltung gegen den Klimawandel eingenommen und die internationale Gemeinschaft vor dem Geheimabkommen gewarnt, dessen Annahme die Henker der Umwelt unter dem Mantel der unter Ägide der Vereinten Nationen durchgeführten Verhandlungen durchsetzen wollten.

Die Bolivarische Regierung versteht die phantastischen Erklärungen der spanischen Umweltministerin als Ergebnis der verbissenen Haltung der Verschmutzerländer, die ihre Verpflichtungen auf die Entwicklungsländer abschieben wollen und weiter bestrebt sind, das Kyoto-Protokoll zu beseitigen, um die Wahrnehmung ihrer historischen Verpflichtungen zu vermeiden.

Abschließend hofft die Regierung des Präsidenten Hugo Chávez, die unterstreicht, daß sie auch weiterhin klar und transparent des Recht der menschlichen Gattung auf ihr Überleben verteidigen wird, daß die Erklärungen von Umweltministerin Elena Espinosa nicht5 die offizielle Haltung der spanischen Regierung wiedergeben.

Quelle: www.redglobe.de

Das Interview im Wortlaut

Ich glaube, es gibt zwei Hauptverantwortliche, nämlich einerseits China und Indien, die kein verbindliches Abkommen wollten, und andererseits Venezuela, Bolivien und Kuba, die absolute Unbeweglichkeit zeigten. Manche geben Obama die Schuld, aber ich bin anderer Meinung. Seine Haltung war konstruktiv, um der EU zu helfen, die bis dahin fast ganz allein die Rolle des Vorreiters übernommen hatte. (…)

Warum, glauben Sie, haben Hugo Chávez und Evo Morales das Abkommen torpediert?

Vielleicht zur Verteidigung ihrer Naturressourcen.

Sie meinen Erdöl und Erdgas?

Genau. Vielleicht dachten sie, daß ihre Wachstumserwartungen durch ein Abkommen zur Reduktion von Emissionen herabgesetzt werden…«

Übersetzung: André Scheer

Quelle: www.jungewelt.de

30. Dezember 2009 Posted by | EU, International, Klimapolitik, News, Politik, Spanien, Venezuela | , , | Hinterlasse einen Kommentar

Rede von Hugo Chávez in Kopenhagen

Übersetzung: Klaus E. Lehmann, M. Daniljuk

www.amerika21.de

XV. Internationale Konferenz der Organisation der Vereinten Nationen über den Klimawechsel, Kopenhagen, Königreich Dänemark, Mittwoch, 16. Dezember 2009

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, ich verspreche Ihnen, dass ich nicht länger reden werde als derjenige, der hier heute Nachmittag am längsten gesprochen hat. Erlauben Sie mir einen Kommentar zu Beginn, den ich gerne zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt gemacht hätte, der von den Delegationen Brasiliens, Chinas, Indiens und Boliviens wahrgenommen worden ist. Wir waren auch da und haben ums Wort gebeten, aber es war nicht möglich, an die Reihe zu kommen. Die Vertreterin von Bolivien hat gesagt… Grüße bei dieser Gelegenheit natürlich an den Compañero Evo Morales, der auch hier anwesend ist, den Präsidenten der Republik Bolivien… [Beifall bei den Anwesenden]

… sie sagte unter anderem das Folgende, beachten Sie dies, sie sagte: Der vorgelegte Text ist nicht demokratisch, er bezieht nicht alle mit ein. Ich war gerade erst angekommen und wir waren dabei uns hinzusetzen, als wir die Präsidentin der vorherigen Sitzung, die Ministerin, sagen hörten, dass da ein Dokument aufgetaucht sei, aber eins, das keiner kennt. Ich habe nach dem Dokument gefragt, wir haben es noch nicht vorliegen, ich glaube niemand hier weiß etwas von diesem Top-Secret-Dokument. Nun ist das gewiss nicht demokratisch, die bolivianische Genossin hat es gesagt, es bezieht nicht alle mit ein, also, meine Damen und Herren: Ist das vielleicht nicht genau die Realität dieser Welt? Befinden wir uns etwa in einer demokratischen Welt? Bezieht denn etwa das weltweite System alle mit ein? Können wir denn überhaupt irgendetwas Demokratisches vom gegenwärtigen weltweiten System erwarten? Was wir auf diesem Planeten erleben, ist doch eine imperiale Diktatur und so fahren wir von diesem Platz aus zu fort öffentlich zu bekunden: Nieder mit der imperialen Diktatur! Es leben die Völker und die Demokratie und die Gleichheit auf diesem Planeten! [Beifall bei den Anwesenden]

Und das, was wir hier sehen, spiegelt genau dies wieder: den Ausschluss. Es gibt eine Gruppe von Ländern, die sich für überlegen halten, gegenüber uns, die wir aus dem Süden sind, uns, die wir aus der Dritten Welt sind, die wir unterentwickelt sind, oder wie unser großer Freund Eduardo Galeano sagt: Wir sind die abgewickelten, die überfahrenen Länder, als ob uns ein Zug der Geschichte überfahren hätte. Wir sind also nicht gerade erstaunt, nicht verwundert darüber, dass es keine Demokratie gibt auf der Welt und so sehen wir uns einmal mehr einer offensichtlichen weltweiten imperialen Diktatur gegenüber. Später sind zwei junge Leute hier heraufgekommen, glücklicherweise haben sich die Ordnungsbeamten zurück gehalten, haben nur ein bisschen geschubst und die beiden haben sich gefügt, oder? Dort draußen sind eine Menge Leute, wissen Sie? Klar, die passen nicht alle hier in den Saal, so viele Leute. Ich habe in der Presse gelesen, dass es ein paar Verhaftungen gegeben hat, ein paar heftige Proteste, dort in den Straßen von Kopenhagen und ich möchte all diese Menschen da draußen grüßen, zumeist junge Leute. [Beifall bei den Anwesenden]

Klar, es sind die jungen Leute, die sich Sorgen machen, ich glaube, sie machen sich zu Recht viel mehr Sorgen um die Zukunft der Welt als wir; wir hier – wenigstens die Meisten von uns, die hier sind – wir haben die Sonne ja schon im Rücken, während sie die Sonne noch von vorne sehen und sehr besorgt sind. Man könnte sagen, Herr Präsident, dass ein Gespenst umgeht in Kopenhagen, um es mit Karl Marx auszudrücken, dem großen Karl Marx, ein Gespenst geht durch die Straßen von Kopenhagen und ich glaube, dass dieses Gespenst im Stillen auch durch diesen Saal geht, es läuft hier herum, mitten unter uns, es schleicht durch die Gänge, schlüpft unten durch, steigt wieder hoch, dieses Gespenst ist ein schreckliches Gespenst, das fast niemand beim Namen nennen will: Der Kapitalismus ist dieses Gespenst, das fast niemand beim Namen will. [Beifall bei den Anwesenden]

Es ist der Kapitalismus und dort lärmen die Völker, dort draußen kann man sie hören. Ich habe einige von den Parolen gelesen, die auf den Straßen zu sehen sind, und ich glaube das sind die Parolen von diesen jungen Leuten, ein paar davon habe ich gehört, als vorhin der Junge und das Mädchen da waren und zwei davon habe ich mir gemerkt. Unter anderem hört man zwei besonders mächtige Parolen. Die eine: Ändert nicht das Klima, ändert das System. [Beifall bei den Anwesenden]

Und die nehme ich für uns in Anspruch: Lasst uns nicht das Klima ändern! Lasst uns das System ändern! Und als Schlussfolgerung daraus fangen wir an, den Planeten zu retten. Der Kapitalismus, das Modell der zerstörerischen Entwicklung, ist dabei das Leben zunichte zu machen, er droht die Gattung Mensch endgültig zu vernichten.

Und die andere Parole regt zum Nachdenken an. Sehr passend zur Bankenkrise, die um die Welt gegangen ist und diese noch immer heimsucht, und zu der Art und Weise, in der die reichen Länder des Nordens den Bankiers und den großen Banken geholfen haben, allein was dabei die Vereinigten Staaten getan haben – man hat die Zahlen aus den Augen verloren, das ist einfach astronomisch – um die Banken zu retten. Dazu heißt es auf den Straßen folgendermaßen: Wenn das Klima eine Bank wäre, dann hätten sie es schon gerettet. [Beifall bei den Anwesenden]

Und ich glaube, das ist wahr. Wenn das Klima eine von den größten kapitalistischen Banken wäre, dann hätten es die reichen Regierungen schon gerettet. Ich glaube, Obama ist noch nicht da. Er hat den Friedensnobelpreis fast am selben Tag bekommen als er weitere dreißigtausend Soldaten losgeschickt hat, um in Afghanistan unschuldige Menschen zu töten, und jetzt kommt er her, um sich hier mit dem Friedensnobelpreis zu präsentieren, der Präsident der Vereinigten Staaten. Aber die Vereinigten Staaten haben ja das Maschinchen, um Geldscheine herzustellen, um Dollars zu drucken und sie haben so die Banken und das kapitalistische System gerettet, oder glauben zumindest sie hätten es getan. Na gut, das war das – ein Kommentar am Rande, was ich dort hatte anmerken wollen. Wir waren dabei die Hand zu heben, um Brasilien, Indien, Bolivien und China in ihrer interessanten Position zu unterstützen, die von Venezuela und von den Ländern der Bolivarischen Allianz (ALBA) mit ganzem Nachdruck geteilt wird; aber gut, man hat uns nicht das Wort erteilt, rechnen Sie mir also bitte diese Minuten nicht an, Herr Präsident. [Beifall bei den Anwesenden]

Stellen Sie sich vor, da hatte ich neulich das Vergnügen, diesen französischen Schriftsteller, Hervé Kempf, kennen zu lernen. Ich empfehle Ihnen dieses Buch, ich empfehle es wirklich, es ist auf Spanisch erhältlich und es gibt Hervé auch auf Französisch, und auf Englisch ganz sicher auch: Cómo los ricos destruyen el planeta. Hervé Kempf: Wie die Reichen den Planeten zerstören. Deswegen hat schon Christus gesagt: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als das ein Reicher in den Himmel kommt. So sprach Christus, unser Herr. [Beifall bei den Anwesenden]

Die Reichen sind dabei, den Planeten zu zerstören. Ob sie wohl vorhaben sich auf einen anderen zu begeben, wenn sie diesen hier zerstört haben? Ob sie wohl Pläne haben auf einen anderen Planeten abzuhauen? Bis jetzt ist jedenfalls noch keiner am Horizont der Galaxie zu sehen. Das Buch ist mir gerade erst in die Hände gekommen, Ignacio Ramonet, der auch hier in diesem Saal ist, hat es mir geschenkt; und wenn man ans Ende des Prologs oder des Vorwortes kommt, dann stößt man auf diesen sehr wichtigen Satz, in dem Kempf folgendes sagt, ich zitiere: “Wir werden den materiellen Konsum auf globaler Ebene nicht reduzieren können, wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Mächtigen mehrere Stufen herunter kommen und wenn wir die Ungleichheit nicht bekämpfen. Es ist notwendig, dem im Augenblick der Bewusstwerdung so nützlichen ökologischen Prinzip des globalen Denkens und des lokalen Handelns, das Prinzip hinzuzufügen, das die Situation erfordert: Weniger konsumieren und besser verteilen.” Ich glaube das ist ein guter Rat, den uns dieser französische Schriftsteller Hervé Kempf da gibt. [Beifall bei den Anwesenden]

Nun gut, Herr Präsident, der Klimawechsel ist ohne Zweifel das verheerendste Umweltproblem des gegenwärtigen Jahrhunderts: Überschwemmungen, Trockenheiten, schwere Unwetter, Hurrikans, Tauwetter, der Anstieg des durchschnittliches Meeresspiegels, die Übersäuerung der Ozeane und Hitzewellen, alles das verschärft die schweren Schläge der globalen Krisen, die uns heimsuchen.

Die gegenwärtige menschliche Aktivität überschreitet die Schwellen der Nachhaltigkeit und bringt das Leben auf dem Planeten in Gefahr, aber auch in dieser Hinsicht sind wir zutiefst ungleich. Ich möchte daran erinnern: die 500 Millionen der reichsten Leute, 500 Millionen, das sind sieben Prozent, sieben Prozent der Weltbevölkerung, diese sieben Prozent, diese fünfhundert Millionen der reichsten Leute sind verantwortlich für fünfzig Prozent der Schadstoffemissionen, während die fünfzig Prozent Ärmsten nur für fünf Prozent der Schadstoffemissionen verantwortlich sind. Deshalb macht es mich stutzig und ist es ein wenig seltsam, hier die Vereinigten Staaten und China auf eine Stufe zu stellen. Die Vereinigten Staaten kommen gerade mal auf 300 Millionen Einwohner, während China fast fünfmal soviel an Bevölkerung hat wie die USA.

Die USA verbrauchen mehr als 20 Millionen Barrel Öl am Tag, während China auf kaum 5,6 Millionen Barrel täglich kommt und da kann man doch von den Vereinigten Staaten und China nicht dasselbe verlangen. Es gibt hier einige Themen, die zu diskutieren sind und hoffentlich können wir Staats- und Regierungschefs uns hier zusammensetzen und wirklich und wahrhaftig über diese Dinge diskutieren. Darüber hinaus, Herr Präsident, sind 60 Prozent der Ökosysteme des Planeten geschädigt, 20 Prozent der Erdkruste ist geschwächt; wir sind zu gleichgültigen Zeugen der Entwaldung, der Umwandlung von Böden, der Wüstenbildung, der Störungen der Süßwassersysteme, des Raubbaus an den Meeresressourcen, sowie der Vergiftung und des Verlustes der biologischen Diversität geworden.

Die verschärfte Nutzung des Bodens überschreitet seine Regenerationssfähigkeit um 30 Prozent. Der Planet ist dabei zu verlieren, was die Fachleute die Fähigkeit zur Selbstregulierung nennen, jeden Tag werden mehr Abfallstoffe freigesetzt als verarbeitet werden können. Das Überleben unserer biologischen Art quält das Bewusstsein der Menschheit. Trotz aller Dringlichkeit sind zwei Jahre der Verhandlungen vergangen, um eine zweite Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll zu beschließen und wir wohnen nun diesem Treffen bei, ohne dass es bisher zu einer wirklichen und bedeutsamen Vereinbarung gekommen wäre.

Und was im Übrigen nun diesen Text angeht, der da aus dem Nichts kommt, wie es einige bezeichnet haben, sagt der chinesische Vertreter, sagt Venezuela und sagen wir als ALBA-Länder, die Länder der Bolivarischen Allianz, dass wir, wie bereits zum Ausdruck gebracht, keinen anderen Text akzeptieren, der nicht aus den Arbeitsgruppen des Kyoto-Protokolls und des gleichnamigen Abkommens stammt, aus den legitimen Texten, die in all den letzten Jahren mit so großer Intensität diskutiert worden sind. [Beifall bei den Anwesenden]

Und in den letzten Stunden haben Sie, glaube ich, nicht geschlafen, außer dass Sie nicht zu Mittag gegessen haben, haben Sie auch nicht geschlafen. Es erscheint mir nicht logisch, dass jetzt ein Dokument aus dem Nichts auftaucht, wie es heißt. Das wissenschaftlich gestützte Ziel, den Ausstoß schädlicher Gase zu reduzieren und auf jeden Fall eine langfristige Kooperationsvereinbarung zu erreichen, heute, zu diesem Zeitpunkt, scheint gescheitert zu sein, vorerst (1).

Was ist der Grund dafür? Da haben wir keinen Zweifel. Der Grund ist die unverantwortliche Haltung und der Mangel an politischem Willen auf Seiten der mächtigsten Nationen dieses Planeten. Niemand sollte sich beleidigt fühlen, ich verweise auf der großen José Gervasio Artigas, wenn ich sage: „Mit der Wahrheit beleidige ich weder noch fürchte ich sie.“ Aber tatsächlich ist es eine unverantwortliche Haltung, des Ausschlusses, auf eine elitäre Weise, gegenüber einem Problem, das eines von allen Menschen ist und dass wir nur gemeinsam lösen können.

Politischer Konservatismus und der Egoismus der großen Konsumenten, aus den reichsten Ländern, bedeuten ein hohes Maß an Teilnahmslosigkeit und Mangel an Solidarität mit den Ärmsten, mit den Hungernden, mit den Hauptbetroffenen von Krankheiten, von Naturkatastrophen, Herr Präsident. Es ist unerlässlich, einen neuen und gemeinsamen Vertrag zu treffen, zwischen absolut ungleichen Seiten, in Hinsicht auf die Größe ihrer Beiträge und ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Kapazitäten, und dass dieser Vertrag auf der unbeschränkten Anerkennung der in der [Kyoto-] Vereinbarung enthaltenen Prinzipien basiert.

Die entwickelten Länder sollten zu verbindlichen Kompromissen finden, klar und konkret, was eine wesentliche Verringerung ihrer Emissionen betrifft und Verantwortung für finanzielle und technische Hilfen für die ärmsten Länder übernehmen, um den zerstörerischen Gefahren des Klimawandels zu begegnen. In diesem Sinne sollte die einzigartige Stellung der Inselstaaten und der weniger entwickelten Länder allgemein anerkannt werden.

Herr Präsident, der Klimawandel ist nicht das einzige Problem, das heute die Menschheit betrifft. Andere Plagen und Ungerechtigkeiten bedrängen uns: Die Kluft, welche reiche und arme Länder trennt, hat nicht zu wachsen aufgehört, trotz aller Milleniumsziele, trotz des Finanzgipfels in Monterrey, all dieser Gipfel, wie der Präsident von Senegal hier feststellte, als er eine große Wahrheit aussprach: Uneingelöste Versprechen über Versprechen, während die Welt ihren zerstörerischen Weg fortsetzt.

Das Einkommen der reichsten 500 Individuen auf der Welt liegt zusammen über dem Gesamteinkommen der ärmsten 416 Millionen Menschen. Die 2, 8 Milliarden Menschen, die mit weniger als 2 Dollar am Tag in Armut leben, machen 40 Prozent der Weltbevölkerung aus. Sie erhalten nur fünf Prozent der der weltweiten Einkommen. Heute sterben im Jahr 9,2 Millionen Kinder, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichen und 99,9 Prozent dieser Toten fallen in den ärmsten Ländern an. Die Kindersterblichkeit liegt im Durchschnitt bei 47 Toten auf eintausend Lebendgeborene, aber nur bei 5 auf Tausend in den reichen Ländern. Die Lebenserwartung liegt weltweit bei 67 Jahren, in den reichen Ländern sind es 79 Jahre, während es in einigen armen Ländern nur 40 Jahre sind. Zusammengerechnet leben 1,1 Milliarden Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser, 2,6 Milliarden Menschen ohne Sanitärservice, mehr als 800 Millionen Analphabeten und 1,02 Milliarden Personen hungern. Das ist das Szenario der Welt.

Aber jetzt zu den Gründen? Was ist der Grund? Sprechen wir von den Gründen, weichen wir der Tiefe dieses Problems nicht aus. Der Grund ist ohne Zweifel – ich kehre zu diesem katastrophalen Thema zurück – das notwendigerweise zerstörerische System des Kapitals und seines fleischgewordenen Modells: Der Kapitalismus.

Ich habe hier ein Zitat, das ich Ihnen kurz vorlesen möchte, von diesem großen Befreiungstheologen, Leonardo Boff, wie wir wissen ein Brasilianer, aus unserem Amerika. Leonardo Boff sagt folgendes zum Thema: „Was ist der Grund? Ah, der Grund ist, Glück zu suchen durch die materielle Akkumulation und Fortschritt ohne Ende. Dafür werden Wissenschaft und Technik benutzt, um mit ihrer Hilfe unbegrenzt alle Vorkommen der Erde auszubeuten.“ Und er zitiert dafür Charles Darwin und seine „natürliche Auslese“, das Überleben der Stärksten. Aber wir wissen, dass die Stärksten in der Asche der Schwächsten überleben.

Jean-Jacques Rousseau, immer wieder sei daran erinnert, sagte dieses: Zwischen dem Stärksten und dem Schwachen wird die Freiheit zerdrückt. Deshalb spricht das Imperium von Freiheit, es ist die Freiheit zu unterdrücken, einzumarschieren, umzubringen, zu vernichten, auszubeuten. Darin besteht seine Freiheit und Rousseau prägte den sparsamen Satz: Nur das Gesetz befreit.

Es gibt einige Länder, die dabei sind, Spielchen zu spielen, damit hier kein Dokument zustande kommt, weil sie genau kein Gesetz wollen. Sie wollen keine Vorschrift, weil die Inexistenz dieser Norm es ihnen erlaubt, ihre ausbeuterische Freiheit auszuspielen, ihre überwältigende Freiheit. Strengen wir uns an und machen wir Druck, hier und auf den Straßen, damit hier eine Vereinbarung getroffen wird, damit ein Dokument zustande kommt, das die mächtigsten Länder der Erde in die Pflicht nimmt. [Beifall bei den Anwesenden]

Leonardo Boff stellt gute Fragen, Präsident, Haben Sie Boff kennengelernt? Ich weiß nicht, ob Leonardo kommen konnte. Ich habe ihn vor kurzem in Paraguay kennengelernt. Immer haben wir seine Texte gelesen: Kann eine begrenzte Erde ein unbegrenztes Projekt aushalten? Die Hypothese des Kapitalismus, die unbeschränkte Entwicklung, ist ein zerstörerisches Modell. Akzeptieren wir das! Danach fragt uns Boff: Was könnten wir von Kopenhagen erwarten? Gerade dieses einfache Eingeständnis: So wie es ist, können wir nicht weitermachen, und ein einfacher Vorschlag: Wir werden den Kurs wechseln, lass es uns tun, aber ohne Zynismus, ohne Lüge, ohne doppelte Agenda, ohne Dokumente, die nirgendwohin führen, mit der Wahrheit nach vorne.

Wie lange noch, fragen wir aus Venezuela uns, Herr Präsident, meine Damen und Herren, wie lange noch werden wir diese Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten zulassen; wie lange noch werden wir die aktuelle Weltwirtschaftsordnung und die geltenden Marktmechanismen tolerieren; wie lange noch werden wir erlauben, dass große Epidemien HIV-AIDS ganze Bevölkerungen ausrotten; wie lange noch werden wir es hinnehmen, dass die Hungernden sich weder selbst ernähren können, noch ihre Kinder versorgen können; wie lange wollen wir erlauben, dass Millionen Kinder an heilbaren Krankheiten sterben; wie lange wollen wir bewaffnete Konflikte hinnehmen, in denen Millionen unschuldiger Menschen massakriert werden, mit dem Ziel, dass die Mächtigen sich die Ressourcen anderer Völker aneignen.

„Beendet die Aggressionen und Kriege, die darauf abzielen, weiterhin die Welt zu dominieren und uns auszubeuten!“ Das fordern die Völker der Welt von den Imperien. Keine weiteren imperialen Militärstützpunkte, keine Staatsstreiche! Bauen wir eine gerechtere und ausgewogenere Sozial- und Wirtschaftsordnung, löschen wir die Armut aus, senken wir sofort den Spitzenausstoß an Schadstoffen, bremsen wir die Umweltzerstörung und vermeiden wir die große Katastrophe, die der Klimawechsel bedeutet, stellen wir uns hinter das uneigennützige Ziel, gemeinsam freier und solidarischer zu sein.

Herr Präsident, vor fast zwei Jahrhunderten lieferte ein universeller Venezolaner, der Befreier der Völker und Wegbereiter unseres Denkens, eine absichtsvolle Aussage: „Wenn die Natur sich uns entgegenstellt, kämpfen wir und sorgen dafür, dass sie uns gehorcht…“ Das war Simón Bolívar der Befreier. Aus Venezuela, wo uns an einem Tag wie heute, allerdings vor 10 Jahren, die größte Klimakatastrophe in unserer Geschichte ereilte: die Tragödie von Vargas, wie sie genannt wird, in Venezuela dessen Revolution eine größere Gerechtigkeit für seine gesamt Bevölkerung erreichen will.

Dies ist nur möglich über den Weg des Sozialismus. Der Sozialismus, ein anderes Gespenst, von dem Karl Marx sprach, das geht hier auch um, mehr als ein Gegen-Gespenst. Der Sozialismus, das ist die Richtung, um den Planeten zu schützen, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, und der Kapitalismus ist der Weg ins Verderben, zur Zerstörung der Welt. Der Sozialismus aus diesem Venezuela widersetzt sich den Drohungen des nordamerikanischen Imperiums.

Als die Ländern, mit denen wir das ALBA, die Bolivarianische Allianz, bilden, fordern wir, ich sage das mit Respekt, aber aus tiefster Seele, fordern wir – Simón Bolívar, den Befreier umschreibend – im Namen von Vielen auf diesem Planeten die Regierungen und Völker der Welt auf: Wenn der zerstörerische Charakter des Kapitalismus sich uns entgegenstellt, dann kämpfen wir gegen ihn und sorgen dafür, dass er uns gehorcht. Wir warten nicht mit vor der Brust verschränkten Armen den Tod der Menschheit ab.

Die Geschichte ruft uns zum Zusammenschluss und zum Kampf. Wenn sich der Kapitalismus widersetzt, sind wir gezwungen gegen ihn in den Kampf zu ziehen und Wege zum Schutz der Menschheit zu öffnen. Wir sind an der Reihe, wir erheben die Fahnen von Christus, von Muhammad, der Gleichheit, der Liebe, der Gerechtigkeit, des Humanismus – des tatsächlichen und grundlegenden Humanismus. Wenn wir das nicht tun, wird die wundervollste Schöpfung des Planeten – ein Mensch zu sein – verschwinden, sie wird verschwinden.

Dieser Planet ist tausende von Millionen Jahre alt, und dieser Planet lebte tausende von Millionen Jahre ohne uns – die menschliche Spezies, das heißt, zum Überleben wir werden ihm nicht fehlen. Jetzt sind wir, die wir ohne diesen Planeten nicht leben können, dabei die Mutter Erde [Pachamama] zu zerstören, wie Evo sagte, wie unsere Brüder, die Ureinwohner von Südamerika sagen.

Schließlich, Herrr Präsident, um schon zum Schluss zu kommen, hören wir auf Fidel Castro, wenn er sagt: Eine Gattung ist in Gefahr ausgerottet zu werden: der Mensch. Hören wir auf Rosa Luxemburg, wenn sie sagt: Sozialismus oder Barberei. Hören wir auf Christus, den Erlöser, wenn er sagt: Geseligt seien die Armen, denn sie werden die Könige im Himmelsreich. Herr Präsident, meine Damen und Herren, seien wir in der Lage, dafür zu sorgen, dass diese Erde die Menschheit nicht beerdigt, machen wir diese Erde zu einem Himmel, einem Himmel für das Leben, für den Frieden, einen Frieden in Brüderlichkeit für die gesamt Menschheit, für die Gattung Mensch. Herr Präsident, meine Damen und Herren, vielen Dank und Guten Appetit. [Beifall bei den Anwesenden]


  1. mit dem Ausspruch „por ahora“ (vorerst) wurde Chávez 1992 berühmt, als er die Verantwortung für das Scheitern eines von ihm geführten Militäraufstandes bekannt gab und ergänzte „…., vorerst.“

21. Dezember 2009 Posted by | International, Klimapolitik, Lateinamerika, News, Politik, Revolution, Sozialismus, Umweltpolitik, Venezuela | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Kapitalismus, Emissionshandel und Kopenhagen

von Adam Booth

29. November 2009

Vom 07. bis 18. Dezember 2009 werden sich Delegierte aus 192 Ländern in Kopenhagen treffen, um ein neues „gerechtes und bindendes Klimaschutzabkommen“ zu verabschieden. Die UN-Klimakonferenz in der dänischen Hauptstadt (COP15) soll das Kyoto-Protokoll ab 2012 erweitern.

Abkommen zum weltweiten Klimawandel, wie das Kyoto-Protokoll, basieren auf der Annahme, dass der Markt die Probleme des Klimawandels lösen kann, wenn die richtigen Verordnungen und Anreize vorhanden sind. Grundlage des Kyoto-Vertrags war der so genannte „Clean Development Mechanism“ (CDM), der es Ländern ermöglicht Kohlendioxidemissionen als Ware zu betrachten, mit der man wie mit jeder anderen Ware Handel treiben kann. Den Ländern werden CO2-Höchstgrenzen vorgegeben, die sie einzuhalten haben, jedoch kann jedes Land, das diese Grenzen überschreitet, Emissionszertifikate von einem Land kaufen, das unter seinen Grenzwerten bleibt.

Dieses „Cap-and-Trade (Beschränken und Handeln)-Prinzip existiert bereits seit einiger Zeit auf verschiedene Art und Weise und hat sich bestenfalls als ineffektiv, schlimmstenfalls als extrem schädlich erwiesen. Das Modell Reducing Emissions from Deforestation and Degradation ( REDD) macht es reichen Industriestaaten möglich ihre Grenzwerte zu überschreiten, indem sie ärmere, waldreiche Länder dafür bezahlen, dass diese weniger Wälder abholzen. In vielen Fällen ist daraus eine neue Form von an Bedingungen geknüpfter bilateraler Hilfe geworden, welche The Economist als „Washington-Baum-Consensus“ (1) bezeichnet, mit einer Reihe bewährter baumbezogener politisch-ökonomischer Rezepte.

Cap-and-Trade

Die EU hat ebenfalls ein Cap-and-Trade-System aufgebaut, das besser bekannt ist als Emissionszertifikatehandel. Dieses wurde geschaffen, um CO2-Emissionen mit einem Preis zu belegen, um die Industrie zu ermutigen in CO2-arme Technologien zu investieren. Auf Druck der Großunternehmen befreite die EU jedoch Firmen, die große Mengen CO2 ausstoßen, wie die Luftfahrt, vom Emissionszertifikatehandel und schuf einen großen Überschuss an CO2-Zertifikaten, der zu einem Preisverfall bei den Zertifikaten und zu einer Fortsetzung der bisherigen Praxis führte. Andrew Simms, Direktor der New Economics Foundation beschrieb diese  Situation perfekt: “ Der Emissionszertifikatehandel gab ursprünglich mehr Zertifikate aus als Schadstoffemissionen vorhanden waren und jetzt während der Rezession werden Emissionen gehandelt, die gar nicht existieren – so genannte heiße Luft.“

Die USA sind das jüngste Land, das versucht das CO2-Handelssystem einzuführen, aber dieses Mal ist es dem Großkapital gelungen, frühzeitig einen Fuß in die Tür zu bekommen, in dem es den Senatoren „Spenden“ zukommen lässt, um dafür als Gegenleistung ein verwässertes Cap-and-Trade-Gesetz zu erhalten. Als Ergebnis enthält der jüngste Gesetzesvorschlag, der durch den Senat geht, Subventionen für die Nuklearindustrie, zusätzliche Unterstützung für die US-amerikanische Öl- und Gasindustrie (unter dem Deckmantel der „Energiesicherheit“) und eine mögliche „Grenzsteuer“ auf Waren aus Ländern mit laschen Umweltstandards – hauptsächlich eine CO2-Zollgebühr.

Das International Institute for Environment and Development, eine britische Ideenfabrik, behauptet, der weltweite CO2-Markt könnte einen Wert von 118 Milliarden Dollar haben, während andere schätzen, der CO2-Handel sei mehrere Billiarden Dollar wert. Wie die meisten anderen Transaktionen im Finanzsektor handelt es sich beim CO2-Handel um – wie Marx es nannte – „fiktives Kapital“ – Kapital ohne reellen Wert, das nur dazu dient Vermögensblasen zu schaffen, die den Bankern und Devisenhändlern zeitweilig helfen, ordentliche Profite zu machen. New Scientist (2) berichtet dazu: „Die Möglichkeit mit dem Kauf und Verkauf von Emissionszertifikaten Profite zu machen, hat eine ganze Reihe von Spekulanten, Hedgefonds, Zertifikathändler und komplexe Finanzinstrumente ermutigt in Aktion zu treten.(…) Wenn wir schon den Finanzexperten bei einfachen Dingen wie dem Immobilienmarkt nicht trauen, wie sollen wir uns dann vorstellen, dass sie bei der Kontrolle der weltweiten Umweltverschmutzung Erfolg haben?“  In einem Artikel mit der Überschrift „Eine gefährliche Zwangsvorstellung“ kommt die britische Umweltorganisation „Friends of the Earth“ zu der Feststellung: „Die Komplexität des CO2-Marktes und das Engagement von Finanzspekulanten und komplizierten Finanzprodukten, beinhaltet das Risiko, dass der CO2-Handel sich zu einer spekulativen Warenblase entwickelt, welche zu einem weltweiten finanziellen Fiasko werden könnte, das in seinem Ausmaß und seinem Wesen der letzten Finanzkrise ähnelt.

Obwohl New Scientist als auch die „Friends of the Earth“ die Mängel beim CO2-Handel korrekt beschreiben, so sind sie keine revolutionären Organisationen und beide verweisen auf „Regulierungen“ und „Interventionen“ seitens der Regierung als Lösung für den Klimawandel. Die britische Regierung hat jedoch bisher keinen Willen zur Regulierung und Intervention gezeigt und wird dies auch nicht tun, solange sie das Großkapital unterstützt. Die Regierung verstaatlichte die Banken, um die Banker zu schützen und nicht als direkte Investition in umweltfreundliche Technologien, so wurden z.B. 20% des BIP Britanniens ausgegeben, um den Finanzsektor zu stützen, im Vergleich dazu nur 0,0083% als ökologische Anreize. Anstatt wichtige Industrien, wie das Kartell der Energiekonzerne, zu regulieren, die Riesenprofite durch den Verkauf von Strom und Gas zu überhöhten Preisen erwirtschaften, hat die Regierung beschlossen diese Märkte weiter zu liberalisieren.

CO2-Steuern

Friends of the Earth und andere Umweltorganisationen propagieren eine CO2-Steuer, um die Emissionen zu reduzieren. Wir Sozialisten lehnen einen solchen Vorschlag ab, da es sich bei der CO2-Steuer um eine regressive Steuer handeln würde, welche die Energiepreise für die Arbeitslosen, die Rentner und die sozial Schwachen, die jetzt schon bis zu 19% ihres Einkommens für Energiekosten ausgeben, in die Höhe treiben würde.

Es ist klar, dass der Klimawandel  eine große Gefahr für den Planeten und die Menschheit bedeutet. Laut dem letzten Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaveränderungen (IPCC) „ist es zu mehr als 90% wahrscheinlich, dass der Mensch für den gegenwärtigen Klimawandel verantwortlich ist“. Wir Sozialisten sollten jedoch klarstellen, dass wie alle Ungleichheiten, die vom Kapitalismus geschaffen wurden, auch der Klimawandel durch eine reiche Minderheit verursacht wurde und die arme Mehrheit der Weltbevölkerung schädigt. Die Entwicklungsländer werden weltweit durch den Klimawandel durch Überschwemmungen, Dürre und Krankheiten stärker in Mitleidenschaft gezogen, während in den reicheren Ländern die schwächsten Gruppen der Bevölkerung, wie die Arbeitslosen, Rentner und die sozial Schwachen, die nicht in Lage sind, in kälteren Perioden, die Folgen des Klimawandels sind, z. B. durch das Versiegen des Golfstroms,  ihre Häuser heizen können.

Viele Politiker und Umweltschützer in der ganzen Welt setzen große Hoffnungen in die Kopenhagener Gespräche und sehen einen Weltklimavertrag als einzige Lösung für den Klimawandel. Die meisten Menschen haben jedoch die Hoffnung aufgegeben, dass es in Kopenhagen zu einem Vertrag kommt, und prophezeien, dass die Gespräche wegen der Widersprüche zwischen den Forderungen der reichen Länder, wie der USA, und denen der Entwicklungsländern, wie China und Indien, scheitern werden. Sie haben aber erkannt, dass das Problem mit den Klimaverträgen wesentlich tiefer liegt und seine Ursachen in den inneren Widersprüchen des Kapitalismus hat.

Ein Profitsystem

Beim Kapitalismus handelt es sich um ein System, bei dem es einzig und allein um kurzfristige Profite geht und Werten wie der Umwelt und dem Planeten keine Bedeutung zugemessen wird. Der Klimawandel ist ein langfristiges Problem, das nicht durch marktwirtschaftliche Lösungen, wie den CO2-Handel gelöst werden kann oder durch Regierungen, wie New Labour, die an den Kapitalismus glauben. Wenn man den Kapitalismus akzeptiert, muss die Logik des Kapitalismus akzeptieren. Diese Logik besagt, dass man den Kapitalismus nicht regulieren und versuchen kann eine grünere, sozialere Version des System zu schaffen. Jeder Versuch, den Schaden, den der Kapitalismus auf diesem Planeten verursacht, einzudämmen, wird auf unvermeidliche Weise den Profit schmälern und deshalb für das kapitalistische System nicht akzeptabel sein. Wenn man aus Kohlendioxid eine Ware macht, wird die Umwelt der gleichen Anarchie des Marktes unterworfen, welche die jüngste tiefe Rezession und alle vorherigen verursacht hat.

Der Klimawandel kann nur im Sozialismus gelöst werden, in einem System, das  entsprechend den Bedürfnissen der Menschen und des Planeten demokratisch geplant wird und die Verstaatlichung der wichtigsten Wirtschafts- und Industriesektoren, wie die Banken, die Energiewirtschaft und das Transportwesen, unter Arbeiterkontrolle beinhaltet. Der Klimawandel ist ein internationales Problem und der internationale Sozialismus die einzige Lösung.

(1) Der Begriff Washington Consensus bezeichnet eine Anzahl von wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die Regierungen zur Förderung von wirtschaftlicher Stabilität und Wachstum durchführen sollten. Das Konzept wird von IWF und Weltbank propagiert und gefördert.

(2) New Scientist ist eine wöchentlich erscheinende britische poulärwissenschaftliche Fachzeitschrift

Quelle: www.derfunke.de Übersetzung: Tony Kofoet

20. Dezember 2009 Posted by | International, Klimapolitik, News, Politik, Sozialismus, Umweltpolitik | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

„Floppenhagen“: Das Scheitern des Klimagipfels – Wie geht es weiter?

Fredrik Ohsten

18.12.09

Das  dramatische Scheitern der Gespräche beim Klimagipfel in Kopenhagen ist ein gutes Beispiel um eins hervorzuheben: Die kapitalistischen Regierungen dieser Welt können solche brennenden Fragen, wie die Zerstörung der Umwelt, die durch die Anarchie des Marktes verursacht wurde, nicht lösen. Der Hunger nach Profit steht in einem direkten Widerspruch zu den Interessen der ArbeiterInnenklasse weltweit. Die soziale Revolution im globalen Maßstab ist die einzige Antwort auf das Problem.

Der UN-Klimagipfel in Kopenhagen endete in einem totalen Chaos. Die dänische Präsidentschaft bei der Konferenz hat einfach aufgegeben und das Handtuch geworfen. Das hat jedoch nicht überrascht und kein anderes Ergebnis war zu erwarten. Der Kapitalismus ist von seinem Wesen her nicht in der Lage, mit einem solchen weltweiten Problem fertigzuwerden, besonders wenn wir die enormen entgegengesetzten Interessen der Kapitalisten im globalen Maßstab und die riesige Last der gegenwärtigen Wirtschaftskrise in Betracht ziehen. Delegierte des Gipfels beschrieben die Lage als „verwirrend“ und „verzweifelt“.

Die armen Länder forderten, dass die entwickelten kapitalistischen Länder fünf Prozent ihres BIP für Klimaschutzmaßnahmen ausgeben. Das Problem aber ist, dass diese Länder riesige Geldsummen ausgegeben haben, um ihre zusammenbrechenden Banksysteme zu retten und deshalb schwer verschuldet sind. Als Folge kämpfen die Regierungen überall darum, die öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Die weltweite Krise des Kapitalismus erlaubt es ihnen nicht einmal die Ausgaben auf dem Niveau der letzten Jahre zu belassen. Wie sollen sie nun in der Lage sein, finanzielle Mittel für klimafreundliche Maßnahmen abzuzweigen?

Wir wollen auf diese Frage eins klarstellen: Die Ressourcen, der Wohlstand, die Arbeitskräfte, die Wissenschaft und die Technologie existieren nicht, um die vom Kapitalismus verursachten Umweltschäden  auf diesem Planeten zu bekämpfen. Das Problem ist, dass diese Ressourcen zum Vorteil der Reichen genutzt werden, die nicht bereit sind, Profitkürzungen hinzunehmen. Die Wahrheit ist, wie Hugo Chávez es in seiner Rede ausdrückte, dass “ der Kapitalismus, das Modell der zerstörerischen Entwicklung, dabei ist das Leben zunichte zu machen, er droht die Gattung Mensch endgültig zu vernichten. „.

Die kapitalistische Krise

Alle entwickelten kapitalistischen Länder sitzen in der Tinte. Bis jetzt ist es ihnen gelungen einen Zusammenbruch wie während der Wirtschaftskrise von 1929 zu verhindern. Der Preis dafür ist eine hohe Staatsverschuldung. Der deutsche Finanzminister Schäuble erklärte am Mittwoch, laut der Financial Times,  dass die Kontrolle des steigenden Haushaltsdefizits nicht „mit den konventionellen Instrumenten zu erreichen ist“. Mit anderen Worten bedeutet das, dass sie einen brutalen Klassenkrieg gegen die ArbeiterInnenklasse führen werden, um den deutschen Kapitalismus aus der Krise zu befreien. Die Kapitalisten in der BRD und anderen Ländern werden alles daran geben, Kürzungen bei den Renten, der Bildung, im Gesundheitswesen und in anderen Bereichen, die Bestandteil einer Zivilgesellschaft sein sollten, durchzusetzen

Wie kann man dann noch erwarten, dass sie sich um die Klimaveränderung und Katastrophen in ärmeren Ländern Sorgen machen?  Diese Probleme werden in Wahrheit niemals im Kapitalismus gelöst.

Der bolivianische Präsident Evo Morales gab dem Kapitalismus eindeutig die Schuld für die Klimaprobleme: „Die wirkliche Ursache für den Klimawandel ist das kapitalistische System. Wenn wir die Erde retten wollen, müssen wir dieses Wirtschaftssystem beenden. Der Kapitalismus will den Klimawandel mit Karbonmärkten bekämpfen. Wir prangern diese Märkte und die Länder, welche diese fördern,  an. Es ist an der Zeit, aufzuhören Geld mit der Schande zu verdienen, die sie selbst angerichtet haben.“ Hugo Chávez verurteilte das kapitalistische System in seiner Rede und sagte, es gäbe nur eine Alternative, den Sozialismus. Er fügte hinzu: „Wäre das Klima eine Bank, dann wäre es schon gerettet worden.“

Die enorme Anhäufung von Widersprüchen führte schließlich dazu, dass die dänische Präsidentschaft einfach aufgab und danach erklärte, dass es auf diesem Gipfel zu keinem wirklichen Klimaabkommen komme. Die Vertreter der entwickelten kapitalistischen Länder hatten die Lage vollkommen falsch eingeschätzt. Sie hatten angenommen, sie könnten das übliche Abkommen treffen, ohne dass sich etwas ändert und dieses als großen Schritt nach vorne präsentieren. Aber nicht einmal das ist ihnen gelungen. Das Wall Street Journal kommentierte dies am Freitag:

„Jegliches Abkommen wird erwartet, am besten aber eines,das Emissionsreduzierungen bei den reichen Nationen vorsieht und zusätzliche Milliarden, um den armen Ländern zu helfen, ohne aber ein rechtsgültiges Abkommen zu erzielen. Die politische Übereinkunft würde von vielen als Rückschlag betrachtet, nachdem zwei Jahre lang intensiv verhandelt wurde , um sich auf die Reduzierung der Kohlendioxidemissionen, die in erster Linie für die globale Erwärmung verantwortlich sind, zu einigen.“

Repression

Der Gipfel in Kopenhagen sorgte weltweit auch wegen der Repressionsmaßnahmen der Polizei auf den Straßen für Schlagzeilen. Am 12. Dezember bewegte sich eine Menschenflut durch Kopenhagen. Diese Demonstration mit über 100.000 Teilnehmern war ein Protest gegen die vom Kapitalismus verursachte Zerstörung unseres Planeten. Die Polizei ging bei dieser, wie auch bei anderen Demonstration brutal gegen die Protestierenden vor. Alle, die geglaubt hatten, die skandinavischen Ländern seien nette, friedliche und harmonische Gesellschaften, müssen dies überdenken, nachdem sie miterleben konnten, wie Hunderte Jugendliche eingekreist und wie Tiere zusammengepfercht wurden.

Vom 11. bis zum 13. Dezember machte die Polizei 133 „Präventiv-Festnahmen“, erhob aber anschließend nur gegen vier Demonstranten Anklage, was beweist, dass es sich bei den übrigen Festnahmen um reine Willkürmaßnahmen handelte. Es waren eindeutig Polizeistaatsmethoden mit dem Ziel, die Jugendlichen und die Arbeiterklasse einzuschüchtern, den Kopf zu senken und die Angriffe auf den Lebensstandard und andere kapitalistische Maßnahmen zu akzeptieren. Die Polizei hatte sogar an alle 14 – 15jährigen SchülerInnen in Kopenhagen Postkarten verteilt, um diese vor einer Teilnahme an den Demonstrationen zu warnen.

In seiner Rede beim Gipfel verurteilte Präsident Chávez diese Unterdrückungsmaßnahmen, spendete den DemonstrantInnen Applaus und hob einen Slogan besonders hervor: „Lasst uns nicht das Klima ändern – Lasst uns das System ändern!“. Er betonte, dass die sozialistische Umwandlung der Gesellschaft die einzige Alternative zum Kapitalismus sei. „Unsere Revolution strebt nach Gerechtigkeit für alle Menschen. Dieser Pfad ist der Sozialismus. Der Kapitalismus ist die Straße in Richtung Hölle. Die Geschichte ruft uns zum Kampf.“

Der Konflikt zwischen den USA und China

Die USA haben gefordert, dass China seine Emissionen zu reduziert und „einem umfassenderen Abkommen zustimmt, welches die Transparenz chinesischer Maßnahmen zur Begrenzung von Treibhausgasen beinhaltet“, wie das Wall Street Journal erklärte. Was bedeutet das?  Es handelt sich einfach nur um einen schlecht getarnten protektionistischen Schritt seitens des US-Imperialismus und bedeutet, dass die USA darauf bestehen, dass China aufhören muss, den Weltmarkt mit billigen Waren zu überfluten, welche die amerikanischen Kapitalisten vom Markt drängen. Weiterhin wollen sie, dass China seine Grenzen für Spione öffnet. Die chinesischen Führer haben natürlich kein Interesse, ein solches Abkommen zu unterzeichnen, im Gegenteil, sie bestehen darauf, dass ihre „freiwilligen Emissionsziele“ nicht verhandelbar sind.

Die diplomatische Konfrontation zwischen China und den USA hat nichts mit CO2-Emissionen und dem Klimawechsel zu tun, sondern mit Profiten und dem Schutz von Märkten. Aus diesem Grund kommt auch nicht zu einer echten Übereinkunft. Sie können politische Stellungnahmen in schöne Wörter verpacken, ohne konkrete Versprechen abzugeben – und diese Versprechen werden sowieso gebrochen. So funktioniert die kapitalistische Diplomatie.

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat tatsächlich die Bedrohung durch den Protektionismus verschlimmert. Überall versuchen Regierungen die Arbeitslosigkeit zu exportieren, indem sie importierte Waren mit Zöllen belegen, um ihre einheimischen Kapitalisten zu subventionieren. Die verschiedenen kapitalistischen Mächte versuchen verzweifelt, die Märkte ihrer Mitbewerber zu erobern, während sie ihre eigenen schützen. Dies widerspiegelt sich auch in den Widersprüchen zwischen Ländern wie China und den USA, aber auch zwischen anderen kapitalistischen Mächten, so z.B. zwischen der EU und den USA.

Ein Plan ist notwendig

Während die USA und die EU 4,1 Billionen US-Dollar ausgeben, um die Banken zu retten, bieten sie Peanuts für ein Programm zum Klimawechsel an. Während die USA 3,6 Milliarden Dollar ausgeben, um arme Menschen in Afghanistan zu töten, sind 12% der US-amerikanischen Bevölkerung von Lebensmittelmarken abhängig, um zu überleben. Das Gesamteinkommen der 500 reichsten Menschen in der Welt ist größer als das der 450 Millionen ärmsten, die von zwei Dollar am Tag leben müssen. Der Kapitalismus bedeutet im 21. Jahrhundert für die große Mehrheit der Weltbevölkerung ein Schrecken ohne Ende. Die weitere Existenz des Kapitalismus ist eine tödliche Bedrohung für Millionen Menschen weltweit.

Auf einer öffentlichen Versammlung mit 3000 Teilnehmern in Kopenhagen, die von verschiedenen Gewerkschaften, politischen Organisationen und Solidaritätsgruppen, einschließlich ‚Hände weg von Venezuela‘, organisiert wurde, betonte Präsident Hugo Chávez zutreffend, dass eine sozialistische Revolution die einzige Lösung für die Probleme der Menschheit sei. Er betonte die Notwendigkeit für eine sozialistische Revolution und wiederholte seinen Vorschlag für eine Fünfte Internationale. Wenn Chávez seine Worte in Venezuela in die Tat umsetzen würde und mit dem Prozess der sozialistischen Umwandlung, d. h. mit der Enteignung des Eigentums der einheimischen Oligarchie und der Imperialisten, beginnen würde, bedeutete das den Beginn der Revolution in ganz Lateinamerika, welche wiederum einen großen Einfluss auf den Klassenkampf weltweit hätte.

Es ist Fakt, dass es niemals auf der Grundlage kapitalistischer Produktionsverhältnisse zu einer Lösung von Klimaproblemen, Hunger, Krankheiten, Analphabetismus, Arbeitslosigkeit, Kriegen und Hunger kommen wird. Die weitere Existenz des Kapitalismus wird diese Probleme in den nächsten Jahren noch verschlimmern. Man kann den Kapitalismus nicht von innen reformieren, er muss durch die bewussten Aktionen der ArbeiterInnenklasse gestürzt werden.  Nur die Arbeiterklasse, die Klasse welche die Zukunft repräsentiert, kann echte Veränderungen und eine sozialistische Umwandlung der Gesellschaft umsetzen, wenn sie für einen revolutionären Marxismus in der Arbeiterbewegung weltweit kämpft.

Das Scheitern der Kopenhagener Gipfels ist ein weiterer Beweis für die ernsthafte Krise, in der wir uns befinden. Aber dieses Scheitern wird einen Zweck erfüllen: Es wird die Augen vieler ArbeiterInnen und Jugendlichen öffnen, welche die Illusion hatten, das solche Gipfel die gravierenden Probleme, mit den wir konfrontiert werden, lösen können. Das Scheitern des Gipfels stärkt z. B. uns MarxistInnen, die wir behaupten, dass zur Rettung des Planeten, das bestehende Wirtschaftssystem – der Kapitalismus – als Ursache des Problems abgeschafft werden muss.

Quelle: www.marxist.com Übersetzung: Tony Kofoet

20. Dezember 2009 Posted by | Bolivien, Klimapolitik, News, Politik, Sozialismus, Umweltpolitik, Venezuela | , , , , , , , | 1 Kommentar