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Linkes Blog aus Ostfriesland

Bolivien: Offener Brief an Evo Morales

Offener Brief an Evo Morales zum Streik des bolivianischen Gewerkschaftsbundes COB

GewerkschafterInnen und linke AktivistInnen aus verschiedenen Ländern haben diesen offenen Brief an Evo Morales anlässlich des Konflikts zwischen dem Gewerkschaftsbund COB und der MAS-Regierung unterschrieben..

Unterschreibt diesen Brief!

Genosse

Evo Morales

Präsident des Plurinationalen Staates Bolivien

Die unterzeichnenden linken GewerkschafterInnen, ArbeiterInnen und AktivistInnen haben den Kampf des bolivianischen Volkes vom Wasserkrieg, an dem Sie beteiligt waren, über den Gaskrieg und die Aufstände von 2003 und 2005 bis zu Ihrem überwältigenden Wahlsieg, der Ausdruck und Ergebnis dieser Kämpfe war, begeistert unterstützt. Auf die gleiche Art und Weise haben wir Ihre Rede über die Notwendigkeit, den Veränderungsprozess zu vertiefen, um den Sozialismus auszurufen, die Sie in der Nacht Ihres Wahlsieges gehalten haben und Ihre wiederholten Aufrufe zur Verteidigung der Mutter Erde, deren Hauptfeind – wie Sie sagten – der Kapitalismus ist, begeistert begrüßt. Wie Sie wissen, ist der Kapitalismus nicht nur ein Feind der Natur, weil er auf Ausbeutung und den Privatbesitz an Ressourcen beruht, sondern  in erster Linie ein Feind der Menschen, denn die Grundlage des Systems ist die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Die Ereignisse in Griechenland, wo die ArbeiterInnen gezwungen werden mit weiterer Armut zu bezahlen, damit die Profite der Banker und Spekulanten erhalten bleiben, sind ein deutliches Beispiel.

Wir drücken unsere tiefe Besorgnis aus über den Konflikt der zwischen Ihrer Regierung und dem Central Obrera Boliviana, der wichtigsten Organisation unserer arbeitenden Brüder und Schwestern in Bolivien, entbrannt ist. Wir wissen, dass trotz der enormen Bemühungen die Armut zu bekämpfen, mit sehr deutlichen und unbestreitbaren Ergebnissen, viele unserer KollegInnen, ob es nun Berg- oder normale ArbeiterInnen sind, weniger verdienen als sie zum täglichen Leben brauchen. Die meisten bolivianischen ArbeiterInnen arbeiten in prekären Verhältnissen, so dass es für die Großunternehmen leicht ist sie zu erpressen. In vielen, viel zu vielen, Privatunternehmen gibt es keine Gewerkschaften und die KollegInnen müssen bis zu 12 Stunden arbeiten. Die deutlichen Lohnerhöhungen, die Sie in den letzten Jahren als wichtig anerkannt haben, sind von den Unternehmen rückgängig gemacht worden, indem man sie mit den Produktivitätssteigerungen verrechnet wurden, was dazu geführt hat, dass mehr Stunden gearbeitet werden müssen, damit die Lohnerhöhungen in Kraft treten. Leider gibt es in Ihrem Land auch ein System der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, bei dem die ArbeiterInnen die Streikgenehmigung beim Staat einholen müssen und Unternehmer bei Streiks aussperren dürfen (Kapitel II des Allgemeinen Arbeitsgesetzes), um so die Gewerkschaften einzuschüchtern.

Angesichts dieser Situation möchten wir unsere volle Sympathie mit unseren Brüdern und Schwestern in der COB und unsere Unterstützung für ihre Forderungen bekunden. Herr Präsident, die ArbeiterInnen, die sich jetzt im Streik befinden, sind die gleichen, die Ihnen während der Klassenauseinandersetzungen  und des Wahlkampfs ihre überwältigende Unterstützung gaben. Ihre Regierung betrachtet sie in richtiger Weise als die Hauptstützen der Wirtschaft und des Staates. Deshalb möchten wir Sie und Ihre Regierung respektvoll bitten, mit den ArbeiterInnen in einen sinnvollen Dialog zu treten, wie es die KollegInnen von Ihnen erwarten, um die Gesamtproblematik der Löhne und der Arbeitsbedingungen der bolivianischen Arbeiterklasse anzugehen und es der Arbeiterbewegung zu gestatten, ihre Beteiligung am Transformationsprozess in Bolivien zu verwirklichen.

Genosse Präsident, wir glauben dass die bolivianische Revolution ein Beispiel und ein Orientierungspunkt für weltweite antikapitalistische und Arbeiterbewegung sein könnte. Diese Möglichkeit wird dramatisch geschmälert, wenn die ArbeiterInnen in der ganzen Welt nicht mehr die reale Möglichkeit eines Weges und einer anderen Welt in Bolivien sehen, in der die Wirtschaft geführt wird, um die menschlichen Bedürfnisse und nicht die Habgier einzelner Individuen zu befriedigen und eine Demokratie, die auf die Beteiligung der arbeitenden Menschen bei Entscheidungen über die Zukunft der Menschheit beruht. Wir vertrauen darauf, dass dieses Anliegen auch von Ihnen geteilt wird und hoffen auf Ihre Fähigkeiten, den laufenden Konflikt optimal zu lösen, um den Veränderungsprozess zu vertiefen und in Richtung Sozialismus fortzuschreiten.

16. Mai 2010 Posted by | Bolivien, Lateinamerika, Sozialismus | , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Stoppt die Morde und die Repression gegen die revolutionäre Bewegung in Honduras!

Wir haben folgende Mitteilung von der Nationalen Front des Volkswiderstands in Honduras bezüglich der Repressionsmaßnahmen durch die  Regierung von Porifirio Lobo erhalten. Diese Regierung wurde durch manipulierte Wahlen, die vom Putschistenregime organisiert worden waren, trotz einer massiven Wahlenthaltung und einer grausamen Repression, ins Amt eingesetzt. Durch ihre repressive Einstellung entlarvt die Regierung Lobo ihren undemokratischen Charakter. Die Internationale Marxistische Strömung erklärt ihre volle Solidarität mit den ArbeiterInnen und der Jugend Honduras, die ihren Kampf trotz der Unterdrückungsmaßnahmen fortsetzen

Keine weiteren Repressionsmaßnahmen gegen die Mitglieder der Nationalen Widerstandsfront gegen den Staatsstreich (FNPR)

Wir verurteilen die Polizeiübergriffe gegen unsere aktiven GenossInnen in Honduras, die Drohanrufe und E-Mails erhalten, bis nach Hause verfolgt werden und bei Widerstandaktionen schikaniert werden.

Wir weisen die Ermordung der GenossInnen Claudia Brizuela, Julio Funez und Vanesa Zepeda, die Entführung und Folterung des Kameramann von Globo Television und den Mordversuch gegen den Schauspieler Hermes Reyes auf das Schärfste zurück.

Diese Regierung ist eine Fortsetzung des Putsches in Honduras. Pepe Lobo und sein „christlicher Humanismus“ sind Vertreter der honduranischen Bourgeoisie und führen die brutale Repression gegen die Volksbewegung fort. Sie wollen die Begeisterung und den Kampfeswillen des honduranischen Volkes zerschlagen und töten und schikanieren die AnhängerInnen und AktivistInnen des heroischen Widerstands. Genug damit!

MIT DEM BLUT UNSERER MÄRTYRER WIRD DIE SAAT DER FREIHEIT GESÄT!

Schickt Protestschreiben an:
atencionalpublico@gobernacion.gob.hn oder kontaktiert die Botschaft Honduras in Eurem Land: BRD: informacion@embahonduras.de

Österreich: Honorarkonsulat der Republik Honduras, Breitenfurter Straße 380 A / 8, 1235 Wien, (+43) (1) 5346 61572

Kopien an die FNPR durch:
editor@marxist.com

6. März 2010 Posted by | Honduras, Lateinamerika, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras: Micheletti „Abgeordneter auf Lebenszeit“

Parlament in Honduras will Putschpräsident vor strafrechtlicher Verfolgung schützen

Empört haben Menschenrechtsgruppen und Aktivisten in Honduras auf einen Beschluß des honduranischen Parlaments reagiert, den seit dem Staatsstreich vom 28. Juni herrschenden De-facto-Präsidenten Roberto Micheletti zum »Abgeordneten auf Lebenszeit« zu erklären und ihm dadurch strafrechtliche Immunität zu garantieren. »Das ist ein Akt, der für ein faschistisches Regime charakteristisch ist«, kritisierte der Präsident der honduranischen Menschenrechtskommission, Andrés Pavón. Die Putschisten versuchten, sich vor den Folgen ihrer Verbrechen zu schützen. Der Beschluß des Kongresses werde Micheletti jedoch nicht vor einem Verfahren beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bewahren, den mehrere Organisationen des zentralamerikanischen Landes angestrengt haben.

Das Parlament in Tegucigalpa hatte am Mittwoch abend (Ortszeit) mit den Stimmen der den Putsch unterstützenden Abgeordneten beschlossen, Micheletti das in der Verfassung nicht vorgesehene Amt eines »Abgeordneten auf Lebenszeit« zu verleihen. Aus Protest gegen die Entscheidung verließen die fünf Abgeordneten der linken Demokratischen Vereinigung (UD) sowie einige Vertreter der Liberalen Partei das Plenum. »Die honduranischen Gesetze kennen so etwas nicht. Die Abgeordneten werden durch das Volk in direkter und geheimer Wahl bestimmt«, unterstrich der UD-Parlamentarier Marvin Ponce.

Der bolivanische Präsident Evo Morales kommentierte den Vorgang wie folgt:

“Ich lese gerade die Überschrift  in den täglichen News über Honduras. Man hat diesem Mann in seinem Land den Titel eines “Member for Life” verliehen. Dabei ist Roberto Micheletti  der “zweite Pinochet” in Lateinamerika”, teilte Morales in einer Rede anlässlich der Buchpräsentation “Evo en la mira, CIA y DEA en Bolivia” durch die argentinische Schriftstellerin Stella Calloni mit.

Augusto José Ramón Pinochet Ugarte war ein chilenischer General und Diktator. Während der Militärdiktatur in Chile unter Augusto Pinochet von 1973 bis 1990 sind mindestens 35 000 Menschen Opfer systematischer Folterungen geworden. Tausende wurden ermordet.

16. Januar 2010 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, Politik | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Obamas »Smart Power«

29.12.09

Obamas »Smart Power«

Hintergrund. Vor sechs Monaten putschte in Honduras das Militär gegen den Präsidenten Manuel Zelaya – Washington zog die Fäden

Von Eva Golinger

Henry Kissinger sagte einmal, Diplomatie sei »die Kunst, die Macht zu zügeln«. Offensichtlich bezog sich damit einer der einflußreichsten Ideologen der US-Außenpolitik des 20. Jahrhunderts auf die Notwendigkeit, die Macht und Regierenden anderer Länder »zu zügeln«, um die vorherrschende Stellung der Vereinigten Staaten in der Welt zu bewahren. Präsidenten wie George W. Bush griffen zur »harten Macht« (Hard Power), um dieses Ziel zu erreichen: Waffen, Bomben, Drohungen und Militärinvasionen. Andere, wie William Clinton, nutzten die »weiche Macht« (Soft Power): Kulturkrieg, Hollywood, Ideale, Diplomatie, moralische Autorität und Kampagnen, um »die Hirne und Herzen« der Zivilbevölkerung in den gegnerischen Ländern zu gewinnen. Aber die Administration von Barack Obama hat sich für eine Abwandlung dieser beiden Konzepte entschieden und verbindet die militärische Macht mit der Diplomatie, den politischen und ökonomischen Einfluß mit dem kulturellen und rechtlichen, und nennt dieses Konzept »intelligente Macht« (Smart Power). Dieses Konzept wurde erstmals beim Staatsstreich in Honduras, angewandt, und bis heute funktioniert es fast perfekt.

Während ihrer Anhörung zur Bestätigung vor dem Senat der Vereinigten Staaten sagte Außenministerin Hillary Clinton, »wir müssen das nutzen, was ›Smart Power‹ genannt worden ist: das komplette Arsenal von diplomatischen, wirtschaftlichen, militärischen, politischen, rechtlichen und kulturellen Werkzeugen, die uns zur Verfügung stehen, und für jede Situation jeweils das richtige Werkzeug oder die richtige Kombination von Werkzeugen auswählen. Mit der ›Smart Power‹ wird die Diplomatie die Vorhut unserer Außenpolitik sein.« Später unterstrich Clinton dieses Konzept mit der Aussage, der weiseste Weg sei, zuerst zu überzeugen.

Was ist das Intelligente an dieser Konzep­tion? Sie ist eine Form von Politik, die schwer zu klassifizieren, schwer zu erkennen und schwer zu demontieren ist. Dafür ist der Fall Honduras beispielhaft.

Übergang zur Demokratie blockiert

Es schien ein Déjà-vu zu sein. Ein Staatsstreich gegen einen rechtmäßig gewählten Präsidenten in Lateinamerika, entführt durch die Putschmilitärs. Die offiziellen Medien von den Putschisten geschlossen. Die Sendefrequenzen der internationalen Medien blockiert, damit das Volk die Nachricht nicht vernehmen kann. Die Botschafter befreundeter Länder bedroht und geschlagen, ihre diplomatische Immunität verletzt. Die Regierung in Washington zeigt sich »besorgt«, aber bereit, »mit den demokratischen Kräften zu arbeiten«.

Es erinnerte an Venezuela im April 2002, als es zum Putsch gegen Präsident Hugo Chávez kam. Und nun vor sechs Monaten der Staatsstreich gegen Manuel Zelaya im Morgengrauen des Sonntags, 28. Juni. Soldaten drangen schießend in die Präsidentenresidenz ein, schlugen den Präsidenten und nahmen ihn gefangen. Sie brachten ihn zu dem von den Vereinigten Staaten seit den 50er Jahren besetzten Militärstützpunkt »Coronel Enrique Soto Cano« in Palmerola, 97 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Tegucigalpa, und koordinierten dort sein erzwungenes Exil. Sie setzten ihn in ein Flugzeug, ohne ihm zu sagen, wohin er gebracht werde. Stunden später erreichte er Costa Rica.

Die Koordinatorin einer Oppositionsorganisation in Honduras, Martha Diaz von der Gruppe Frieden und Demokratie, die über die USAID (United States Agency for International Development, Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung) Finanzmittel der US-Regierung erhält, erklärte am selben Tag im spanischsprachigen Programm von CNN, daß die »Zivilgesellschaft« der Meinung sei, daß es in Honduras keinen Putsch, sondern einen »Übergang zur Demokratie« gegeben habe.

Der Putsch wurde nach Tagen voller Spannung in Honduras vollzogen und war die Antwort auf eine Volksinitiative für ein beratendes – nicht verpflichtendes – Referendum über die Möglichkeit, während der nächsten Wahlen im November auch über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung abstimmen zu dürfen. Die von Präsident Zelaya gemeinsam mit sozialen Bewegungen und verbündeten Parteien vorgeschlagene Initiative wurde vom Obersten Gerichtshof von Honduras für illegal erklärt, nachdem der von einer gegen Zelaya eingestellten Mehrheit gebildete Kongreß des Landes dort beantragt hatte, die Verfassungsmäßigkeit der Befragung zu überprüfen.

Am 24. Juni hatte Präsident Zelaya den Chef des Generalstabs, General Romeo Vásquez, abgesetzt, nachdem dieser sich einer Order Zelayas, seines obersten Befehlshabers, verweigert hatte, Abstimmungsmaterial im Land zu verteilen. Am folgenden Tag erklärte der Oberste Gerichtshof die Absetzung von General Vásquez für illegal und setzte ihn wieder in sein Amt ein. Inmitten der Aufregung erklärte der Verteidigungsminister Angel Edmundo Orellana seinen Rücktritt.

Am Freitag, 26. Juni, gingen Zelaya und Tausende Mitglieder von Gewerkschaften und sozia­len Bewegungen auf die Straße, um den Staatschef und die Durchführung der für den folgenden Sonntag vorgesehenen Volksbefragung zu unterstützen. Sie erreichten den Militärstützpunkt, in dem die Wahlmaterialien gelagert wurden, holten es heraus und begannen, es im ganzen Land zu verteilen, um die historische Befragung vorzubereiten. Die gegenwärtig gültige Verfassung von Honduras wurde im Jahr 1982 geschrieben, inmitten des von Ronald Reagan entfesselten schmutzigen Krieges gegen das sandinistische Nicaragua, und beschränkte die Beteiligung des Volkes an politischen Angelegenheiten. Die für jenen Sonntag vorgeschlagene Befragung wäre der erste partizipative Prozeß in der Geschichte des zentralamerikanischen Landes gewesen und hätte gezeigt, daß Honduras auf dem Weg gewesen wäre, eine Demokratie mit mehr Mitwirkungsrechten des Volkes aufzubauen.

US-Politik konsolidiert Putsch

Aber all das wurde am Sonntagmorgen des 28.Juni mit der Entführung Zelayas und der sofort einsetzenden Repression auf den Straßen von Honduras gewaltsam gestoppt. Die privaten Massenmedien zeigten Zeichentrickfilme und Telenovelas an Stelle von Nachrichten. Das spanische Programm von CNN und Telesur wurde in den Morgenstunden abgeschaltet, um zu verhindern, daß die Wahrheit über den Staatsstreich an die Öffentlichkeit gelangte. Die Botschafter Venezuelas und Kubas in Honduras wurden entführt, geschlagen und in einem abgelegenen Gebiet außerhalb der Hauptstadt Tegucigalpa ausgesetzt. Außenministerin Patricia Rodas wurde aus ihrer Residenz unter Schlägen entführt und von den Putschmilitärs gefangengenommen.

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) berief an jenem Morgen eine Sondersitzung ein und verurteilte einstimmig den Staatsstreich in Honduras. Die Rio-Gruppe wurde einberufen, um eine Erklärung zur Verurteilung des Putsches zu verabschieden, und die Präsidentin von Chile, Michelle Bachelet, die auch zeitweilig Präsidentin der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) war, verurteilte im Namen der südamerikanischen Gemeinschaft ebenfalls den Staatsstreich. Bis hin zur Europäischen Union und zur Generalversammlung der Vereinten Nationen reichte die Verurteilung des Putsches.

Aber die einzige Regierung der Region, die nicht ausdrücklich die Situation in Honduras verurteilte, war die von Barack Obama. Der US-Präsident äußerte seine »Besorgnis« über die Lage in Honduras, nahm jedoch keine feste Haltung der Ablehnung gegenüber den Ereignissen in dem kleinen Land ein. Die Verwicklung Washingtons in den Putsch in Honduras machte in den vergangenen sechs Monaten seine Konsolidierung erst möglich. Die »Smart Power« spielte eine Hauptrolle, um einen Regimewechsel zu erreichen, der letztlich den US-Interessen dient. Das State Department weigerte sich, die Ereignisse in Honduras als Staatsstreich zu bezeichnen. Am 1. Juli erklärten Sprecher des US-Außenministeriums: »Bezüglich dieses Schlages wäre es das Beste, von einer zwischen den Militärs und einigen zivilen Akteuren koordinierten Anstrengung zu sprechen.«

Diese Haltung, das Geschehen als Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung, nicht jedoch als Staatsstreich zu definieren und nicht die Wiedereinsetzung des rechtmäßigen Präsidenten zu verlangen, wurde nach einem Treffen von Außenministerin Hillary Clinton mit Zelaya am 7. Juli bekräftigt: »Ich hatte eine produktive Begegnung mit Präsident Zelaya. (…) Ich habe ihm bekräftigt, daß die Vereinigten Staates die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Honduras unterstützen. (…) Wir rufen alle Seiten auf, keine Gewaltakte zu begehen und durch den Dialog eine friedliche, verfassungsmäßige und stabile Lösung für die ernsthaften Spaltungen in Honduras zu erreichen. Mit diesem Ziel haben wir mit unseren Partnern in der Hemisphäre gearbeitet, um Verhandlungen zu etablieren.« Nach diesem Treffen war klar, daß Washington nicht weiter von einer Rückkehr Zelayas an die Macht sprechen würde. Das Interesse der USA war, »Verhandlungen« mit den Putschisten zu befördern, die letztlich ihren Interessen dienen würden. Ohne die Macht Washingtons auf seiner Seite würde die Rückkehr Zelayas erschwert werden. Und so war es auch.

Militärstützpunkt Soto Cano

Im Zentrum des Putsches in Honduras stand außerdem ein weiterer, entscheidender Akteur: das Pentagon. Die Vereinigten Staaten haben im Stützpunkt Soto Cano eine sehr starke Militärpräsenz. In den 80er Jahren wurde Soto Cano von US-Oberst Oliver North als Operationsbasis für die »Contras« genutzt. Diese von der CIA trainierten und finanzierten Paramilitärs hatten den Auftrag, Krieg gegen die linken Bewegungen Zentralamerikas und speziell gegen die sandinistische Regierung Nicaraguas zu führen. Von Soto Cano gingen die Terrorangriffe der »Contras«, die Todesschwadronen und »Sondermissionen« aus, die Tausende Ermordete, Verschwundene, Gefolterte, Verletzte und Traumatisierte in Zentralamerika forderten.

John Negroponte, der damalige Botschafter der USA in Honduras (1981–1985), leitete diese schmutzigen Operationen gemeinsam mit Oliver North und dem Chef des direkt dem US-Geheimdienst unterstellten Office of Public Diplomacy for Latin America and the Caribbean, Otto Reich.

Die honduranische Verfassung erlaubte keine ausländische Militärpräsenz im Land. Ein Abkommen »per Handschlag« zwischen Washington und Honduras ermöglichte die strategisch wichtige Präsenz Hunderter US-Militärs auf dem Stützpunkt. Das Abkommen wurde 1954 als Teil der Militärhilfe geschlossen, die Washington Honduras anbot. Zuerst wurde die Basis von der CIA genutzt, um im selben Jahr den Putsch gegen Jacobo Arbenz in Guatemala durchzuführen.

Jahr für Jahr genehmigte Washington Hunderte Millionen US-Dollar Wirtschafts- und Militärhilfe für Honduras, eines der ärmsten Länder der Hemisphäre. Aber das Abkommen, daß die US-Militärpräsenz in dem zentralamerikanischen Land genehmigt, konnte von der honduranischen Regierung jederzeit gekündigt werden.

Am 31. Mai 2008 kündigte Präsident Manuel Zelaya an, daß Soto Cano zu einem Flughafen für internationale kommerzielle Flüge umgewandelt werden solle. Der Bau des Zivilterminals wurde aus einem Fond der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) finanziert. Offensichtlich sah das Pentagon den möglichen Verlust seiner strategischen Präsenz in Honduras mit großer Sorge.

Auf honduranischer Seite wurden die Militärs in den vergangenen 50 Jahren von der US-Armee finanziert, trainiert, indoktriniert und kommandiert. Ihre Militärdoktrin ist die »Nationale Sicherheit« mit der gegen die Linke gerichteten, antisozialistischen Stoßrichtung. Für die honduranischen Militärs war es leicht und logisch, gegen Zelaya vorzugehen, da sie ihn als die »linke Bedrohung« ansahen, die sie doch schon in den vergangenen Jahrzehnten bekämpft hatten.

Schachzug gegen Zelaya

Die Repression gegen das honduranische Volk war in den vergangenen sechs Monaten brutal. Das Komitee der Familienangehörigen verschwundener Verhafteter in Honduras (COFADEH) hat Tausende Menschenrechtsverletzungen seit dem Staatsstreich registriert. Zwischen dem 28. Juni und dem 10. Oktober zählte das Komitee 21 Morde, mehr als 100 Todesdrohungen, fast 1000 Verletzte, mehr als 3000 illegale Verhaftungen, politische Verfolgung, Razzien, Übergriffe auf Journalisten und die Schließung von gegen den Putsch eingestellten Medien. Die Mehrzahl dieser Verletzungen und Aggressionen wurden von den Sicherheitskräften und Militärs unter dem Befehl des Putschregimes von Roberto Micheletti begangen.

Der Widerstand des honduranischen Volkes hat diese brutale Repression ausgehalten und den Staatsstreich standhaft verurteilt. Am 21. September kehrte Präsident Zelaya heimlich in das Land zurück und suchte in Brasiliens Botschaft in Tegucigalpa Zuflucht. Seither harrt er dort aus und koordiniert mit dem Volk die Anstrengungen der Widerstandsbewegung gegen den Putsch. Michelettis Putschregime erklärte, daß Zelaya sofort festgenommen und eingesperrt werde, sollte er die Botschaft verlassen.

Am 29. November fanden in Honduras Präsidentschaftswahlen statt. Das Datum und die Kandidaten hatten schon seit fast einem Jahr festgestanden. Aber eine Mehrheit der Staaten der Welt erklärte ihre Ablehnung dieser Wahlen, die unter Staatsstreichsbedingungen durchgeführt wurden. Am 30. Oktober reiste Washingtons damaliger Vizeaußenminister Thomas Shannon mit einer Delegation hochrangiger Funktionäre nach Tegucigalpa, wo er ein »Abkommen« zwischen Micheletti und Zelaya »erzielte«. Angeblich sollte es den Putsch beenden und die Wiedereinsetzung Zelayas in sein Amt beinhalten. Aber es war offensichtlich, daß das Abkommen einfach nur ein Versuch war, die Wahlen vom 29. November zu legitimieren.

Am Ende bedeutete das von Washington durchgesetzte und zunächst so gefeierte »Abkommen« nur die Einschaltung des Parlaments, desselben Parlaments, das ein Rücktrittsschreiben Zelayas gefälscht hatte, um den Putsch zu rechtfertigen, und die illegale Übernahme der Präsidentschaft durch Micheletti unterstützt hatte. Dieser Kongreß sollte nun entscheiden, ob Zelaya wieder in die Präsidentschaft eingesetzt werde oder nicht. Und das erst, nachdem die Meinung des Obersten Gerichtshofs eingeholt werden sollte, der ja schon geurteilt hatte, daß Zelaya ein Verräter sei, als er die unverbindliche Volksbefragung über eine mögliche Verfassungsreform betrieben hatte, und der die gewaltsame Verhaftung des Präsidenten angeordnet hatte. Beide Instanzen wiesen die Rückkehr Zelayas ab und ließen so das Abkommen ohne jeden Inhalt zurück.

Aber mit der Unterzeichnung des Abkommens vom 30. Oktober hob Washington zugleich die wenigen Restriktionen auf, die es als Druck gegen das Putschregime verhängt hatte. Die Putschisten bekamen wieder Visa und konnten in den Norden reisen, sie brauchten sich keine Sorgen mehr um die Millionen-Dollar-Hilfen der USAID machen, die in der Zwischenzeit nicht einmal ausgesetzt worden waren. Die US-Militärs in Soto Cano konnten ihre Aktivitäten wieder öffentlich aufnehmen, zumal sie diese nie eingestellt hatten. Washington entsandte seine Beobachterdelegation zu den Wahlen vom 29. November, und das State Department gab zu, daß die USA den Wahlprozeß finanzierten, damit alles »gut ausgehe«.

Das Volk blieb außen vor, kein Wort mehr von den Monaten voller Repression, Gewalt, Verfolgung, Vergewaltigungen, Ausgangssperren, Schließung von Medien, Folterungen und Morden. Wa­shington und seine Anhängsel in der Region – Kolumbien, Costa Rica, Peru und Panama – waren die einzigen, die die Wahlergebnisse anerkannten. Außerhalb der Region stimmte nur Israel der Wahlfarce zu. Nichts davon war überraschend. In den vergangenen sechs Monaten war immer wieder auf die Präsenz israelischer Waffen und Militärausrüstungen in Honduras hingewiesen worden, die von den honduranischen Militärs zur Niederschlagung des Volkes benutzt wurden. Außerdem waren israelische Sondereinheiten vor Ort, die honduranische Soldaten ausbildeten.

Lateinamerika in Gefahr

Auf die Knie gezwungen und an Washington ausgeliefert, wurde die durch den Putsch provozierte Krise in Honduras »gelöst«, die im Norden selbst fabriziert wurde. Nun rücken Paraguay, Nicaragua, Ecuador und Venezuela ins Visier des Imperiums, wo Tag für Tag Subversion und Destabilisierung zunehmen.

Obamas »Smart Power« ist eine geschickte Verkleidung des Unilateralismus der USA. Vom ersten Tag an wurde die Agenda Washingtons durchgesetzt. Aber für die Mehrheit der lateinamerikanischen Völker bedeutet der Sieg dieser »Smart Power« einen sehr dunklen und gefährlichen Schatten, der ihnen näherrückt. Initiativen wie ALBA hatten gerade erst die wirkliche Unabhängigkeit in Lateinamerika erreicht. Zum ersten Mal erhoben sich die Länder und Völker gemeinsam mit Würde und Souveränität, um selbst über ihre eigene Zukunft zu entscheiden. Da kam Obama mit seiner »Smart Power« und schlug ALBA, schwächte die lateinamerikanische Integration und versuchte, jedes Denken über Unabhängigkeit und Souveränität im Hinterhof Washingtons zu ersticken.

Das Volk von Honduras leistet weiter Widerstand. Mit der Einforderung seiner Rechte ist es zu einem Symbol der Würde geworden. Es darf nicht zulassen, daß im Geschichtsbuch die Konsolidierung eines Staatsstreichs seine Zukunft bestimmt. Der einzige Weg, die Aggression des Imperiums zu besiegen, ist die Einheit und Integration der lateinamerikanischen Völker.

Aus dem Spanischen von André Scheer

Die in New York geborene Eva Golinger ist eine US-amerikanische Anwältin und Publizistin venezolanischer Abstammung. Sie führt eine Kanzlei in New York und lebt seit 1997 zeitweilig in Caracas. Bekannt wurde sie, als sie nach dem Putsch 2002 gegen Venezuelas Präsident Hugo Chávez Dokumente der US-Administration veröffentlichen konnte, die eine Verwicklung Washingtons in den Staatsstreich und in die Versuche zum Sturz der venezolanischen Regierung belegen. Diesen Beitrag verfaßte sie exklusiv für jW.

Quelle: www.jungewelt.de

30. Dezember 2009 Posted by | Honduras, International, Israel, Konterrevolution, Lateinamerika, News, Politik, US-Imperialismus | , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Rede von Hugo Chávez in Kopenhagen

Übersetzung: Klaus E. Lehmann, M. Daniljuk

www.amerika21.de

XV. Internationale Konferenz der Organisation der Vereinten Nationen über den Klimawechsel, Kopenhagen, Königreich Dänemark, Mittwoch, 16. Dezember 2009

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, ich verspreche Ihnen, dass ich nicht länger reden werde als derjenige, der hier heute Nachmittag am längsten gesprochen hat. Erlauben Sie mir einen Kommentar zu Beginn, den ich gerne zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt gemacht hätte, der von den Delegationen Brasiliens, Chinas, Indiens und Boliviens wahrgenommen worden ist. Wir waren auch da und haben ums Wort gebeten, aber es war nicht möglich, an die Reihe zu kommen. Die Vertreterin von Bolivien hat gesagt… Grüße bei dieser Gelegenheit natürlich an den Compañero Evo Morales, der auch hier anwesend ist, den Präsidenten der Republik Bolivien… [Beifall bei den Anwesenden]

… sie sagte unter anderem das Folgende, beachten Sie dies, sie sagte: Der vorgelegte Text ist nicht demokratisch, er bezieht nicht alle mit ein. Ich war gerade erst angekommen und wir waren dabei uns hinzusetzen, als wir die Präsidentin der vorherigen Sitzung, die Ministerin, sagen hörten, dass da ein Dokument aufgetaucht sei, aber eins, das keiner kennt. Ich habe nach dem Dokument gefragt, wir haben es noch nicht vorliegen, ich glaube niemand hier weiß etwas von diesem Top-Secret-Dokument. Nun ist das gewiss nicht demokratisch, die bolivianische Genossin hat es gesagt, es bezieht nicht alle mit ein, also, meine Damen und Herren: Ist das vielleicht nicht genau die Realität dieser Welt? Befinden wir uns etwa in einer demokratischen Welt? Bezieht denn etwa das weltweite System alle mit ein? Können wir denn überhaupt irgendetwas Demokratisches vom gegenwärtigen weltweiten System erwarten? Was wir auf diesem Planeten erleben, ist doch eine imperiale Diktatur und so fahren wir von diesem Platz aus zu fort öffentlich zu bekunden: Nieder mit der imperialen Diktatur! Es leben die Völker und die Demokratie und die Gleichheit auf diesem Planeten! [Beifall bei den Anwesenden]

Und das, was wir hier sehen, spiegelt genau dies wieder: den Ausschluss. Es gibt eine Gruppe von Ländern, die sich für überlegen halten, gegenüber uns, die wir aus dem Süden sind, uns, die wir aus der Dritten Welt sind, die wir unterentwickelt sind, oder wie unser großer Freund Eduardo Galeano sagt: Wir sind die abgewickelten, die überfahrenen Länder, als ob uns ein Zug der Geschichte überfahren hätte. Wir sind also nicht gerade erstaunt, nicht verwundert darüber, dass es keine Demokratie gibt auf der Welt und so sehen wir uns einmal mehr einer offensichtlichen weltweiten imperialen Diktatur gegenüber. Später sind zwei junge Leute hier heraufgekommen, glücklicherweise haben sich die Ordnungsbeamten zurück gehalten, haben nur ein bisschen geschubst und die beiden haben sich gefügt, oder? Dort draußen sind eine Menge Leute, wissen Sie? Klar, die passen nicht alle hier in den Saal, so viele Leute. Ich habe in der Presse gelesen, dass es ein paar Verhaftungen gegeben hat, ein paar heftige Proteste, dort in den Straßen von Kopenhagen und ich möchte all diese Menschen da draußen grüßen, zumeist junge Leute. [Beifall bei den Anwesenden]

Klar, es sind die jungen Leute, die sich Sorgen machen, ich glaube, sie machen sich zu Recht viel mehr Sorgen um die Zukunft der Welt als wir; wir hier – wenigstens die Meisten von uns, die hier sind – wir haben die Sonne ja schon im Rücken, während sie die Sonne noch von vorne sehen und sehr besorgt sind. Man könnte sagen, Herr Präsident, dass ein Gespenst umgeht in Kopenhagen, um es mit Karl Marx auszudrücken, dem großen Karl Marx, ein Gespenst geht durch die Straßen von Kopenhagen und ich glaube, dass dieses Gespenst im Stillen auch durch diesen Saal geht, es läuft hier herum, mitten unter uns, es schleicht durch die Gänge, schlüpft unten durch, steigt wieder hoch, dieses Gespenst ist ein schreckliches Gespenst, das fast niemand beim Namen nennen will: Der Kapitalismus ist dieses Gespenst, das fast niemand beim Namen will. [Beifall bei den Anwesenden]

Es ist der Kapitalismus und dort lärmen die Völker, dort draußen kann man sie hören. Ich habe einige von den Parolen gelesen, die auf den Straßen zu sehen sind, und ich glaube das sind die Parolen von diesen jungen Leuten, ein paar davon habe ich gehört, als vorhin der Junge und das Mädchen da waren und zwei davon habe ich mir gemerkt. Unter anderem hört man zwei besonders mächtige Parolen. Die eine: Ändert nicht das Klima, ändert das System. [Beifall bei den Anwesenden]

Und die nehme ich für uns in Anspruch: Lasst uns nicht das Klima ändern! Lasst uns das System ändern! Und als Schlussfolgerung daraus fangen wir an, den Planeten zu retten. Der Kapitalismus, das Modell der zerstörerischen Entwicklung, ist dabei das Leben zunichte zu machen, er droht die Gattung Mensch endgültig zu vernichten.

Und die andere Parole regt zum Nachdenken an. Sehr passend zur Bankenkrise, die um die Welt gegangen ist und diese noch immer heimsucht, und zu der Art und Weise, in der die reichen Länder des Nordens den Bankiers und den großen Banken geholfen haben, allein was dabei die Vereinigten Staaten getan haben – man hat die Zahlen aus den Augen verloren, das ist einfach astronomisch – um die Banken zu retten. Dazu heißt es auf den Straßen folgendermaßen: Wenn das Klima eine Bank wäre, dann hätten sie es schon gerettet. [Beifall bei den Anwesenden]

Und ich glaube, das ist wahr. Wenn das Klima eine von den größten kapitalistischen Banken wäre, dann hätten es die reichen Regierungen schon gerettet. Ich glaube, Obama ist noch nicht da. Er hat den Friedensnobelpreis fast am selben Tag bekommen als er weitere dreißigtausend Soldaten losgeschickt hat, um in Afghanistan unschuldige Menschen zu töten, und jetzt kommt er her, um sich hier mit dem Friedensnobelpreis zu präsentieren, der Präsident der Vereinigten Staaten. Aber die Vereinigten Staaten haben ja das Maschinchen, um Geldscheine herzustellen, um Dollars zu drucken und sie haben so die Banken und das kapitalistische System gerettet, oder glauben zumindest sie hätten es getan. Na gut, das war das – ein Kommentar am Rande, was ich dort hatte anmerken wollen. Wir waren dabei die Hand zu heben, um Brasilien, Indien, Bolivien und China in ihrer interessanten Position zu unterstützen, die von Venezuela und von den Ländern der Bolivarischen Allianz (ALBA) mit ganzem Nachdruck geteilt wird; aber gut, man hat uns nicht das Wort erteilt, rechnen Sie mir also bitte diese Minuten nicht an, Herr Präsident. [Beifall bei den Anwesenden]

Stellen Sie sich vor, da hatte ich neulich das Vergnügen, diesen französischen Schriftsteller, Hervé Kempf, kennen zu lernen. Ich empfehle Ihnen dieses Buch, ich empfehle es wirklich, es ist auf Spanisch erhältlich und es gibt Hervé auch auf Französisch, und auf Englisch ganz sicher auch: Cómo los ricos destruyen el planeta. Hervé Kempf: Wie die Reichen den Planeten zerstören. Deswegen hat schon Christus gesagt: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als das ein Reicher in den Himmel kommt. So sprach Christus, unser Herr. [Beifall bei den Anwesenden]

Die Reichen sind dabei, den Planeten zu zerstören. Ob sie wohl vorhaben sich auf einen anderen zu begeben, wenn sie diesen hier zerstört haben? Ob sie wohl Pläne haben auf einen anderen Planeten abzuhauen? Bis jetzt ist jedenfalls noch keiner am Horizont der Galaxie zu sehen. Das Buch ist mir gerade erst in die Hände gekommen, Ignacio Ramonet, der auch hier in diesem Saal ist, hat es mir geschenkt; und wenn man ans Ende des Prologs oder des Vorwortes kommt, dann stößt man auf diesen sehr wichtigen Satz, in dem Kempf folgendes sagt, ich zitiere: “Wir werden den materiellen Konsum auf globaler Ebene nicht reduzieren können, wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Mächtigen mehrere Stufen herunter kommen und wenn wir die Ungleichheit nicht bekämpfen. Es ist notwendig, dem im Augenblick der Bewusstwerdung so nützlichen ökologischen Prinzip des globalen Denkens und des lokalen Handelns, das Prinzip hinzuzufügen, das die Situation erfordert: Weniger konsumieren und besser verteilen.” Ich glaube das ist ein guter Rat, den uns dieser französische Schriftsteller Hervé Kempf da gibt. [Beifall bei den Anwesenden]

Nun gut, Herr Präsident, der Klimawechsel ist ohne Zweifel das verheerendste Umweltproblem des gegenwärtigen Jahrhunderts: Überschwemmungen, Trockenheiten, schwere Unwetter, Hurrikans, Tauwetter, der Anstieg des durchschnittliches Meeresspiegels, die Übersäuerung der Ozeane und Hitzewellen, alles das verschärft die schweren Schläge der globalen Krisen, die uns heimsuchen.

Die gegenwärtige menschliche Aktivität überschreitet die Schwellen der Nachhaltigkeit und bringt das Leben auf dem Planeten in Gefahr, aber auch in dieser Hinsicht sind wir zutiefst ungleich. Ich möchte daran erinnern: die 500 Millionen der reichsten Leute, 500 Millionen, das sind sieben Prozent, sieben Prozent der Weltbevölkerung, diese sieben Prozent, diese fünfhundert Millionen der reichsten Leute sind verantwortlich für fünfzig Prozent der Schadstoffemissionen, während die fünfzig Prozent Ärmsten nur für fünf Prozent der Schadstoffemissionen verantwortlich sind. Deshalb macht es mich stutzig und ist es ein wenig seltsam, hier die Vereinigten Staaten und China auf eine Stufe zu stellen. Die Vereinigten Staaten kommen gerade mal auf 300 Millionen Einwohner, während China fast fünfmal soviel an Bevölkerung hat wie die USA.

Die USA verbrauchen mehr als 20 Millionen Barrel Öl am Tag, während China auf kaum 5,6 Millionen Barrel täglich kommt und da kann man doch von den Vereinigten Staaten und China nicht dasselbe verlangen. Es gibt hier einige Themen, die zu diskutieren sind und hoffentlich können wir Staats- und Regierungschefs uns hier zusammensetzen und wirklich und wahrhaftig über diese Dinge diskutieren. Darüber hinaus, Herr Präsident, sind 60 Prozent der Ökosysteme des Planeten geschädigt, 20 Prozent der Erdkruste ist geschwächt; wir sind zu gleichgültigen Zeugen der Entwaldung, der Umwandlung von Böden, der Wüstenbildung, der Störungen der Süßwassersysteme, des Raubbaus an den Meeresressourcen, sowie der Vergiftung und des Verlustes der biologischen Diversität geworden.

Die verschärfte Nutzung des Bodens überschreitet seine Regenerationssfähigkeit um 30 Prozent. Der Planet ist dabei zu verlieren, was die Fachleute die Fähigkeit zur Selbstregulierung nennen, jeden Tag werden mehr Abfallstoffe freigesetzt als verarbeitet werden können. Das Überleben unserer biologischen Art quält das Bewusstsein der Menschheit. Trotz aller Dringlichkeit sind zwei Jahre der Verhandlungen vergangen, um eine zweite Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll zu beschließen und wir wohnen nun diesem Treffen bei, ohne dass es bisher zu einer wirklichen und bedeutsamen Vereinbarung gekommen wäre.

Und was im Übrigen nun diesen Text angeht, der da aus dem Nichts kommt, wie es einige bezeichnet haben, sagt der chinesische Vertreter, sagt Venezuela und sagen wir als ALBA-Länder, die Länder der Bolivarischen Allianz, dass wir, wie bereits zum Ausdruck gebracht, keinen anderen Text akzeptieren, der nicht aus den Arbeitsgruppen des Kyoto-Protokolls und des gleichnamigen Abkommens stammt, aus den legitimen Texten, die in all den letzten Jahren mit so großer Intensität diskutiert worden sind. [Beifall bei den Anwesenden]

Und in den letzten Stunden haben Sie, glaube ich, nicht geschlafen, außer dass Sie nicht zu Mittag gegessen haben, haben Sie auch nicht geschlafen. Es erscheint mir nicht logisch, dass jetzt ein Dokument aus dem Nichts auftaucht, wie es heißt. Das wissenschaftlich gestützte Ziel, den Ausstoß schädlicher Gase zu reduzieren und auf jeden Fall eine langfristige Kooperationsvereinbarung zu erreichen, heute, zu diesem Zeitpunkt, scheint gescheitert zu sein, vorerst (1).

Was ist der Grund dafür? Da haben wir keinen Zweifel. Der Grund ist die unverantwortliche Haltung und der Mangel an politischem Willen auf Seiten der mächtigsten Nationen dieses Planeten. Niemand sollte sich beleidigt fühlen, ich verweise auf der großen José Gervasio Artigas, wenn ich sage: „Mit der Wahrheit beleidige ich weder noch fürchte ich sie.“ Aber tatsächlich ist es eine unverantwortliche Haltung, des Ausschlusses, auf eine elitäre Weise, gegenüber einem Problem, das eines von allen Menschen ist und dass wir nur gemeinsam lösen können.

Politischer Konservatismus und der Egoismus der großen Konsumenten, aus den reichsten Ländern, bedeuten ein hohes Maß an Teilnahmslosigkeit und Mangel an Solidarität mit den Ärmsten, mit den Hungernden, mit den Hauptbetroffenen von Krankheiten, von Naturkatastrophen, Herr Präsident. Es ist unerlässlich, einen neuen und gemeinsamen Vertrag zu treffen, zwischen absolut ungleichen Seiten, in Hinsicht auf die Größe ihrer Beiträge und ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Kapazitäten, und dass dieser Vertrag auf der unbeschränkten Anerkennung der in der [Kyoto-] Vereinbarung enthaltenen Prinzipien basiert.

Die entwickelten Länder sollten zu verbindlichen Kompromissen finden, klar und konkret, was eine wesentliche Verringerung ihrer Emissionen betrifft und Verantwortung für finanzielle und technische Hilfen für die ärmsten Länder übernehmen, um den zerstörerischen Gefahren des Klimawandels zu begegnen. In diesem Sinne sollte die einzigartige Stellung der Inselstaaten und der weniger entwickelten Länder allgemein anerkannt werden.

Herr Präsident, der Klimawandel ist nicht das einzige Problem, das heute die Menschheit betrifft. Andere Plagen und Ungerechtigkeiten bedrängen uns: Die Kluft, welche reiche und arme Länder trennt, hat nicht zu wachsen aufgehört, trotz aller Milleniumsziele, trotz des Finanzgipfels in Monterrey, all dieser Gipfel, wie der Präsident von Senegal hier feststellte, als er eine große Wahrheit aussprach: Uneingelöste Versprechen über Versprechen, während die Welt ihren zerstörerischen Weg fortsetzt.

Das Einkommen der reichsten 500 Individuen auf der Welt liegt zusammen über dem Gesamteinkommen der ärmsten 416 Millionen Menschen. Die 2, 8 Milliarden Menschen, die mit weniger als 2 Dollar am Tag in Armut leben, machen 40 Prozent der Weltbevölkerung aus. Sie erhalten nur fünf Prozent der der weltweiten Einkommen. Heute sterben im Jahr 9,2 Millionen Kinder, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichen und 99,9 Prozent dieser Toten fallen in den ärmsten Ländern an. Die Kindersterblichkeit liegt im Durchschnitt bei 47 Toten auf eintausend Lebendgeborene, aber nur bei 5 auf Tausend in den reichen Ländern. Die Lebenserwartung liegt weltweit bei 67 Jahren, in den reichen Ländern sind es 79 Jahre, während es in einigen armen Ländern nur 40 Jahre sind. Zusammengerechnet leben 1,1 Milliarden Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser, 2,6 Milliarden Menschen ohne Sanitärservice, mehr als 800 Millionen Analphabeten und 1,02 Milliarden Personen hungern. Das ist das Szenario der Welt.

Aber jetzt zu den Gründen? Was ist der Grund? Sprechen wir von den Gründen, weichen wir der Tiefe dieses Problems nicht aus. Der Grund ist ohne Zweifel – ich kehre zu diesem katastrophalen Thema zurück – das notwendigerweise zerstörerische System des Kapitals und seines fleischgewordenen Modells: Der Kapitalismus.

Ich habe hier ein Zitat, das ich Ihnen kurz vorlesen möchte, von diesem großen Befreiungstheologen, Leonardo Boff, wie wir wissen ein Brasilianer, aus unserem Amerika. Leonardo Boff sagt folgendes zum Thema: „Was ist der Grund? Ah, der Grund ist, Glück zu suchen durch die materielle Akkumulation und Fortschritt ohne Ende. Dafür werden Wissenschaft und Technik benutzt, um mit ihrer Hilfe unbegrenzt alle Vorkommen der Erde auszubeuten.“ Und er zitiert dafür Charles Darwin und seine „natürliche Auslese“, das Überleben der Stärksten. Aber wir wissen, dass die Stärksten in der Asche der Schwächsten überleben.

Jean-Jacques Rousseau, immer wieder sei daran erinnert, sagte dieses: Zwischen dem Stärksten und dem Schwachen wird die Freiheit zerdrückt. Deshalb spricht das Imperium von Freiheit, es ist die Freiheit zu unterdrücken, einzumarschieren, umzubringen, zu vernichten, auszubeuten. Darin besteht seine Freiheit und Rousseau prägte den sparsamen Satz: Nur das Gesetz befreit.

Es gibt einige Länder, die dabei sind, Spielchen zu spielen, damit hier kein Dokument zustande kommt, weil sie genau kein Gesetz wollen. Sie wollen keine Vorschrift, weil die Inexistenz dieser Norm es ihnen erlaubt, ihre ausbeuterische Freiheit auszuspielen, ihre überwältigende Freiheit. Strengen wir uns an und machen wir Druck, hier und auf den Straßen, damit hier eine Vereinbarung getroffen wird, damit ein Dokument zustande kommt, das die mächtigsten Länder der Erde in die Pflicht nimmt. [Beifall bei den Anwesenden]

Leonardo Boff stellt gute Fragen, Präsident, Haben Sie Boff kennengelernt? Ich weiß nicht, ob Leonardo kommen konnte. Ich habe ihn vor kurzem in Paraguay kennengelernt. Immer haben wir seine Texte gelesen: Kann eine begrenzte Erde ein unbegrenztes Projekt aushalten? Die Hypothese des Kapitalismus, die unbeschränkte Entwicklung, ist ein zerstörerisches Modell. Akzeptieren wir das! Danach fragt uns Boff: Was könnten wir von Kopenhagen erwarten? Gerade dieses einfache Eingeständnis: So wie es ist, können wir nicht weitermachen, und ein einfacher Vorschlag: Wir werden den Kurs wechseln, lass es uns tun, aber ohne Zynismus, ohne Lüge, ohne doppelte Agenda, ohne Dokumente, die nirgendwohin führen, mit der Wahrheit nach vorne.

Wie lange noch, fragen wir aus Venezuela uns, Herr Präsident, meine Damen und Herren, wie lange noch werden wir diese Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten zulassen; wie lange noch werden wir die aktuelle Weltwirtschaftsordnung und die geltenden Marktmechanismen tolerieren; wie lange noch werden wir erlauben, dass große Epidemien HIV-AIDS ganze Bevölkerungen ausrotten; wie lange noch werden wir es hinnehmen, dass die Hungernden sich weder selbst ernähren können, noch ihre Kinder versorgen können; wie lange wollen wir erlauben, dass Millionen Kinder an heilbaren Krankheiten sterben; wie lange wollen wir bewaffnete Konflikte hinnehmen, in denen Millionen unschuldiger Menschen massakriert werden, mit dem Ziel, dass die Mächtigen sich die Ressourcen anderer Völker aneignen.

„Beendet die Aggressionen und Kriege, die darauf abzielen, weiterhin die Welt zu dominieren und uns auszubeuten!“ Das fordern die Völker der Welt von den Imperien. Keine weiteren imperialen Militärstützpunkte, keine Staatsstreiche! Bauen wir eine gerechtere und ausgewogenere Sozial- und Wirtschaftsordnung, löschen wir die Armut aus, senken wir sofort den Spitzenausstoß an Schadstoffen, bremsen wir die Umweltzerstörung und vermeiden wir die große Katastrophe, die der Klimawechsel bedeutet, stellen wir uns hinter das uneigennützige Ziel, gemeinsam freier und solidarischer zu sein.

Herr Präsident, vor fast zwei Jahrhunderten lieferte ein universeller Venezolaner, der Befreier der Völker und Wegbereiter unseres Denkens, eine absichtsvolle Aussage: „Wenn die Natur sich uns entgegenstellt, kämpfen wir und sorgen dafür, dass sie uns gehorcht…“ Das war Simón Bolívar der Befreier. Aus Venezuela, wo uns an einem Tag wie heute, allerdings vor 10 Jahren, die größte Klimakatastrophe in unserer Geschichte ereilte: die Tragödie von Vargas, wie sie genannt wird, in Venezuela dessen Revolution eine größere Gerechtigkeit für seine gesamt Bevölkerung erreichen will.

Dies ist nur möglich über den Weg des Sozialismus. Der Sozialismus, ein anderes Gespenst, von dem Karl Marx sprach, das geht hier auch um, mehr als ein Gegen-Gespenst. Der Sozialismus, das ist die Richtung, um den Planeten zu schützen, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, und der Kapitalismus ist der Weg ins Verderben, zur Zerstörung der Welt. Der Sozialismus aus diesem Venezuela widersetzt sich den Drohungen des nordamerikanischen Imperiums.

Als die Ländern, mit denen wir das ALBA, die Bolivarianische Allianz, bilden, fordern wir, ich sage das mit Respekt, aber aus tiefster Seele, fordern wir – Simón Bolívar, den Befreier umschreibend – im Namen von Vielen auf diesem Planeten die Regierungen und Völker der Welt auf: Wenn der zerstörerische Charakter des Kapitalismus sich uns entgegenstellt, dann kämpfen wir gegen ihn und sorgen dafür, dass er uns gehorcht. Wir warten nicht mit vor der Brust verschränkten Armen den Tod der Menschheit ab.

Die Geschichte ruft uns zum Zusammenschluss und zum Kampf. Wenn sich der Kapitalismus widersetzt, sind wir gezwungen gegen ihn in den Kampf zu ziehen und Wege zum Schutz der Menschheit zu öffnen. Wir sind an der Reihe, wir erheben die Fahnen von Christus, von Muhammad, der Gleichheit, der Liebe, der Gerechtigkeit, des Humanismus – des tatsächlichen und grundlegenden Humanismus. Wenn wir das nicht tun, wird die wundervollste Schöpfung des Planeten – ein Mensch zu sein – verschwinden, sie wird verschwinden.

Dieser Planet ist tausende von Millionen Jahre alt, und dieser Planet lebte tausende von Millionen Jahre ohne uns – die menschliche Spezies, das heißt, zum Überleben wir werden ihm nicht fehlen. Jetzt sind wir, die wir ohne diesen Planeten nicht leben können, dabei die Mutter Erde [Pachamama] zu zerstören, wie Evo sagte, wie unsere Brüder, die Ureinwohner von Südamerika sagen.

Schließlich, Herrr Präsident, um schon zum Schluss zu kommen, hören wir auf Fidel Castro, wenn er sagt: Eine Gattung ist in Gefahr ausgerottet zu werden: der Mensch. Hören wir auf Rosa Luxemburg, wenn sie sagt: Sozialismus oder Barberei. Hören wir auf Christus, den Erlöser, wenn er sagt: Geseligt seien die Armen, denn sie werden die Könige im Himmelsreich. Herr Präsident, meine Damen und Herren, seien wir in der Lage, dafür zu sorgen, dass diese Erde die Menschheit nicht beerdigt, machen wir diese Erde zu einem Himmel, einem Himmel für das Leben, für den Frieden, einen Frieden in Brüderlichkeit für die gesamt Menschheit, für die Gattung Mensch. Herr Präsident, meine Damen und Herren, vielen Dank und Guten Appetit. [Beifall bei den Anwesenden]


  1. mit dem Ausspruch „por ahora“ (vorerst) wurde Chávez 1992 berühmt, als er die Verantwortung für das Scheitern eines von ihm geführten Militäraufstandes bekannt gab und ergänzte „…., vorerst.“

21. Dezember 2009 Posted by | International, Klimapolitik, Lateinamerika, News, Politik, Revolution, Sozialismus, Umweltpolitik, Venezuela | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Bolivien: Ein grandioser Sieg für Evo und ein Votum für den Sozialismus

von Jorge Martin

16.12.2009

Evo Morales und die MAS (Movimiento al Socialismo) errangen in Bolivien bei den Wahlen vom 06. Dezember einen überragenden Sieg. Die Menschenmenge in der Hauptstadt La Paz begrüßte Morales‘ Siegesrede mit den Rufen „Sozialismus, Sozialismus“.

Die offiziellen Ergebnisse zeigen das Ausmaß des Sieges: Mehr als 64% der WählerInnen (2,9 Millionen) stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 94% für Evo Morales. Die MAS gewann in sechs Departamentos (La Paz, 80%; Torero, 79%; Potosí, 78%; Cochabamba, 68%; Chuquisaca, 56%; und Tarija, 51%). In der ArbeiterInnen-Hochburg El Alto, dem Zentrum der revolutionären Bewegungen von 2003 und 2005, stimmten 87% für Evo Morales. Es ist wichtig herauszustellen, dass Tarija ein Teil der Media-Luna-Provinzen im Osten des Landes ist, wo es der reaktionären Opposition bei früheren Wahlen immer gelungen war, die Massen zu mobilisieren. Der rechten Opposition, die vom vielgehassten früheren Bürgermeister von Cochabamba, Manfred Reyes,  angeführt wird, gelang es die Departamentos Santa Cruz (52% gegenüber 40% für die MAS), Pando (51% gegenüber 44% für die MAS) und Beni (53% gegenüber 37% für die MAS) zu gewinnen.

Selbst im reaktionären Santa Cruz schaffte es die MAS 9 von 15 Provinzen zu holen. Die Opposition gewann in der Hauptstadt ihre Stimmen im Stadtzentrum, während die MAS massenhaft WählerInnen in den ArbeiterInnenvierteln außerhalb des Zentrums für sich gewinnen konnte. Der offizielle Wahlkampf der MAS fand relativ wenig Gegenliebe bei den AktivistInnen der MAS, weil er darauf abzielte, „die Mittelschichten anzusprechen“, was zur Verwässerung der politischen Ziele und sogar zu Bündnissen mit Mitgliedern der reaktionären UJC führte, die faschistische Banden organisiert hatte, welche am Staatsstreich gegen Morales im September 2008 beteiligt waren. Diese Politik hat sich als falsch erwiesen, da die Stimmenanteile in den ArbeiterInnenvierteln der Hauptstadt solide blieben, während sie in der Innenstadt zurückgingen.

Morales hat bei diesen Wahlen annähernd doppelt so viele Stimmen bekommen wie 2005 als er mit 53% und 1,5 Millionen Stimmen erstmals zum Präsidenten gewählt wurde. Damals waren 3,5 Millionen BolivierInnen wahlberechtigt, diese Zahl lag bei der aktuellen Wahl bei 5,1 Millionen. Hunderttausende BürgerInnen, vor allem Arme aus den Städten und auf dem Lande, die es in der Vergangenheit nicht einmal für nötig gehalten hatten sich zu registrieren, sind jetzt in den politischen Kampf mit einbezogen worden. Das ist eine Folge der vielen Kämpfe, die Bolivien seit Beginn des Jahrtausends erschüttert haben und zur Wahl Evo Morales‘ 2005 führten.

Die Hoffnungen und Bedürfnisse der Masse der ArbeiterInnen und der Bauern Boliviens fanden ihren Ausdruck in der massiven Stimmabgabe für Morales, dessen Wahlkampf auf der Vorstellung basierte, eine Zweidrittelmehrheit im Parlament zu erreichen, um in Richtung Sozialismus voranzuschreiten. Der frühere Vorsitzende der MAS-Gruppe in der verfassungsgebenden Versammlung und linke Bauernführer Ramon Loayza spaltete sich von der MAS ab und kritisierte die Regierung von links. Er hatte gehofft, die Stimmen von denen zu bekommen, die der Meinung sind, dass Evo Morales sein Programm der sozialen Umgestaltung nicht schnell genug umsetzt. Da er aber ein Bündnis mit kleinen Geschäftsleuten in Santa Cruz einging, war nicht länger klar, ob er Morales von links oder rechts kritisierte. Er erhielt nur 0,33% der Stimmen. Die bolivischen Massen betrachten die MAS eindeutig als politischen Ausdruck ihres Kampfes für eine Veränderung.

Morales drückte es in seiner Rede an seine Anhänger am Wahlabend sehr klar aus, als er sagte, der Sieg bedeute: „dass wir jetzt eine enorme Verantwortung für Bolivien und die Menschheit haben, um den Prozess der Veränderung in Richtung Sozialismus zu vertiefen und zu beschleunigen.“ Einer seiner ersten Schritte war die Enteignung des Grundbesitzes von Branko Marinkovic, einem reichen Großgrundbesitzer in Santa Cruz, der hinter dem Putschversuch im letzten Jahr stand. Jedoch gibt es auch die anderen Kräfte in der Regierung und der MAS, die meinen, es sei an der Zeit für eine Versöhnung mit der Opposition!

Evo Morales wird unter einem starken Druck von Seiten der organisierten ArbeiterInnen und Bauern stehen, die diesen Wahlsieg garantiert haben, um Lösungen in allen wichtigen Fragen, wie der Landreform, der Verstaatlichung der Bodenschätze, dem Gesundheits- und Bildungswesen zu finden. Das kann nur durch die Verstaatlichung der wichtigsten einheimischen und ausländischen Großkonzerne, der Banken und der Enteignung des Großgrundbesitzes gehen, so dass die Wirtschaft der Kontrolle der ArbeiterInnen unterliegt und zum Wohle der Mehrheit der BolivierInnen geplant wird und nicht mehr von den 50 Familien, die das Land über Jahrzehnte dominiert haben.

Wie wir in Honduras, aber auch in Bolivien selbst, gesehen haben, zögert die Oligarchie nicht zu illegalen und gewalttätigen Mitteln zu greifen, um ihre wirtschaftliche und politische Vorherrschaft zu verteidigen. Jeder Versuch, dem Volk zu dienen und gleichzeitig die Macht der Oligarchie unverändert zu lassen, ist zum Scheitern verurteilt. Wenn Evo Morales sich auf den Weg macht, die Oligarchie entschieden zu zerschlagen, wird er die volle Unterstützung der Massenbewegung der ArbeiterInnen und Bauern haben, welche die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren.

Übersetzung: Tony Kofoet

Quelle: www.marxist.com

16. Dezember 2009 Posted by | Bolivien, International, Lateinamerika, Politik, Revolution, Sozialismus | , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras: Die Todesschwadrone sind zurück


El Libertador

Die Todesschwadrone morden wieder. Sonntagnacht wurden aus einem Fahrzeug ohne Kennzeichen fünf Menschen ermordet, alle wurden als Mitglieder des Volkwiderstandes gegen die Diktatur, die vor fünf Monaten errichte wurde,  identifiziert.

Der Zwischenfall ereignete sich im Sektor 6 des Stadtviertels Villanueva in der Hauptstadt Tegucigalpa, wo unbekannte Männer aus einem weißen Fahrzeug ohne Vorwarnung das Feuer auf die fünf Getöteten, die sich in der Nähe eines Kreisels an der Durchgangsstraße befanden, eröffneten.

Ein Augenzeuge, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nannte, erklärte: „Die Opfer waren aktive Mitglieder des Widerstands. Sie haben Komitees in den Stadtvierteln Honduras und Victor F. Ardón organisiert, so dass die Menschen sich im Widerstand engagieren konnten.“

Die Namen der Toten sind: Isaac Coello, (24); Roger Reyes (22), Kenneth Rosa (23), Gabriel Parrales and Marco Vinicio Matute (39).  Wendy Reeves, die einzig beteiligte Frau, wurde verwundet und wird momentan im Krankenhaus der medizinischen Fakultät behandelt.

Bewohner sagen, dass einige Stunden vor dem Zwischenfall ein Beamter der Kriminalpolizei den Ort des Verbrechens in Augenschein nahm und diesen auf geheimnisvolle Weise kurz vor dem Attentat verließ.

Der Polizeibeamte José Luna erklärte auf eine Frage zu dem Verbrechen: „Wann immer es Mörder gibt, gibt es auch Menschen, die behaupten, die Opfer seien gute Menschen gewesen.“ Er fügte hinzu, dass die Polizei die Verantwortlichen für das Massaker verfolgen werde. Bisher sei es ihr aber noch nicht gelungen das beschriebene Fahrzeug zu lokalisieren.

In den letzten Wochen haben viersitzige Kleinlastwagen ohne Kennzeichen mehrfach Mitglieder des Volkswiderstands gegen den Staatsstreich eingeschüchtert. Reporter dieser Zeitung haben sich ebenfalls darüber beschwert, dass sie von ähnlichen Fahrzeugen verfolgt und beobachtet wurden und auch Menschenrechtsorganisationen berichten von derartigen Zwischenfällen.

Übersetzung: Tony Kofoet

13. Dezember 2009 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, News, Politik | , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Kommuniqué des honduranischen Widerstands

Widerstandsfront in Honduras: Wir stehen mit den Beinen auf dem Boden, sind kampfbereit und werden unsere Aktivitäten steigern, um die Oligarchie zu besiegen.

„Die Widerstandsfront ist kampfbereit und hat die Mehrheit des honduranischen Volkes hinter sich. Wir sind dabei unsere organisatorischen Bemühungen erhöhen, um die Oligarchie zu besiegen und eine alles umfassende und allgemein akzeptierte Nationale Verfassungsgebende Versammlung  einzuführen.“

Die Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich gibt bekannt:

1. Wir bleiben bei unserer Auffassung, die regimetreue Regierung, die am 27. Januar in ihr Amt eingesetzt wird, in keinster Weise anzuerkennen, denn diese wird die uns von der Oligarchie aufgezwungene Diktatur, die mit dem Staatsstreich vom 28. Juni errichtet wurde, fortsetzen.

2. Wir weisen die Medienkampagne, die von einer „Einheitsregierung“ spricht zurück, denn diese Regierung besteht ausschließlich aus Personen, die an der Aufhebung der verfassungsmäßigen Ordnung beteiligt waren. Die neue Regierung dient einzig und allein dazu, die Macht von der Micheletti-Diktatur auf die Lobo-Diktatur zu übertragen.

3. Wir verurteilen die Pläne der Oligarchie, die Kosten für den Putsch durch ein Paket ökonomischer Maßnahmen, wie Steuererhöhungen, die Abwertung des Lempira (honduranische Währung) die Erhöhung der Energiepreise u. a. auf die Armen zu übertragen. Die Oligarchie versucht dieses Paket umzusetzen bevor der neue Diktator sein Amt antritt, um den Anschein zu erwecken, nicht für die Verschlechterung der ökonomischen und sozialen Krise, die er, seine Partei und seine Klasse verursacht haben, verantwortlich zu sein.
4. Wir sagen noch einmal, dass das honduranische Volk nicht für die Schulden, die von den De-Facto-Autoritäten, weder bei den nationalen noch den internationalen Banken, gemacht werden, verantwortlich ist.

5. Wir rufen die Völker der Welt auf, weiterhin Solidarität mit dem honduranischen Widerstand zu üben. Wir fordern Euch auf, die Vertreter der Diktatur, die versuchen internationale Unterstützung zu erringen, nicht anzuerkennen.

6. Wir begrüßen die Entscheidung der MERCOSUR, die Wahlen und das Regime, das am 27. Januar eingesetzt werden wird, nicht anzuerkennen. Wir rufen alle Regierungen der Welt auf, diesem Beispiel zu folgen.

7. Die Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich steht bei seinem Kampf fest auf dem Boden und hat die Unterstützung der Mehrheit des honduranischen Volkes. Wir werden unsere organisatorischen Bemühungen erhöhen, um die Oligarchie zu besiegen und eine alles umfassende und allgemein akzeptierte Nationale Verfassungsgebende Versammlung  einzuführen.

Wir leisten Widerstand und werden siegen!

Tegucigalpa, Honduras, 08. Dezember 2009

Quelle: http://hondurasresists.blogspot.com/ Übersetzung: Tony Kofoet

13. Dezember 2009 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, News, Politik | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Honduras: Demokratiebewegung in Honduras ordnet sich neu

Harald Neuber 12.12.2009

Widerstandsfront stellt sich nach den Wahlen auf langfristige Auseinandersetzung ein, Amerika ist weiterhin gespalten

Fünfeinhalb Monate nach dem Putsch in Honduras stellt sich die Demokratiebewegung auf eine langfristige politische Auseinandersetzung ein. Nachdem das Regime von Machthaber Roberto Micheletti Ende November Wahlen durchgeführt hat, ist eine Rückkehr Zelayas in sein Amt nicht mehr denkbar. Der letzte demokratisch gewählte Staatschef Manuel Zelaya war am 28. Juni vom Militär gestürzt worden. Im September war er über Nacht nach Honduras zurückgekehrt, um den Druck auf das Regime zu erhöhen. Nach dem Wahlgang Ende November scheint seine Rückkehr in das Staatsamt aber ausgeschlossen. Auch die Demokratiebewegung hat die Forderung nach einer Wiedereinsetzung Zelayas fallen gelassen. Man orientiere nun auf die Durchsetzung einer Verfassungsreform, informierte der Gewerkschafter Juan Barahona, der eine führende Rolle im Widerstand gegen die Diktatur spielt. Der Versuch, eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen, hatte unmittelbar zum Staatsstreich geführt.

Offenbar würde Zelaya nun gerne das Land nun verlassen. Am Donnerstag berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Quellen im Umfeld Zelayas von entsprechenden Plänen. Nach knapp drei Monaten Exil in der brasilianischen Botschaft wolle der 56-Jährige nach Mexiko ausreisen. Er wolle nicht ins Exil gehen,sagte Zelaya, sondern Honduras als rechtmäßiger Präsident verlassen. Micheletti verweigerte ihm daraufhin die Ausreise. Man werde Zelaya nur freies Geleit gewähren, wenn er das Land im Status eines Asylsuchenden verlässt, ließ der Machthaber verlauten. Mexikos Außenministerin Patricia Espinosa gab daraufhin bekannt, dass eine mögliche Ausreise des gefangenen Präsidenten wegen der Bedingungen vorerst nicht möglich sei. Zelaya erklärte, dass er auch noch 10 weitere Jahre bleiben werde, wenn es sein müsse.

Paramilitärs verbreiten Terror gegen Demokratiebewegung

Die Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich, das zentrale Bündnis der Demokratiebewegung, orientiert sich auf eine langfristige Strategie zur Wiederherstellung der Demokratie. „Wir erkennen das Regime, das am 27. Januar die Regierungsgeschäfte übernehmen wird, in keiner Weise an“, heißt es in dem inzwischen 42. Kommuniqué der Bewegung aus sozialen und demokratischen Organisationen. Am 27. Januar will der konservative Politiker Porfirio Lobo die Macht ergreifen. Der Kandidat der rechtsgerichteten Nationalen Partei war als Sieger aus den von den Putschisten kontrollierten Wahlen vor zwei Wochen hervorgegangen.

In ihrem jüngsten Kommuniqué erhebt die Demokratiebewegung erstmals auch mittel- und langfristige Forderungen. Vor allem weist sie Berichte über eine zu bildende „Regierung der nationalen Einheit“ zurück. Zu einem solchen Regime hätten nur diejenigen Kräfte Zugang, die bei dem Putsch Pate gestanden haben. „Dies würde allein dazu dienen, die Macht des Diktators Micheletti auf den Diktator Lobo zu übertragen“, heißt es in der Erklärung weiter.

Dass der Widerstands- und Demokratiebewegung auch von Seiten der Putschisten – unter ihnen auch Wahlsieger Porfirio Lobo – als vorläufig einzig verbleibende Oppositionskraft eingeschätzt wird, zeigt eine andere Entwicklung. Nach Angaben der honduranischen Zeitung El Libertador wurden am vergangenen Sonntag fünf Mitglieder der Widerstandsfront in Tegucigalpa von Todesschwadronen ermordet. Die fünf Männer im Alter von 22 bis 39 Jahren wurden aus einen vorbeifahrenden Auto ohne Nummerschilder mit Schnellfeuerwaffen beschossen und sofort getötet. Eine Frau, die bei der Gruppe stand, wurde schwer verletzt.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation ist es in den vergangenen Wochen verstärkt zu paramilitärischen Angriffen auf bekannte Mitglieder der Demokratiebewegung gekommen. Nach Recherchen von El Libertador waren die Opfer des jüngsten Anschlags im Stadtteil „Víctor F Ardón“ als Aktivisten der Widerstandsfront bekannt. Nach Berichten von Augenzeugen hatte zuvor ein Beamter der Kriminalpolizei DNIC den Tatort beobachtet.

Hohe Wahlbeteiligung soll gefälscht worden sein

Während sich im Land die Lage der Menschenrechte verschärft, wachsen auch die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Wahlen. Nach einem Bericht des unabhängigen US-Fernsehsender „The Real News Network“ (TRNN) soll die Beteiligung bei den Präsidentschafts-, Parlaments- und Lokalwahlen am 29. November nicht bei gut 60 Prozent gelegen sein, wie es von der obersten Wahlbehörde zunächst behauptet worden war. TRNN-Reporter Jesse Freeston, der die Wahlen vor Ort verfolgte, zitiert aus einem Bericht derselben Behörde, nach dem die Wahlbeteiligung bei lediglich 49 Prozent gelegen habe – deutlich weniger als bei der vergangenen Abstimmung vor vier Jahren. Nach Freestons Recherchen ist die 60-Prozent-Quote am Wahlabend von dem TSE-Chef Saul Escobar, einem Anhänger von Diktator Micheletti, ausgegeben worden. Im Deutschen Bundestag hatten auch Vertreter der FDP die angebliche Rekordbeteiligung als Legitimation der von den Putschisten kontrollierten Wahlen angeführt. Die Demokratiebewegung gibt die Beteiligung nach Auswertung der eigenen Beobachtung mit 40 Prozent an.

Diese Rechtsstaatlichkeit der Wahlen – und damit die folgende Präsidentschaft des Konservativen Porfirio Lobo – wird zwar von den USA, Kolumbien, Peru, Panama und Costa Rica anerkannt. Die Mehrheit der lateinamerikanischen Staaten lehnt dies jedoch ab. Deutlich machten dies zuletzt auch die Mitglieder des südamerikanischen Staatenbündnisses Mercosur. In einer Erklärung bekräftigten die Präsidenten von Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und Venezuela am Dienstag ihre „vollständige Ablehnung dieser Wahlen unter der Kontrolle der De-facto-Regierung, die einen schweren Schlag für die demokratischen Werte Lateinamerikas und der Karibik darstellen“. Der Putschist Porfirio Lobo wird damit auch nach seiner inszenierten Machtübernahme Ende Januar keine anerkannte Regierung aufbauen können. Überleben kann das reformierte Putschregime unter seiner Kontrolle dennoch: Die USA erkennen es an und erhalten die Handelskontakte aufrecht.

Honduras-Putsch schafft langfristige Probleme

Klar ist schon jetzt: Der durch den Putsch provozierte Konflikt ist nicht ausgestanden. Internationale Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen drängen auf eine genaue Beobachtung der innenpolitischen Entwicklung in Honduras. Vor allem die Zunahme paramilitärischer Gewalt gibt Anlass zur Sorge. Nach einer zehntägigen Delegationsreise wies die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International in mehreren Berichten auf die zahlreichen Rechtsverstöße und die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen hin. Auch die US-amerikanische Juristenvereinigung National Lawyers Guildnerklärte am Tag nach den Putsch-Wahlen, die Abstimmung sei „weder frei, noch fair oder transparent verlaufen“. Die US-Regierung müsse sich daher der internationalen Verurteilung anschließen und „alle Hilfen und Handelskontakte einstellen, die dem Putsch und seinen Unterstützern zugute kommen“.

Der Staatsstreich in Honduras wird weiter für Schlagzeilen sorgen. Zum einen ist eine Zuspitzung der Lage im Land zu befürchten. Darauf weist die Rückkehr des Exmilitärs und gesuchten Menschenrechtsverbrechers Billy Joya hin, der für zahlreiche politische Morde an sozialen Aktivisten in den 1980er Jahren verantwortlich gemacht wird. Auch gibt es Berichte über die Rekrutierung rechter Paramilitärs aus Kolumbien.

Zum anderen aber hat die jüngste Unterstützung der USA für die Putschisten die Kluft zwischen der Obama-Regierung und den südlichen Staaten des amerikanischen Kontinents erheblich verbreitert. In einem Essay weist der ehemalige US-Botschafter in El Salvador und Paraguay, Robert E. White, auf dieses Problem hin. White zitiert den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio „Lula“ da Silva. Obama, stellte er fest, habe sich von Amerika abgewendet. Von dem „Neuanfang“ und der „gleichwertigen Partnerschaft“, die Obama auf dem Amerika-Gipfel im April dieses Jahres versprach (Freundschaftsoffensive in Amerika), glaube nun niemand mehr.

Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31716/1.html

13. Dezember 2009 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, News, Politik, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

„Wahlen“ in Honduras – Unterdrückung, Boykott und Widerstand

„Wahlen“ in Honduras – Unterdrückung, Boykott und Widerstand

von Jorge Martin

30.11.2009

Bei den vom Putschisten-Regime in Honduras einberufenen Wahlen am 29. November kam es, trotz der Unterdrückungsmaßnahmen durch Militär und Polizei, zu einer hohen Wahlenthaltung. Es gelang dem Regime nicht, die Bewegung der ArbeiterInnen, Bauern und Jugend zu zerschlagen. Im Gegenteil, diese ist jetzt politisch bewusster, besser organisiert und bereit, den Kampf gegen die Oligarchie zu führen.

Der rechtmäßige Präsident Mel Zelaya verkündete aus seiner Zufluchtsstätte in der brasilianischen Botschaft, dass die Wahlenthaltung bei 65% gelegen habe, in einigen Gebieten im Norden des Landes sogar bei 75% . In einer offiziellen Stellungnahme der Nationalen Widerstandsfront gegen den Putsch wird die Zahl der Nichtwähler mit zwischen 65% und 75% der registrierten WählerInnen angegeben.

Die offiziellen Zahlen der Obersten Wahlkommissionen können nicht ernst genommen werden, da diese von einer Wahlbeteiligung von 61% spricht, was bedeuten würde, dass mehr WählerInnen ihre Stimmen abgegeben hätten als 2005, wo die Wahlbeteiligung bei 56% lag. Um auch das gewünschte Ergebnis zu erreichen, wurde die offizielle Auszählung aufgrund einer „technischen Störung“ nach dem Schließen der Wahllokale für mehr als drei Stunden unterbrochen.

Brutale Repressionsmaßnahmen

Die hohe Wahlenthaltung fand statt trotz der brutalen Repressionsmaßnahmen, die im gesamten Land vor dem 29. November und am „Wahl“tag selbst durchgeführt wurden. Einige Kommentatoren bemerkten, dass es wegen der hohen Anzahl von Polizisten und Soldaten in den Straßen „mehr Stiefel als Wählerstimmen“ gab. Das Micheletti-Regime hatte die Notstandsverordnung wiedereingesetzt, welche die Verfassungsrechte erheblich beschneidet.

Viele Armen- und Arbeiterviertel in der Hauptstadt Tegucigalpa und in anderen Städten, in denen die Widerstandsbewegung stärker ist, waren praktisch den ganzen Tag über von der Armee besetzt. Das trifft besonders auf die Stadtviertel Kennedy, La Paz, El Sitio, 3 de Mayo, 15 de Septiembre, El Pedregal, Río Grande usw.

In einem Telefongespräch berichtete der linke Parlamentsabgeordnete und führende Widerstandskämpfer Tomas Andino, dass Dutzende, wenn nicht gar Hunderte Mitglieder der Widerstandsbewegung während der Woche verhaftet worden seien. Die Polizei war in die Häuser normaler BürgerInnen gegangen, um nach Materialien zu suchen, die zum Wahlboykott aufriefen, sie nahm Farbe und Sprühdosen in Beschlag. Viele der Verhafteten wurden beschuldigt, Mitglied einer „illegalen Organisation“ zu sein.

Andino erklärte, dass die Armee bei der Suche nach Anti-Wahlmaterialien die Büros verschiedener Gewerkschaften und Nachbarschaftsorganisationen stürmte, so z.B. auch die der kirchlichen Organisation INESCO in San Juan Opoa, Coban. Die Büros des kooperativen Netzwerks Red Comal in Siguatepeque wurde ebenfalls am Samstag überfallen und die Armee erbeutete Computer und Geld. Am Wahltag selbst explodierte eine Bombe vor dem Büro des Frauenrechtszentrums in San Pedro Sula. Das Hauptquartier der STIBYS, der Gewerkschaft der ArbeiterInnen in der Getränkeindustrie, welche das Rückgrat der Widerstand bildet, wurde mit einem Maschinengewehr aus einem fahrenden Auto beschossen.

Außerdem berichtete Andino, dass die oppositionelle Radiostation Canal 36 „80% der Zeit nicht senden kann, weil die Armee starke Signale auf derselben Wellenlänge sendet, besonders wenn  Canal 36 Nachrichten oder Stellungnahmen gegen die Putschisten-Regierung ausstrahlt.“

Andino erklärte uns, dass der Widerstand eine „Volks-Ausgangssperre“ ausgerufen habe, so dass die Leute zu Hause blieben und nicht wählen gingen. Selbst unter diesen schwierigen Bedingungen fand in San Pedro Sula eine Demonstration statt, die von der Polizei brutal niedergeknüppelt wurde. Zwei Menschen wurden schwer verletzt und 49 verhaftet. Auch ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters, der von der Demonstration berichten wollte, wurde bei dem Polizeieinsatz verletzt.

Nach Informationen der Widerstandsfront kam es zu mehr als 74 Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl seitens der Polizei und der Armee und allein am Wahltag wurden mehr als 100 Menschen verletzt. Dies ist kaum das Klima, in dem demokratische Wahlen stattfinden können.

Es ist noch erwähnenswert, dass der rechte Flügel der Demokatischen Vereinigungspartei (UD), der von Cesar Ham angeführt wird, sich für die Teilnahme an den Wahlen entschied, Dieser Parteiflügel besiegelte damit seinen Verrat an der Widerstandsbewegung und sein eigenes Schicksal als legitime linke politische Kraft. Die UD hatte sich wegen der Wahlbeteiligung gespalten, der linke Flügel um Tomas Andino u. a. hat die Wahlen konsequent abgelehnt.

Die Volksbewegung ist nicht zerschlagen worden

Ein Genosse, der Honduras einige Tage vor den manipulierten Wahlen besuchte, berichtete über die Stimmung in den Arbeitervierteln der Hauptstadt:

„Die Kämpfe sind offensichtlich etwas abgeflaut, aber der revolutionäre Prozess ist nicht zerschlagen worden. Überall kann man sehen, dass Wahlplakate abgerissen worden sind. Der Widerstand organisiert den Wahlboykott in allen Vierteln, in den meisten findet man überhaupt keine Wahlpropaganda. Die herrschende Klasse hat den ArbeiterInnen gedroht, am Montag mit einem Tintenfleck an den Arbeitsplätzen zu erscheinen, um zu beweisen, dass sie an den Wahlen teilgenommen hätten, ansonsten würden sie entlassen. Einige große Supermärkte geben jedem, der Tinte an den Fingern vorweisen kann, Sonderangebote oder Rabatte. Am Vorabend meiner Rückreise veröffentlichte die Hierarchie der katholischen Kirche eine Stellungnahme, in der es hieß, eine Nichtteilnahme an den Wahlen sei eine Todsünde.“

„Andrerseits kam es immer wieder zu Provokationen. Am Tag meiner Ankunft explodierten kleinere Bomben in der Nähe des Autohandels Grupo Ama oder nicht weit entfernt von der Lagerhalle, in der die Wahlurnen aufbewahrt wurden. Sie versuchen eine Stimmung zu erzeugen, die eine noch größere Militärpräsenz rechtfertigen soll.“

Es ist klar, dass die Bewegung der honduranischen Massen nicht zerschlagen worden ist. Es ist ihr zwar nicht gelungen, die Diktatur zu stürzen, dem Regime ist es aber genau so wenig gelungen, die Bewegung der ArbeiterInnen, der Bauern und der Jugend zu zerstören. Im Gegenteil, die letzten fünf Monate waren eine intensive politische Bildung voller fruchtbarer Lektionen für das honduranische Volk. Die Menschen sind jetzt politisch bewusster, besser organisiert und bereit gegen die Oligarchie zu kämpfen.

Das Micheletti-Regime wollte die Wahlen nutzen, um sich selbst zu legitimieren und sich ein „demokratisches“ Ansehen zu verschaffen. Es war ihm gelungen, Zelaya in einen Verhandlungsprozess mit einzubeziehen, der ein Farce war und letztendlich den USA die Ausrede verschafften, die sie brauchten, um die Wahlen vom 29. November anzuerkennen. Dies ist ihnen teilweise gelungen, da eine Reihe von Staaten (Peru, Kolumbien, die USA u.a.) die Rechtmäßigkeit der Wahlen und den neuen Präsidenten, den Kandidaten der Nationalen Partei Pepe Lobo, anerkennt. Dies gibt dem Regime eine gewisse Atempause und die Wiederaufnahme von Hilfsmaßnahmen aus den USA, von welchen das Land sehr abhängt. Jedoch werden Brasilien, die ALBA-Staaten u.a. standhaft bleiben und diese Wahlen nicht anerkennen.

Eine der wichtigsten Aufgaben für die AktivistInnen der Widerstandsfront ist es jetzt, eine Diskussion zu beginnen, um die wichtigsten Lehren aus dem fünfmonatigen Kampf zu ziehen. Die hohe Zahl der NichtwählerInnen zeigt die wahre Stärke der Massenbewegung und schafft die Grundlage für die Weiterführung des Kampfes gegen Oligarchie und Kapitalismus. Die honduranischen Massen haben ein Beispiel für Mut, Flexibilität und Kampfbereitschaft gegeben. Mit den richtigen Ideen und der richtigen Strategie bewaffnet können sie die herrschende Klasse Honduras, als ersten Schritt zur Verbreitung der Revolution in ganz Mittelamerika, besiegen

Die Ereignisse seit dem 28. Juni haben deutlich gemacht, dass die herrschende Klasse Honduras nicht einmal die kleinsten Reformen im Interesse der normalen arbeitenden Menschen zugestehen kann. Angesichts einer in Bewegung geratenen und bewussten Bevölkerung kann sie ihr kapitalistisches System nur mit Gewalt und brutaler Unterdrückung verteidigen. Das bedeutet auch, dass der Kampf für ein Gesundheitssystem, Bildung, Arbeitsplätze und eine Agrarreform nur erfolgreich sein kann, wenn er als Kampf zur Enteignung des Eigentums der 12 Familien, welche die honduranische Oligarchie bilden und auch die Interessen der imperialistischen Konzerne vertreten, geführt wird. Das kann nicht erfolgreich sein, wenn man Illusionen in Obama setzt, sondern nur durch den Kampf der ArbeiterInnen und der Bauern selbst. Nur sie können die Gesellschaft durch ihren Kampf transformieren.

 

30. November 2009 Posted by | Honduras, International, Lateinamerika, News, Politik, Revolution, US-Imperialismus | , , , , | Hinterlasse einen Kommentar