Seeheimer Garrelt Duin weiterhin auf FDP-Kurs
Immer wenn der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, der auch gleichzeitig Sprecher des unternehmerfreundlichen Seeheimer Kreises ist, sich in der überregionalen Presse zu Wort meldet, wird einem bewusst, dass die einstige Arbeitnehmerpartei SPD sich immer noch auf den Pfaden ihres ehemaligen Vorsitzenden und Kanzlers Gerhard Schröder bewegt. Zumindest trifft das auf große Teile der Führungsriege der Partei zu. Steinmeier, Gabriel, Steinbrück und auch Duin haben dazu beigetragen, den Sozialstaat zu zerschlagen und immer noch nicht erkannt, dass ein konsequenter Kurswechsel nötig ist, um die Partei wieder zu einer Volkspartei werden zu lassen. Oskar Lafontaine hat dazu in einem Interview mit der „Welt“ folgendes festgestellt: „Die SPD-Führung hat nicht den Ansatz einer Strategie, um wieder den Bundeskanzler zu stellen, auch weil die gesamte Führungsriege Hartz IV, der Agenda 2010 und den Kriegseinsätzen zugestimmt hat und daher diese falsche Politik nicht wirklich korrigieren will.“
Garrelt Duin erklärte am 24. Dezember, dass die SPD an eine „negative Einkommenssteuer“ denke. Die Meldung der Deutschen Textservice Nachrichtenagenturagentur lautete:
„Der konservative SPD-Flügel “Seeheimer Kreis” will Geringverdiener finanziell unterstützen und ihnen die Sozialabgaben bis zu einem Einkommen von 1.500 Euro durch einen Steuerzuschuss ausgleichen. Das geht nach Informationen der “Rheinischen Post” (Freitagausgabe) aus einem Positionspapier des SPD-Wirtschaftsexperten und Seeheimer-Sprechers Garrelt Duin hervor. “Die Idee heißt brutto für netto”, zitiert die Zeitung Duin. Für Menschen, die mindestens 30 Stunden pro Woche arbeiteten und dafür einen Lohn bekämen, der zum Leben nicht ausreiche, müsse eine “negative Einkommensteuer” eingeführt werden, heißt es in dem Papier. Das von Ökonomen erdachte Modell sieht für Geringverdiener, die keine Steuern zahlen, aber durch überproportionale Sozialabgaben belastet sind, Steuergutschriften vor. Nach den Berechnungen Duins würde der Staat beispielsweise einem ledigen Arbeitnehmer, der 800 Euro brutto monatlich verdient, die Sozialversicherungsbeiträge komplett ersetzen. So werde der Bruttolohn zum Nettolohn. Die SPD will Ende Januar ein umfassendes Steuerkonzept vorstellen.“
Eine solche Meldung wird Freude bei den Unternehmern auslösen, besonders bei solchen, die Hungerlöhne zahlen und sich gegen die Einführung von Mindestlöhnen vehement sträuben. Wenn es nach Duin und Co gehen würde, wird der in vielen europäischen Ländern verpflichtend eingeführte Mindestlohn, weiterhin auf die lange Bank geschoben und der Staat, sprich der Steuerzahler, soll dafür aufkommen, dass bundesdeutsche Unternehmer ihre Beschäftigten bis zum Sankt Nimmerleinstag mit prekären Löhnen abspeisen können.
Seit dem Ende der 1990er, zeitgleich mit dem Beginn der SPD-Grünen-Koalition, ist eine erhebliche Ausweitung des Niedriglohnsektors zu beobachten. Aktuelle Zahlen belegen, dass jeder vierte Beschäftigte (das waren 2008 6,6 Millionen) für Niedriglöhne arbeitet. Die Ursachen für das Wachsen des Niedriglohnsektors liegen in den arbeitsmarktpolitischen Gesetzen, die besonders in der Regierungszeit von Gerhard Schröder getroffen wurden:
– Mit der Einführung von Hartz I wurden wesentliche Restriktionen im Bereich der Leiharbeit aufgehoben.
– Mit Hartz II wurden so genannte Minijobs eingeführt, die dazu führen, dass immer mehr geringfügig Beschäftigte – statt Vollzeitkräfte – eingestellt wurden, da für diese keine Abgaben anfallen.
– Die Privatisierung von Aufgaben, die vorher vom Staat, den Ländern und den Kommunen wahrgenommen wurden, fielen dem Outsourcing zum Opfer und bedeuten für die Beschäftigten schlechtere Arbeitsbedingungen und Lohnkürzungen. Das Outsourcing hat ebenfalls in der Privatwirtschaft stattgefunden und „zielt auf die Reduzierung von Kosten, indem Tätigkeiten durch die Auslagerung aus dem Hoch- und Mittellohnbereich in den Niedriglohnbereich verschoben wurden.“(nach Kai Eicker-Wolf: Niedriglöhne in Deutschland, Lunapark 21, Heft 12 , S. 20 ff.)
Menschen, die einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sollen davon leben können und müssen nicht gezwungen sein zusätzlich aufzustocken. Eine „negative Einkommenssteuer“, wie sie Duin fordert, wird den bereits unterbezahlt Beschäftigten nicht großartig weiterhelfen, sondern dazu führen, dass die Unternehmer weiterhin verstärkt Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor anbieten, weil der Staat dann dafür sorgt, dass prekär Beschäftigte steuerlich „besser gestellt“ werden.
DIE LINKE fordert seit ihrer Gründung die Einführung eines staatlich garantierten Mindestlohns nach französischem Vorbild von 10 Euro pro Stunde , der Jahr für Jahr zumindest in dem Maße wächst, wie die Lebenshaltungskosten steigen. Wenn in einer Branche der unterste Tariflohn über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, soll dieser für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dazu ist die Allgemeinverbindlichkeitserklärung auch ohne Zustimmung der Arbeitgeberverbände zu erleichtern.
Garrelt Duin hat sich wieder einmal als der geoutet, der er in Wirklichkeit ist, nämlich als Vertreter der Kapitalseite, dem die Interessen der arbeitenden Menschen und der sozial Benachteiligten überhaupt nicht interessieren. Vielleicht sollten die ostfriesischen SPD-Mitglieder sich einmal darüber Gedanken machen, ob sie Duin bei den nächsten Bundestagswahlen wieder als Kandidaten aufstellen oder vielleicht jemanden finden, der ursozialdemokratische Prinzipien verkörpert.
(TK)
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