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Linkes Blog aus Ostfriesland

Esterwegen: Gedenkkundgebung zum Befreiungstag

Befreiung – Bevrijding
Die durch DIE LINKE wieder angestoßene Diskussion, den 8. Mai als ‚Tag der Befreiung‘ zu einem nationalen Feiertag zu machen, war längst überfällig, denn immer noch möchten viele PolitikerInnen aus dem konservativen und rechten Spektrum diesen Tag als ‚Tag der Kapitulation‘ begreifen und am liebsten totschweigen.
Die ‚Deutsch-Niederländische Initiative 8. Mai‘ veranstaltet seit 1985 auf dem Friedhof des ehemaligen KZ Esterwegen ihre jährliche Kundgebung, um unter dem Motto „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“ der Befreiung zu gedenken. Auch in diesem Jahr nahmen ca. 200 Menschen, unter anderem auch viele junge AntifaschistInnen aus dem Weser-Ems-Raum, an der Veranstaltung teil.
Der deutsche Redner Kurt Buck, Leiter des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Emslandlager, beschrieb mit Hilfe von Tagebuchaufzeichnungen polnischer und italienischer Häftlinge der Moorlager, wie diese die letzten Kriegstage und ihre anschließende Befreiung empfanden.
In seinem 2005 in Italien veröffentlichten Tagebuch erinnert sich z. B. der italienische Hauptmann Tommaso A. Melisurgo an seine Befreiung im Lager Groß Hesepe. In seinem Tagebuch schrieb er:
„Gross, Hesepe, 5.April, Donnerstag
Wenige Kilometer von meinem Gefangenenlager Gross Hesepe, das sich etwa 12 bis 15 Kilometer von der holländischen Grenze entfernt befindet, in dieser verfluchten deutschen Erde, in südöstlicher Richtung von hier, ist seit heute Morgen eine Schlacht im Gange zwischen den Panzern der kanadischen Kräfte , die auf der linken Seite der Ems operieren, und deutschen Einheiten der Nachhut, zusammengesetzt zum großen Teil aus SS, die sich Richtung Meppen zurückziehen. Die Maschinengewehre singen im Chor mit den Kanonen…
Im Lager herrscht große Aufregung unter den Gefangenen: im Gesicht jedes Einzelnen ist klar die Sicherheit zu lesen, dass die Befreiung nah ist… , es handelt sich um Stunden.
Inzwischen ist die Situation der Deutschen kritisch. Der Hauptmann und die deutschen Wächter haben ihre Wachposten rund um das Lager aufgegeben und stehen in der Nähe des Ausgangs.
Plötzlich verlassen sie das Lager, um ihre Kameraden auf dem Rückzug einzuholen. Es ist 18 Uhr: Die Kerkermeister sind weg. Nun sind wir frei.
Ich bin frei! Alle freuen sich… Eine regelrechte Explosion der Freude bricht aus allen Herzen. Man sieht rührende Szenen: sie umarmen sich, sie tauschen Glückwünsche füreinander und für ihre Familien aus…“
Buck beschrieb auch die Versuche der Evakuierung der Emslandlager vor der Befreiung durch kanadische, britische oder polnische Truppen, bei denen Hunderte Insassen kurz vor ihrer Befreiung getötet wurden. Im Lager Aschendorfermoor mussten die Gefangenen in den letzten Tagen vor Ankunft der alliierten Truppen miterleben, wie ca. 150 bis heute namentlich unbekannte Gefangene Opfer des angeblichen Hauptmanns Willi Herold und seiner Helfershelfer wurden, die wahllos Lagerinsassen ermordeten. Als englische Bomber zur Ausschaltung der um das Lager herum aufgebauten deutschen Flakstellungen das Lager mit Brandbomben bewarfen, starben weitere ca. 50 Gefangene an dem Tag, als die Wachmannschaften das Lager verlassen hatten und die Gefangenen befreit waren.
Abschließend erklärte Buck: „Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Das Erinnern an die Geschehnisse, an den Völkermord und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit bedeuten auch Verständnis und Toleranz zwischen den Völkern aufzubauen. Gedenken trägt zur Menschlichkeit, zur Achtung der Menschenrechte und zur Opposition gegen den Krieg bei. Wer heute den Krieg als Mittel zur Konfliktlösung verwendet, hat nicht aus der Vergangenheit gelernt.“

Die niederländische Juristin Carla van Os arbeitet für Defence for Children International in den Niederlanden. Sie verglich die Situation der MigrantInnen ohne gültige Ausweispapiere (Sans papiers) mit der deutscher Flüchtlinge Ende der 30er Jahre in den Niederlanden. Während in Deutschland der Faschismus wütete und viele Antifaschisten und Juden illegal über die Grenze nach Holland flohen, hatte die niederländische Regierung unter Colijn nichts Besseres zu tun, als diese Menschen aufzugreifen und sie nach Deutschland zurückzubringen. Heute leben in unserem Nachbarland viele MigrantInnen, die ebenfalls von der Polizei gejagt werden und am Rande der Gesellschaft ein menschenunwürdiges Leben führen. Van Os zitierte in ihrer Rede mehrmals den späteren UN-Flüchtlingskommissar Van Heuven Goedhart, einem der schärfsten Kritiker der Ausweisung von Flüchtlingen in 1930ern, und zeigte die Aktualität seiner Schriften auf.
Carla van Os ging auch auf den aktuellen Anti-Islamismus in ihrem Land ein und berichtete von einem Gespräch mit Hajo Meyer, einem deutschen Juden, der während des Faschismus in die Niederlande floh und sich heute für die Rechte der Palästinenser einsetzt. Meyer sagte ihr: „Wenn ich heute höre, wie hier über die Muslime gesprochen wird, erinnert mich das auf das Schrecklichste an die Weimarer Republik und die Anfangsjahre Hitlers. Ersetze ‚Muslime‘ durch ‚Juden‘ und es wird deutlich, dass das so nicht sein darf.“
Zum Abschluss ihrer Rede sagte van Os: „In der jetzigen Wirtschaftskrise, in der MigrantInnen als Problem empfunden werden und zu Sündenböcken gemacht werden, dürfen wir nicht schweigen. Gedenkveranstaltungen wie die heutige sind wichtig, um vor jeglicher Ausschlussrhetorik zu warnen und sich dagegen zur Wehr zu setzen. Das ist unsere Aufgabe heute – und morgen.“

Wie in den vergangenen Jahren sprach der mittlerweile 95jährige Ehrenvorsitzende der VVN-BdA Sachsen, Hans Lauter, zu den Teilnehmern. Er war, nachdem er 1935 von der Gestapo in Chemnitz verhaftet worden war, zehn Jahre inhaftiert, davon zwei Jahre in den Emslandlagern Walchum, Esterwegen und Aschendorfermoor. Lauter erklärte, er habe die ‚Hölle im Moor‘ nur durch die Solidarität der Gefangenen unbeschadet überstanden. „Das Zusammengehörigkeitsgefühl, die gegenseitige Hilfe und Unterstützung hat uns das Überleben ermöglicht.“  Er forderte die Lehren aus den Emslandlagern an die folgenden Generationen weiterzugeben, um auch zukünftig ein Leben in Frieden, Demokratie und Gleichberechtigung führen zu können.

Die Veranstaltung wurde vom Papenburger Duo Rita und Paul mit antifaschistischen und Antikriegsliedern würdevoll umrahmt.

Tony Kofoet

12. Mai 2010 Posted by | Antifaschismus, Deutschland, Emsland, Landkreis Leer, Ostfriesland, Politik | , , | Hinterlasse einen Kommentar

Gedenkkundgebung zum 8. Mai auf dem Friedhof des ehem. KZ Esterwegen

Befreiung

An die Befreiung des Lagers Fullen im April 1945 erinnert sich Umberto
Olombardi:

„Die Freiheit erreichte uns plötzlich am 5. April. (…) Sie sind nicht
mehr da, sie sind weg – raunte mir einer zu, der fast die ganze Tür
ausfüllte, um mich zurückzuhalten. (…) Die Wachtürme an den Ecken
waren leer und verlassen. Entlang des Zaunes Leere und Stille. Nur wer
monatelang auf den Türmen des Lagers das kalte deutsche Gesicht unter
dem Helm gesehen hatte und den dunklen Lauf des auf uns gerichteten
Maschinengewehrs, kann begreifen, warum ich in dem Moment Angst hatte.
Ja, sie waren überstürzt abgehauen. (…)

Drei Tage blieben wir freiwillig im Lager, ohne jemanden zu sehen. (…)
Am Morgen des vierten Tages stand ich mit Bertoli am Waschbecken und
reinigte den Napf, als ich ein großes Stimmengewirr hörte. (…) Wir
stellten schlagartig die Blechnäpfe ab und rannten aus der Baracke.
(…) Dort auf dem Platz waren drei Panzerspähwagen zwischen den
grau-grünen Lumpen einer verrückt gewordenen Menge. (…) Von den Wagen
herunter schauten uns drei kanadische Soldaten verwundert an“

(aus: Die Brücke, Nr. 4-5, 1955, abgedruckt in: Nel cinquantenario della
liberazione 1945-1995, hrsg. v. A.N.E.I, Rom 1995).

13. April 2010 Posted by | Deutschland, Emsland, Niedersachsen, Ostfriesland | , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Meyer-Werft: Wie geht es weiter nach 2012?

Diskussionsvorlage: DIE LINKE KV Leer
Nachdem Mitte der 1970er das Werftensterben in der BRD begann und anschließend viele namhafte Werften, wie Vulkan und AG Weser in Bremen oder HDW in Hamburg, ihre Produktion einstellten, suchte sich die Papenburger Meyer-Werft eine Marktnische mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen.
Bis zu Beginn der aktuellen weltweiten Rezession gelang es Meyer in Europa eine führende Position beim Bau dieser Schiffe einzunehmen. Einzig und allein die geographische Lage im Binnenland macht es unmöglich, die weltgrößten Kreuzfahrtschiffe in Papenburg zu produzieren.

Für die Region Emsland-Ostfriesland ist Meyer neben VW einer der größten Arbeitgeber. Auf der Werft sind ca. 2500 Menschen direkt beschäftigt, dazu kommen weitere 2000, die für in- und ausländische externe Firmen arbeiten. Zu Beginn des Jahres 2003 kam Meyer in die Schlagzeilen als angekündigt wurde, im Laufe des Jahres über 500 Beschäftigte zu entlassen, „um die Werft auf die Marktanforderungen einzustellen“, wie es Geschäftsführer Wilker ausdrückte, den Werftbesitzer Meyer erst kurz zuvor eingestellt hatte und dem der Ruf des „eiskalten Rationalisierers“ aus seinen Zeiten bei der Howaldtswerft in Hamburg vorausging. Für viele Meyer-ArbeiterInnen war damit die Illusion vom Familienbetrieb Meyer über Nacht zerstört worden. Sie mussten erkennen, dass es sich bei „ihrer“ Werft auch nur um einen Betrieb handelt, der nach kapitalistischen Grundsätzen arbeitet. Die meisten ehemaligen Meyer-Beschäftigten landeten in einer so genannten Transfergesellschaft, in der sie für ein Jahr lang weiter arbeiten konnten. Die Rolle der IG Metall und ihres Bevollmächtigten, dem späteren SPD-MdB Clemens Bollen, war typisch sozialpartnerschaftlich. Anstatt gegen die beschlossenen Maßnahmen mit Arbeitsniederlegungen vorzugehen, wurden die KollegInnen aufgefordert sich ruhig zu verhalten und auf die Transfergesellschaft vertröstet. Noch schlimmer verhielt sich der damalige Betriebsratsvorsitzende Helmut Plöger (SPD), der die Entlassungen als unumgänglich bezeichnete und es als richtig empfand, dass die Entlassenen nach Erhalt ihrer Kündigungen sofort die Werft verlassen mussten, ohne noch einmal an ihren ehemaligen Arbeitsplatz zurückkehren und zumindest ihren Spind leeren zu können.
In den Jahren 2004 bis 2009 investierte Meyer u.a. in den Bau einer neuen Halle, in der mit neuester Lasertechnologie für die Stahlvorfertigung gearbeitet wird. „Mit einer Laser-Leistung von 104 Kilowatt gehört dieses Unternehmen zu einem der größten Laserzentren in Europa. Eine konsequente Serienfertigung im Stahlbau mit klar definierten Planungs- und Fertigungsprozessen und der Einsatz neuester Laser und Automatisierungstechniken machen das Unternehmen zu einem High-Tech-Betrieb. Die Optimierung der Arbeitsprozesse im Laserzentrum wird von der Firma Porsche Consulting begleitet. Die Anzahl der Mitarbeiter im neuen Laserzentrum wird sich im nächsten Jahr von derzeit 160 auf etwa 250 Mitarbeiter erhöhen.“  (19.Dezember 2008)
Der Bau von zwei Kreuzfahrtschiffen pro Jahr ist bis in das Jahr 2012 gesichert. Was danach kommt steht in den Sternen. Ursache für diese Situation ist die weltweite Rezession, welche u.a. den gesamten Transportsektor und besonders die Seeschifffahrt getroffen hat. Auch der Kreuzfahrtmarkt, der von den US-Gesellschaften Carnival Cruise und Royal Caribbean Cruises und den europäischen Unternehmen Star Cruises und MSC Crociere kontrolliert wird, erlebte ab Ende 2008 einen Einbruch von mehr als 25%. “ In diesem Segment gibt es dasselbe Phänomen wie bei der Frachtschifffahrt: 2009 könnte die Krise den steilen Anstieg der Passagierzahlen ausbremsen. Gleichzeitig kommen jedoch neue Kapazitäten und neue Anbieter (so TI Cruises) auf den Markt. Die Konkurrenz verschärft sich, und es gibt Dumpingpreise (in den USA werden einwöchige Kreuzfahrten bereits für 299 US-Dollar angeboten). Erste große Aufträge werden bei Werften zurückgezogen (MSC Crociere annullierte im Dezember 2008 zwei Aufträge für neue Kreuzfahrtschiffe bei der französischen Werft von STX Europe in Saint-Nazaire). Auch in diesem Segment, das man eineinhalb Jahrzehnte lang als eine gut geschützte profitable Nische ansehen konnte, ist die Weltwirtschaftskrise angekommen und wird ihre Opfer fordern.“ (Winfried Wolf, Die Weltwirtschaftskrise und der globale Transportsektor, jungeWelt, 04.02.09)
Meyer spekulierte lange auf zwei neue Aufträge von der Reederei Princess Cruises, eine Tochtergesellschaft der Carnival Cruise, zu der auch AIDA Cruises gehört. Diese wären dringend nötig gewesen, da der Bau eines Kreuzfahrtschiffes einen langen Vorlauf braucht und die MitarbeiterInnen im Konstruktionsbereich nur noch bis August 2010 mit der Bauplanung der vorhandenen Aufträge beschäftigt sind. Kurzarbeit für mindestens 80 MitarbeiterInnen wäre die unmittelbare Folge. Das Ausbleiben neuer Aufträge und die Konkurrenz aus Asien schwächen die Verhandlungsposition der Meyer-Werft, wenn es um die Requirierung weiterer Aufträge geht. Auf einer Betriebsversammlung im Herbst 2009 hat Werftchef Bernard Meyer genau das seinen Beschäftigten mitgeteilt: „Die Expansion Japans im Schiffbau war ein Sturm, Südkoreas Aufstieg wie eine Flut. Nun kommt China, und das ist der Tsunami…Wir müssen unsere Produktivität um 50 Prozent steigern. Dazu brauchen wir auch die Hilfe der Gewerkschaften. Wir messen uns hier längst nicht mehr an deutschen Werften, sondern an asiatischen Unternehmen wie Daewoo, Samsung oder Mitsubishi. Nur so können wir im immer härteren Wettbewerb bestehen. Wir müssen unsere Fertigungsabläufe komplett umstrukturieren.“
Was könnte das für die Belegschaft bedeuten? Eine Produktivitätssteigerung um 50 Prozent kann nur durch den Einsatz neuer Technologien, die Erhöhung der Arbeitszeit und des Arbeitstempos erreicht werden. Da Meyer bereits intensiv in neue Technologien investiert hat, wird die zusätzliche Produktivitätssteigerung überwiegend auf dem Rücken der KollegInnen ausgetragen werden. Mit der Angst vor einer drohenden Arbeitslosigkeit im Nacken, wird es den Werftbossen nicht schwerfallen, vom Betriebsrat und der IG Metall Zugeständnisse zu erreichen, um „effektiver“ und „ökonomischer“ arbeiten zu können und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Werften in Asien wiederherzustellen. Konkret heißt das, Meyer steigt aus dem Flächentarifvertag der IGM aus und schließt einen Haustarifvertrag mit der Gewerkschaft zu wesentlich schlechteren Konditionen. Die KollegInnen werden Lohnkürzungen hinnehmen, in der Hoffnung ihre Arbeitsplätze so zu erhalten. Eine Arbeitsplatzgarantie werden sie aber im Gegenzug nicht bekommen. Bevor der Betriebsrat sich auf einen solchen Deal einläßt, sollte er sich für die Aufhebung des Geschäftsgeheimnisses stark machen und Einsicht in die Geschäftsbücher des Unternehmens verlangen. Bernard Meyer gehörte 2008 zu den 150 reichsten Deutschen, diesen Reichtum haben in erster Linie die Beschäftigten der Werft über Jahrzehnte erwirtschaftet. Jetzt, wo sich eine tiefe Krise abzeichnet, will Meyer ausschließlich die ArbeiterInnen und Angestellten dafür zahlen lassen.
Dieses Denken entspricht der kapitalistischen Logik und geht außerdem davon aus, dass, trotz der Krise und der Konkurrenz aus Fernost, Meyer auch in Zukunft Kreuzfahrtschiffe bauen wird. Wir haben miterleben müssen, dass es in und auch nach der Krise eine Überkapazität an Containerschiffen gibt und die Charterraten aus diesem Grund abgestürzt sind. Da der Transportmarkt ebenso wie der Kreuzfahrtmarkt planlos-anarchistisch organisiert ablaufen, ist es durchaus möglich, dass der Markt für Kreuzfahrten in nächster Zukunft zusammenbricht, weil immer mehr – vor allem US-Bürger – sich diese Fahrten nicht mehr leisten können und es zu einer Überkapazität kommt.
Wie kann es bei Meyer weitergehen?
Meyer ist ein Hochtechnologiebetrieb und verfügt über qualifizierte MitarbeiterInnen. Das beides sind Voraussetzungen für eine Umstrukturierung der Werft. Warum sollten die Meyer-Beschäftigten nicht auch andere Produkte herstellen? Die technische Umsetzung dürfte heutzutage auch zeitlich relativ schnell machbar sein. Die Meyer-Bosse setzten weiterhin auf den Schiffbau. Was passiert aber, wenn keine neuen Aufträge kommen?
Als in den 80er Jahren in ihrem Unternehmen Rationalisierungsmaßnahmen größeren Umfangs durchgeführt werden sollten und viele Arbeitsplätze gefährdet waren, wurden die ArbeiterInnen bei Lucas Aerospace in Britannien aktiv: „Aus Sorge um ihre Arbeitsplätze – und aufgrund moralischer Bedenken, für einen Rüstungsbetrieb zu arbeiten – begannen Ende der 70er Jahre Arbeiterinnen und Arbeiter der ‚Lucas Aerospace‘ von sich aus, ohne Wissen des Managements, eine Neuausrichtung des Unternehmens von der militärischen Luftfahrt hin zu ausschließlich ziviler Produktion zu planen. Sie entwickelten neue Produkte, zeichneten Produktionspläne, bauten Prototypen und testeten diese in den firmeneigenen Anlagen. Die ausgereiften Produkte führten sie dann dem Management der Lucas Aerospace vor. Ihre Chefs verwarfen jedoch sämtliche Projekte. Sie konnten es nicht verkraften, dass ihre Angestellten solch ein Mammutprojekt hinter ihrem Rücken lanciert hatten. Dadurch siegte der Stolz über die Intelligenz. Denn viele der Produkte, welche die Lucas-Angestellten entwarfen, werden mittlerweile mit großem Erfolg hergestellt – bloß durch andere Unternehmen. Darunter befinden sich unter anderem: Hybridmotoren für Autos, tragbare Defibrillatoren (Elektroschockgerät gegen Herzinfarkte) und Wärmepumpen. Die Mitarbeitenden von Lucas lieferten so ein Paradebeispiel ab, wie erfolgreiche Konversion aussehen könnte (und, dass man für effiziente und innovative Produktion besser ohne Management arbeitet…).“ (vorwärts – die sozialistische zeitung , Schweiz, Nr. 43/44/09 vom 13. November 2009)
Meyer ist kein Rüstungsbetrieb und sollte es auch nicht werden, die Werft steht aber langfristig vor dem Problem, sich neue Produktionssektoren suchen zu müssen. Deshalb sollten sich der Betriebsrat, die Vertrauensleute und eigentlich alle KollegInnen frühzeitig Gedanken machen, wohin der Zug gehen könnte, denn niemand möchte, dass Tausende ArbeiterInnen in der strukturschwachen Region Emsland-Ostfriesland ihren Arbeitsplatz verlieren.
In der Automobilindustrie hat dieses Umdenken bei den Betriebsräten bereits stattgefunden. So forderte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, dass sich der Konzern „unabhängiger von der Autoproduktion“ machen solle. Schon jetzt baue VW Motoren für Schiffe, Gabelstapler und Blockheizkraftwerke, erklärte Osterloh in einem Interview Ende 2008. Vielen Technikern und Ingenieuren bereite es „mehr Spaß und Freude, an der Entwicklung einer Brennstoffzelle zu arbeiten als an dem Design eines Handschuhfachs“, kommentiert der ehemalige Stuttgarter Daimler-Betriebsrat Gerd Rathgeb Erfahrungen in einem betrieblichen Umwelt-Arbeitskreis: „Sie wollen mitsprechen, wenn es um die ökologische Verträglichkeit und Nachhaltigkeit der Produkte geht.“

Dass ein Umbau der Automobil- und Zuliefererindustrie nötig und möglich ist, weiß auch der ehemalige VW-Betriebsrat Stephan Krull. Pläne für eine ökologisch sinnvolle Produktion – etwa Blockheizkraftwerke oder alternative Energiegewinnung – seien bereits in manchen Forschungsabteilungen der Autokonzerne vorhanden und könnten in weniger als zwei Jahren in Serienproduktion umgesetzt werden, so Krull. Machbar seien auch Gezeiten- und Strömungskraftwerke, Meerwasserentsalzungsanlagen, Brunnen und Pumpen für Dörfer und umweltverträgliche Verkehrssysteme, die allen Menschen zugute kommen und Mobilität fördern: „Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.“
Damit eine solche Umrüstung gelinge, müsse die Qualifizierung der Beschäftigten für neue Produkte gefördert werden. Arbeitszeitverkürzung sei „ein vorrangiger Schritt, weil das Kräfteverhältnis sich ändert und Zeit für neue Überlegungen frei wird“, so Krull. Kurzarbeit müsse gezielt zur Weiterbildung genutzt werden. Ohne eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse und Verfügungsgewalt und eine Demokratisierung der Wirtschaft seien solche Veränderungen jedoch nicht möglich, ist der Gewerkschafter überzeugt.
An diesem Umbau kommen auch die KollegInnen der Meyer-Werft über kurz oder lang nicht vorbei. Je eher der Betriebsrat sich in dieser Richtung Gedanken macht, desto schneller könnte die Belegschaft beginnen, über alternative Produktionspläne nachzudenken und das  Management für eine Umstrukturierung des Betriebes und damit für den Erhalt der Arbeitsplätze gewinnen.

Quelle: www.dielinke-leer.de

21. Februar 2010 Posted by | Deutschland, Die LINKE, Emsland, Gewerkschaften, Landkreis Leer, Ostfriesland, Schiffbau | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Venezuela antwortet Spanien

Venezuela
Mittwoch, den 30. Dezember 2009 um 15:10 Uhr
VenezuelaIn einem Interview für die spanische Tageszeitung Público machte Spaniens Umweltministerin Elena Espinosa Venezuela, Bolivien und Kuba als Hauptverantwortliche für das Scheitern des Klimagipfels aus. Die venezolanische Regierung reagierte auf diese Vorwürfe mit einer offiziellen Erklärung, die wir nachstehend dokumentieren.

Die Regierung der Bolivarischen Republik Venezuela erklärt ihre vollkommene Ablehnung der unklugen, phantastischen und unglücklichen Erklärungen der spanischen Umweltministerin Elena Espinosa über die von Venezuela beim gescheiterten Gipfeltreffen von Kopenhagen eingenommene Haltung.

Die in der spanischen Tageszeitung »Público« veröffentlichten Erklärungen der Ministerin Espinosa überraschen durch ihre völlige Unkenntnis der klaren und eindeutigen Haltung, die Präsident Hugo Chávez angesichts der Farce eingenommen hat, die eine Gruppe von Ländern, die als die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel bekannt sind, in Dänemark durchsetzen wollte.

Die Bolivarische Republik Venezuela hat im Gegensatz zu den Ländern Europas eine transparente und unzweideutige Haltung gegen den Klimawandel eingenommen und die internationale Gemeinschaft vor dem Geheimabkommen gewarnt, dessen Annahme die Henker der Umwelt unter dem Mantel der unter Ägide der Vereinten Nationen durchgeführten Verhandlungen durchsetzen wollten.

Die Bolivarische Regierung versteht die phantastischen Erklärungen der spanischen Umweltministerin als Ergebnis der verbissenen Haltung der Verschmutzerländer, die ihre Verpflichtungen auf die Entwicklungsländer abschieben wollen und weiter bestrebt sind, das Kyoto-Protokoll zu beseitigen, um die Wahrnehmung ihrer historischen Verpflichtungen zu vermeiden.

Abschließend hofft die Regierung des Präsidenten Hugo Chávez, die unterstreicht, daß sie auch weiterhin klar und transparent des Recht der menschlichen Gattung auf ihr Überleben verteidigen wird, daß die Erklärungen von Umweltministerin Elena Espinosa nicht5 die offizielle Haltung der spanischen Regierung wiedergeben.

Quelle: www.redglobe.de

Das Interview im Wortlaut

Ich glaube, es gibt zwei Hauptverantwortliche, nämlich einerseits China und Indien, die kein verbindliches Abkommen wollten, und andererseits Venezuela, Bolivien und Kuba, die absolute Unbeweglichkeit zeigten. Manche geben Obama die Schuld, aber ich bin anderer Meinung. Seine Haltung war konstruktiv, um der EU zu helfen, die bis dahin fast ganz allein die Rolle des Vorreiters übernommen hatte. (…)

Warum, glauben Sie, haben Hugo Chávez und Evo Morales das Abkommen torpediert?

Vielleicht zur Verteidigung ihrer Naturressourcen.

Sie meinen Erdöl und Erdgas?

Genau. Vielleicht dachten sie, daß ihre Wachstumserwartungen durch ein Abkommen zur Reduktion von Emissionen herabgesetzt werden…«

Übersetzung: André Scheer

Quelle: www.jungewelt.de

30. Dezember 2009 Posted by | EU, International, Klimapolitik, News, Politik, Spanien, Venezuela | , , | Hinterlasse einen Kommentar

ERSTER SCHRITT FÜR EINE DEMOKRATISCHE LÖSUNG DES BASKISCHEN KONFLIKTS

14.11.2009

Die baskische abertzale Linke veröffentlichte heute eine neue Initiative für eine demokratische und friedliche Lösung des Konfliktes zwischen dem spanischen und dem französischen Staat auf der einen und dem Baskenland auf der anderen Seite. Das Dokument “ERSTE SCHRITT FÜR EINE DEMOKRATISCHE LÖSUNG DES BASKISCHEN KONFLIKTS – PRINZIPIEN DER BASKISCHEN ABERTZALEN LINKEN” wurde heute zeitgleich in Venedig und in Altsasu der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Initiative fällt auf den 5. Jahrestag der Deklaration von Anoeta, mit der Arnaldo Otegi, Sprecher der baskischen abertzalen Linken, den letzten Versuch eines Konfliktlöungsprozesses startete. Arnaldo Otegi befindet sich in Untersuchungshaft, seit er mit anderen Führungspersönlichkeiten der abertzalen Linken am 13. Oktober von Balthasar Garzon verhaftet wurde. Die Verhaftungen konnten die neue Konfliktlösungsinitiative der abertzalen Linken nicht verhindern.

In Venedig wurde das Dokument im Rahmen einer Konferenz für Konfliktlösung vorgestellt, auf der Lehren aus südafrikanischer und irischer Erfahrungen gezogen und ihre Anwendung auf den kurdischen und den baskischen Konflikt diskutiert wurden. Im baskischen Altsasu versammelten sich mehr als hundert führende Aktivisten der abertzalen Linken, um gemeinsam das Dokument der baskischen Öffentlichkeit vorzustellen. In Altsasu wurde vor 31 Jahren Herri Batasuna gegründet.

Im folgenden dokumentieren wir den vollständigen Wortlaut des Dokuments in deutscher Übersetzung:

ERSTER SCHRITT FÜR EINE DEMOKRATISCHE LÖSUNG DES BASKISCHEN KONFLIKTS

PRINZIPIEN DER BASKISCHEN ABERTZALEN LINKEN

Wir sind Männer und Frauen verschiedener Generationen, die für eine soziale Befreiung und die Unabhängigkeit des Baskenlandes gearbeitet haben und weiterhin eintreten. Unser Ziel ist die Bildung eines eigenen Staates, weil wir davon ausgehen, dass dies die einzige Form ist, um das Überleben und die Entfaltung des Baskenlandes in Einklang und in Solidarität mit den anderen Völkern Europas und der Welt zu garantieren. Dies ist unser legitimes politisches Projekt, das wir mit Unterstützung der Mehrheit der baskischen Bevölkerung erreichen wollen.

Die aktuelle politische Aufteilung, die das Baskenland in zwei Autonomieregionen (Euskadi und Navarra) und einen französischen Teil aufteilt und unsere Rechte als Bürgerinnen und Bürger beschränkt, hat sich als Rahmen erwiesen, der den politischen und bewaffneten Konflikt in unserem Land perpetuiert.

Er verhindert, dass die Bürgerinnen und Bürger im Baskenland selbst über ihre Zukunft entscheiden können. In diesem Sinne ist der gewalttätige bewaffnete Konflikt, mit den allgemein bekannten menschlichen und politischen Kosten, über Jahrzehnte verlängert worden. Unser wichtigstes Ziel ist heute, diese Situation zu überwinden.

Die letzten drei Jahrzehnte des Konflikts eröffnen ein anderes Panorama: Wir sind eine politische Bewegung, der die Geschichte immer wieder Recht gegeben hat – angefangen mit der Forderung nach einem demokratischen Bruch mit dem franquistischen Regime 1976 über das NEIN der Baskinnen und Basken zur spanischen Verfassung 1978, die Verhinderung des AKW Lemoiz 1976-83 und das NEIN zur NATO 1986. Das zeigt sich aber auch in unseren Anstrengungen, den Betrug des Autonomiestatuts sichtbar zu machen, und in unserer grundsätzlichen Opposition gegen den neoliberalen Kapitalismus.

Die Unabhängigkeitsbewegung hat aber nicht nur auf dem Feld der Opposition und des Protestes politische und ideologische Kämpfe gewonnen. Die von der baskischen abertzalen Linken unterbreiteten Lösungsvorschläge sind von wichtigen Teilen der Gesellschaft, oft auch der Mehrheit aufgegriffen worden. Die Initiativen für eine Verhandlungslösung und für den Aufbau nationalstaatlicher Institutionen und die von uns unterbreiteten Demokratisierungsvorschläge haben den politischen Prozess im Baskenland ohne jeden Zweifel vorangebracht.

In den letzten Jahren hat es in wichtigen Fragen Entwicklungen gegeben, die einen grundlegenden Wandel der politischen Situation nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich machen: In der politischen Debatte sind im letzten Jahrzehnt die Schlüsselprobleme klar benannt worden, die es zu lösen gilt; die unermüdliche Arbeit Tausender Personen und gesellschaftlicher Akteure haben uns nah an die ersehnte Verhandlungslösung herangeführt. Die Notwendigkeit, die fatalen Konsequenzen des Konflikts hinter uns zu lassen, ist allgemein deutlich geworden. Ein Ende des bewaffneten Konflikts und der politischen Blockade sind heute ebenso wie eine gerechte, stabile und dauerhafte Verhandlungslösung möglich.

Wir haben auf dem Weg zur Befreiung Manches richtig, Anderes falsch gemacht und stehen an der Schwelle eines politischen Wandels. Heute geht es darum, diesen Wandel unumkehrbar zu machen. Um diese Veränderung zu verwirklichen, müssen wir auch uns selbst verändern. Eine grundlegende Selbstkritik war notwendig, und wir haben sie geleistet.

Die baskische abertzale Linke wird nicht darauf warten, was andere politische Akteure zu tun bereit sind. Für uns klar, dass wir selbst handeln müssen. In der neuen politischen Phase sind neue Strategien, neue politische Bündnisse und neue Instrumente nötig.

In der neuen Phase geht es darum, eine nationale Anerkennung des Baskenlands und seines Selbstbestimmungsrechtes zu erreichen. Dafür müssen wir Kräfte sammeln und die Konfrontation mit dem spanischen und französischen Staat auf jenes Terrain zu führen, auf dem diese am schwächsten sind: auf das Terrain der Politik. Massenmobilisierung, die Arbeit in demokratischen Institutionen, ideologischer Kampf und die Suche nach internationaler Unterstützung – das werden die zentralen Säulen der neuen Strategie sein müssen.

Das grundlegende Instrument dieser neuen politischen Phase ist der Demokratisierungsprozess. Dass wir ihn in Angriff nehmen, ist eine unilaterale Entscheidung der baskischen abertzalen Linken. Zu seiner Umsetzung und zur Überwindung des Konflikts werden wir uns um bilaterale und multilaterale Vereinbarungen bemühen: mit den politischen Akteuren im Baskenland, der internationalen Gemeinschaft und den Staaten. Anders ausgedrückt: Die baskische abertzale Linke setzt auf die Demokratisierung, um den politischen und sozialen Wandel zu erreichen.

Diese Entscheidung ist in den Reihen der baskischen abertzalen Linken mi Rahmen einer breiten und verantwortungsvoll geführten Diskussion gereift. In dieser Debatte haben sich die soziale Basis und die Aktivisten der baskischen abertzalen Linken auf folgende Prinzipien verständigt, die wir der Bevölkerung des Baskenlandes, den politischen, gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren des Landes sowie der Internationalen Gemeinschaft hiermit bekannt geben wollen:

1. Der auf friedlichem und demokratischem Weg ausgedrückte Wille der Bevölkerung ist der einzige Bezugspunkt für eine demokratische Lösung. Das gilt sowohl für den Beginn und die Entwicklung des Demokratisierungsprozesses als auch für die Vereinbarungen, die einer freien Abstimmung der Bevölkerung unterzogen werden sollten. Die baskische abertzale Linke verpflichtet sich dazu, so wie es auch die anderen Akteure tun sollten, in jeder Etappe des Prozesses die von den baskischen Bürgerinnen und Bürgern frei, friedlich und demokratisch getroffenen Entscheidungen anzuerkennen.

2. Die politisch-territoriale Ordnung des Baskenlandes muss Ergebnis des demokratischen Volkswillens sein und die Rechte aller Bürgerinnen und Bürgern gewährleisten. Der heute bestehende gesetzliche Rahmen darf den freien und demokratischen Entscheidungen der Bevölkerung nicht im Weg stehen, sondern muss die Ausübung der demokratischen Rechte sicherstellen.

3. Die Vereinbarungen, die im Verlauf eines Demokratisierungsprozesses getroffen werden, müssen die allgemeinen – individuellen oder kollektiven – Rechte gewährleisten, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, im UNSozialpakt und im UN-Zivilpakt sowie in den anderen internationalen Menschenrechtsvereinbarungen festgehalten sind.

4. Der gleichberechtigte politische Dialog zwischen allen politischen und gesellschaftlichen Akteuren ist das wichtigste Werkzeug, um zu einer Übereinkunft zwischen den unterschiedlichen politischen und kulturellen Identitäten im Baskenland zu kommen. Die baskische abertzale Linke bekräftigt ihren Wunsch, sich an diesem Dialog zu beteiligen.

5. Aus dem Dialog zwischen den politischen Akteuren im Baskenland sollte eine Vereinbarung hervorgehen, die einem allgemeinen Referendum unterzogen wird. Dieses Abkommen sollte nicht nur gewährleisten, dass alle politischen Projekte unter gleichen Voraussetzungen und ohne jede gewalttätige Beschränkung verteidigt werden können. Es sollte auch beinhalten, dass alle Projekte umgesetzt werden können, wenn diese von einer Bevölkerungsmehrheit im Baskenland erwünscht und unterstützt werden.

6. Der Demokratisierungsprozess muss sich ohne jede Gewalt, Zwang und Einmischung entfalten können und ausschließlich auf politische und demokratische Mittel stützen. Wir sind davon überzeugt, dass diese politische Strategie Fortschritte bei der Demokratisierung ermöglichen wird. Südafrika und Irland sind Beispiele hierfür.

7. Wir bleiben dem Friedensvorschlag von Anoeta verpflichtet. Ihm zufolge sollten alle politische Kräfte des Baskenlandes unter gleichen Voraussetzungen in einen Dialogprozess treten, um einen demokratischen Mechanismus zu vereinbaren, mit dem die Bürgerinnen und Bürger frei über ihre Zukunft entscheiden können. Dieser Prozess sollte auf den Prinzipien beruhen, die der US-Senator Mitchell für den irischen Konflikt ausgearbeitet und vorgelegt hat.
Auf der anderen Seite sollten ETA und der spanische Staat Verhandlungen über die Demilitarisierung des Landes, die Freilassung der baskischen politischen Gefangenen, die Rückkehr der Flüchtlinge und eine gerechte und gleiche Behandlung aller Opfer des Konflikts aufnehmen.

Wir bekräftigen unsere bedingungslose Unterstützung eines friedlichen und demokratischen Prozesses, damit das baskische Volk frei und ohne jede Einschüchterung über seine Zukunft entscheiden kann.

Baskenland, 14. November 2009


Anmerkung zum baskischen Begriff “Abertzale”: Die Bedeutung des baskischen Begriffs “Abertzale” ist eng verknüpft mit der speziellen Ausprägung der baskischen Unabhängigkeitsbewegung als progressive und internationalistische Bewegung. Als solche umfasst sie ein breites Spektrum von Organisationen, wie zum Beispiel politische Parteien, Gewerkschaften und kulturelle Organisationen, sowie bedeutende Teile der Frauen- , Umwelt- und Internationalismusbewegungen, die das gemeinsame Ziel der Befreiung des Baskenlandes haben. So wie Republikanismus eine besondere Bedeutung im irischen Kontext besitzt, kann der Begriff Abertzale nicht nur einfach als Unabhängigkeitsbewegung übersetzt werden, ohne seine progressive Bedeutung zu betonen.

 

15. November 2009 Posted by | Baskenland, EU, International, Politik, Sozialismus, Spanien | , , | Hinterlasse einen Kommentar